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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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liebevolle Klapse auf die
weißen Rundungen, die sich rosig überzogen, und machte einige milde
Handkantenschläge gegen die entzückenden Knöpfchen, die sich dunkel färbten und
auf einmal war ihr Busen mit harten Lanzenspitzen bewehrt wie die kreisrunden
Buckelschilde der Reisigen im Mittelalter.
    »So, nun stell dich auf das kleine
Podest dort und halte dich ruhig.«
    Die Walentina begann blitzschnell
mit routinierten Händen aus dem Ton, den sie behandelte wie vorher die Brüste
von Blanche, eine kleine Figur zu formen.
    »Ja, das bist du, der göttliche
Hermaphroditos, halb Mädchen, halb Knabe, das klassische Ideal der in sich
vereinigten Geschlechter. Nur hier fehlt dir natürlich einiges...«, und sie
strich mit dem Handrücken über das hellblonde Mädchendreieck — aber die
Berührung berührte Blanche nicht sehr. Immer noch mit dem Wunder der
Transfiguration eines häßlichen Makels zu einer reinen Quelle der Lust
beschäftigt, konnte sie alles andere vergessen.
    Schnell hatte Walentina ihr
Figürchen geformt und mit wenigen Strichen einige Kohlezeichnungen auf ihren
Skizzenblock geworfen, als die Mädchen zurückkamen.
    »Es ist aus mit der Sonne — hinterm
Berg verschwunden...« Sie blickten auf die nackte Blanche mit der kühlen
Sachlichkeit von Profis.
    »Du bist wirklich hübsch
beisammen«, sagte die eine und die andere zwang sich ein neidvolles »Hm! Hm!«
ab. Anerkennungsvoller äußerte sich die direkte Berlinerin: »Titten hat’ se,
die stehen wie ‘ne Eins!«
    »Wir ssagen dassu bei unss in
Danmark...«, und die Dänin gurgelte kurz ein unverständliches dänisches Wort
heraus. Aber es klang durchaus positiv.
    »Una bella pizza di figga«, sagte
die Italienerin und schämte sich sehr. Aber dann hieß es: »Wenn du mit uns
zurückwillst, beeil dich, presto, dalli-dalli.«
    »Nichts da, sie bleibt«, sagte die
Prinzessin. Blanche blickte sie an.
    »Schneewittchen bleibt bei der
Knusperhexe. Ich werde sie schon nicht auffressen. Höchstens schiebe ich sie in
den Backofen, wenn sie mir gut gelingt«, die Künstlerin zeigte auf die
Statuette.
    Die Mädchen verschwanden arglos
nach vielen Ciaos, Tschüß und Mane taks — offenbar war nichts
selbstverständlicher. Und so wurde Blanche im Laufe der folgenden Stunden
rechtschaffen müde vom Modellstehen, bei dem sie unerbittlich kommandiert
wurde.
    Spät abends sprang sie noch in die
Regentonne vor dem Haus und bekam unter der Brause einer darüber befindlichen
Gießkanne richtige Gänsehaut. Dann wurde ihr eine echte Polenta vorgesetzt — sie
war vom Krieg her nur das grünlich verschimmelte bittere Maisbrot gewohnt — ,
eine Platte Bündner Rauchfleisch, das auf der Zunge zerging, und den echten
Salami (»Salami ist ein ›er‹ und keine ›sie‹«, wurde sie lachend belehrt und
auf die phallische Form der Wurst hingewiesen:
    »C’est vrai, sûrement!«). Und dann
bekam sie eine kleine Kammer und eine Bettjacke, die knapp paßte, und sie
überlegte, ob es ihr als unhöflich und undankbar ausgelegt werden würde, wenn
sie den Schlüssel der knarrenden Zimmertüre herumdrehen würde, ließ es dann
doch sein — und es knarrte auch nachts keine Türe... Schneewittchen blieb
unbehelligt.
    Drei Tage war sie in Fontana
Martina, drei herrliche Sommersonnentage, und sie wurde dabei braun wie eine
Nubierin am ganzen Körper, ohne die häßlichen Aussparungen durch das Textil der
Bademode.
    Und zur selben Zeit kam sie auch
aus dem Backofen der Knusperhexe, frisch gebrannt und spiegelblank lasiert, als
jene Keramik, die später so berühmt werden sollte. »Der tanzende Hermaphrodit«
hieß sie, und Blanche war genau zu erkennen — wenn man sie kannte — , an der
Süße und Spröde ihrer Bewegung und ungeachtet eines gewissen Details, das man
zusätzlich angebracht hatte und für das ein kleiner italienischer Ziegenhirte
schreiend und widerstrebend und nur durch einige Silberfranken besänftigt das
Modell geliefert hatte.
4
    Auf der Piazza. Blanche war von
Walentina mit ihrem Eselskarren nach Ascona zurückgebracht worden. Das neue
Werk der Künstlerin hatte in einer kleinen Galerie nebst anderen seine
Vernissage gehabt und einiges Aufsehen erregt. Blanche saß wie am ersten Tag an
ihrem Tischchen, umsorgt und umhegt von Mauro, der ihren Platz umkreiste wie
ein Hirtenhund seine Herde. Sie sog am Strohhalm ihres Rharbarbero und sonnte
sich lässig — in ihrem Ruhm. Gewiß, es war nur ein Lokalruhm, aber immerhin, es
war ihr erster Ruhm und Ascona war

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