Das Flammende Kreuz
Gewebes; wenn die Schwellung nur ein kleines bisschen zunahm, würde sie den Durchgang komplett versiegeln. Und wenn die Luft seine Lungen nicht durch Nase oder Mund erreichen konnte, musste ein anderer Zugang her.
Ich drehte mich zu Jamie um, doch es war Brianna, die neben mir kniete. Getöse im Hintergrund deutete darauf hin, dass sich Jamie um unsere Zuschauer kümmerte.
Ein Luftröhrenschnitt? Eine schnelle Methode, die keiner großen Erfahrung bedurfte, doch der Schnitt war schwierig offen zu halten - und reichte möglicherweise nicht aus, um das Hindernis zu überwinden. Ich hatte eine Hand auf Rogers Brustbein liegen, und sein Herz schlug sanft und beruhigend unter meinen Fingern. Kräftig genug... vielleicht.
»Nun denn«, sagte ich zu Brianna und hoffte, dass ich mich ganz ruhig anhörte. »Ich brauche ein wenig Hilfe.«
»Ja«, sagte sie, und sie klang Gott sei Dank ruhig. »Was soll ich tun?«
Im Prinzip nichts besonders Schwieriges; sie musste nur Rogers Kopf weit zurückziehen und ihn still halten, während ich ihm die Kehle aufschlitzte. Natürlich war es gut möglich, dass wir seinen Rückenmarkskanal verletzten,
wenn eine Fraktur vorlag, oder ihn unwiderruflich zusammendrückten. Doch darum brauchte sich Brianna nicht noch zusätzlich zu sorgen - oder auch nur davon zu wissen.
Sie kniete sich neben seinen Kopf und tat, was ich ihr sagte. Das Mittelfell der Luftröhre wölbte sich sichtbar vor, als sich jetzt die darüberliegenden Bänder und die Haut dehnten. Da war sie, akkurat - so hoffte ich - zwischen den großen Blutgefäßen auf beiden Seiten eingerahmt. Wenn nicht, war es gut möglich, dass ich ihm die Halsschlagader oder die Drosselvene anritzte und er mir unter den Händen verblutete.
Der einzige Vorteil eines schrecklichen Notfalls ist, dass er einem den Freiraum verleiht, Dinge zu versuchen, die man kaltblütig niemals ausführen würde.
Ich tastete mit zittrigen Fingern nach dem Alkoholfläschchen, das ich in meiner Tasche trug. Beinahe hätte ich es fallen gelassen, doch als ich mir erst einmal etwas von seinem Inhalt über die Finger geschüttet hatte und sowohl mein Skalpell als auch Rogers Hals damit abgewischt hatte, war die Trance des Chirurgen über mich gekommen, und meine Hände waren wieder ruhig.
Ich nahm mir ein paar Sekunden Zeit, mit geschlossenen Augen, die Hände auf seinem Hals, nach dem schwachen Pulsieren der Arterie und der etwas weicheren Schilddrüse zu tasten. Ich übte leichten Druck nach oben aus; ja, sie bewegte sich. Ich massierte die Verengung der Schilddrüse und schob sie fest auf seinen Kopf zu, damit sie nicht im Weg war, und drückte mit der anderen Hand die Klinge des Messers in den vierten Luftröhrenknorpel.
Der Knorpel war an dieser Stelle U-förmig, dahinter lag die Speiseröhre, weich und verletzlich; ich durfte nicht zu tief zustechen. Ich spürte, wie sich die Fasern von Haut und Bändern teilten, Widerstand, dann das leise Pop beim Eindringen der Klinge. Ein plötzliches, lautes Gurgeln, gefolgt von einem wässrigen Pfeifen; das Geräusch von Luft, die durch Blut gesogen wurde. Rogers Brust bewegte sich. Ich spürte es, und erst in diesem Moment begriff ich, dass ich die Augen immer noch geschlossen hatte.
70
Alles ist gut
Er ließ sich von der Schwärze wiegen, deren warme Vollkommenheit ihn tröstete. Er spürte, dass sich an ihrer Außenseite etwas schwach regte, eine schmerzhafte, aufdringliche Präsenz, und er zog sich in den Schutz der Dunkelheit zurück. Doch sie schmolz rings um ihn dahin und gab ihn stellenweise dem Licht und der Härte preis.
Er öffnete die Augen. Er konnte nicht sagen, worauf sein Blick fiel, und bemühte sich darum, es zu begreifen. Sein Kopf dröhnte, und mit ihm ein Dutzend andere, pulsierende Stellen, jede einzelne eine gleißende, durchdringende Schmerzattacke. Er spürte die schmerzenden Punkte wie Stecknadeln, die ihn wie einen Schmetterling an ein Brett festzuheften schienen. Vielleicht konnte er ja davonfliegen, wenn es ihm nur gelang, sie herauszuziehen...
Er schloss die Augen wieder und suchte Trost in der Dunkelheit. Er konnte sich dumpf an eine schreckliche Anstrengung erinnern, bei der seine Rippenmuskeln so verzweifelt nach Luft gerungen hatten, dass sie gerissen waren. Irgendwo in seiner Erinnerung war Wasser, das ihm in die Nase drang und seine Kleider aufblähte... war er im Begriff zu ertrinken? Diese Vorstellung ließ eine leise Alarmglocke in seinem Kopf läuten. Man sagte, das
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