Das Flammende Kreuz
über den Boden. Ich hob sie auf, während Jamie sich stirnrunzelnd über das beschmierte Papier beugte. Dort standen ein krakeliges »W« und ein »M«, dann ein Abstand und ein ungeschicktes »MAC«.
»William?« Er sah zu Roger auf und wartete auf Bestätigung. Auf Rogers Wangenknochen glänzte der Schweiß, aber er nickte kurz.
»William Mac«, sagte ich, während ich Jamie über die Schulter sah. »Ein Schotte also - oder zumindest ein schottischer Name?« Nicht, dass dies die Möglichkeiten großartig geschmälert hätte: MacLeod, MacPherson, MacDonald, MacDonnel, Mac... Quiston?
Roger hob die Hand und schlug sich vor die Brust. Er schlug noch einmal, und seine Lippen bildeten ein Wort. Da ich mich noch an die Ratespiele im Fernsehen erinnern konnte, begriff ich ausnahmsweise schneller als Jamie.
»MacKenzie?«, fragte ich und wurde mit einem Aufblitzen der grünen Augen und einem Kopfnicken belohnt.
»MacKenzie. William MacKenzie.« Jamie runzelte die Stirn, während er offensichtlich im Kopf eine Liste mit Namen und Gesichtern durchging, ohne einen Treffer zu landen.
Ich beobachtete derweil Rogers Gesicht. Es war zwar immer noch von Blutergüssen übersät, doch trotz der dunklen Schwiele unter seinem Kinn sah es allmählich ebenfalls normaler aus, und ich glaubte, etwas Seltsames in seinem Ausdruck zu sehen. In seinen Augen konnte ich körperlichen Schmerz lesen, Hilflosigkeit und Frustration über seine akute Unfähigkeit, Jamie zu erzählen, was er wissen wollte, doch ich hatte das Gefühl, dass dort noch etwas war. Mit Sicherheit Wut, aber auch so etwas wie Verblüffung.
»Kennst du irgendwelche Leute, die William MacKenzie heißen?«, fragte ich Jamie, der beim Nachdenken sacht mit den Fingern auf den Tisch klopfte.
»Aye, vier oder fünf«, erwiderte er, die Augenbrauen immer noch konzentriert zusammengezogen. »In Schottland. Aber keinen hier, und keinen, der -«
Rogers Hand hob sich abrupt bei dem Wort »Schottland«, und Jamie hielt inne und fixierte Rogers Gesicht wie ein Vorstehhund, der fündig geworden ist.
»Schottland«, sagte er. »Es hat etwas mit Schottland zu tun? Der Mann ist frisch immigriert?«
Roger schüttelte heftig den Kopf, dann hielt er inne und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Er schloss einen Moment fest die Augen, dann öffnete er sie wieder und wies drängend auf das Stück Holzkohle, das ich noch in der Hand hielt.
Er brauchte mehrere Versuche, und hinterher lag er erschöpft auf dem Kissen. Der Kragen seines Nachthemdes war schweißnass und voller Blutflecken.
Das Ergebnis dieser Mühen war verschmiert und krakelig, doch ich konnte das Wort deutlich lesen.
»Dougal«, stand dort. Das Interesse in Jamies Blick verwandelte sich in Argwohn.
»Dougal«, wiederholte er sorgfältig. Er kannte auch mehrere Dougals, von denen sogar einige in North Carolina wohnten. »Dougal Chisholm? Dougal O’Neill?«
Roger schüttelte den Kopf, und die Luft entwich keuchend durch das Röhrchen in seinem Hals, als er ausatmete. Er hob die Hand und wies mit seinen geschienten Fingern fest auf Jamie. Als er nur einen verständnislosen Blick erntete, griff er erneut fummelnd nach dem Holzkohlestück, doch es rollte von der Zeichenkiste herunter und zersplitterte auf dem Boden.
Seine Finger waren mit Holzkohlenstaub beschmiert. Mit verzerrtem Gesicht drückte er die Spitze seines Ringfingers auf das Papier, und indem er nacheinander alle Finger benutzte, brachte er ein kaum sichtbares Gekritzel zustande, das einen Elektroschock durch mein Rückgrat sandte.
»Geilie«, stand dort.
Jamie starrte auf den Namen. Dann sah ich, wie ihn ein leiser Schauer überlief, und er bekreuzigte sich.
» A Dhia «, sagte er leise und sah mich an. Wir begriffen beide; Roger sah es und fiel auf sein Kissen zurück. Er atmete laut durch sein Atemrohr aus.
»Dougals Sohn mit Geillis Duncan«, sagte Jamie und wandte sich ungläubig an Roger. »Er hieß William, glaube ich. Bist du sicher?«
Ein kurzes Nicken, und Rogers Augen schlossen sich. Dann öffneten sie sich noch einmal; sein geschienter Finger hob sich schwankend und deutete auf sein eigenes Auge - ein dunkles, klares Grün, die Farbe des Mooses. Er war so weiß wie das Leinen, auf dem er lag, und seine kohleverschmierten Finger zitterten. Sein Mund zuckte; er hätte furchtbar gern geredet, erklärt - aber weitere Erklärungen würden warten müssen, zumindest eine kleine Weile.
Er ließ die Hand sinken, und seine Augen schlossen sich
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