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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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das erste Rinnsal kroch ihm kitzelnd über die Wirbelsäule. Immerhin linderte das Schwitzen den Muskelkater; seine Arme und Schultern waren heute Morgen so steif gewesen, dass Brianna ihm beim Ankleiden helfen musste. Sie hatte ihm das Hemd über den Kopf gezogen und ihm mit geschickten Fingern den Hosenlatz zugeknöpft.
    Er lächelte innerlich bei dem Gedanken daran, was diese Finger sonst noch getan hatten. Es hatte ihn vorübergehend von seinen steifen Muskeln abgelenkt und die beunruhigenden Traumerinnerungen verbannt. Er reckte sich stöhnend und spürte dabei, wie seine Muskeln an den empfindlichen Sehnen zerrten. Das saubere Leinen klebte ihm bereits an Brust und Rücken.
    Jamie war vor ihm auf dem Pfad, und dort, wo ihm der Riemen der Wasserflasche quer über den Rücken hing, bildete sich deutlich sichtbar eine feuchte Stelle. Roger nahm leicht getröstet zur Kenntnis, dass auch sein Schwiegervater sich heute Morgen nicht mit seiner üblichen, panthergleichen Eleganz bewegte. Er wusste, dass der Schotte auch nur ein Mensch war, doch es war beruhigend, diese Tatsache dann und wann bestätigt zu bekommen.
    »Meinst du, das Wetter hält sich?«, fragte Roger, um überhaupt irgendetwas zu sagen. Jamie war nie besonders redselig, aber heute Morgen schien er ungewöhnlich still zu sein und hatte seit seinem »Aye, Morgen« als Erwiderung auf Rogers Begrüßung kaum etwas gesagt. Vielleicht lag es an dem grauen Tag, der mit Regen drohte - oder ihn versprach.
    Der Himmel wölbte sich tief und stumpf über ihnen wie die Innenseite einer Zinnschale. Ein Nachmittag in der Hütte, wenn der Regen gegen die Ölhautfenster hämmerte und Jemmy sich friedlich zu einem Nickerchen zusammengerollt hatte, während seine Mutter sich ihres Hemdes entledigte und im sanften, grauen Licht zu ihm ins Bett kam... aye, nun ja, manche Arten, ins Schwitzen zu kommen, waren einfach besser als andere.
    Jamie blieb stehen und spähte zum drückenden Himmel hinauf. Er schloss seine rechte Hand mühsam zu einer Faust, dann öffnete er sie langsam wieder. Sein steifer Ringfinger erschwerte ihm Kleinarbeiten wie das Schreiben, doch dafür hatte er einen zweifelhaften Vorteil; seine geschwollenen Gelenke signalisierten Regen so verlässlich wie ein Barometer.
    Jamie wackelte versuchsweise mit dem Finger und lächelte Roger schwach zu.
    »Nur ein leichtes Ziehen«, sagte er. »Kein Regen vor Anbruch der Dunkelheit.« Er reckte sich und entspannte zur Vorbereitung seinen Rücken, dann seufzte er. »Na dann los, aye?«

    Roger sah noch einmal zurück; Haus und Blockhütte waren verschwunden. Er warf einen stirnrunzelnden Blick auf Jamies Rücken und debattierte mit sich selbst. Bis zu dem neuen Feld war es fast eine halbe Meile; reichlich Zeit für ein Gespräch. Aber nicht die richtige Zeit, noch nicht. Es war eine Angelegenheit, die er unter vier Augen und in Ruhe ansprechen musste- also später, wenn sie Mittagspause machten.
    Die Atmosphäre im Wald war gedämpft, die Luft reglos und schwer. Sogar die Vögel schwiegen, nur dann und wann barst die Maschinengewehrsalve eines Spechts durch die Stille. Lautlos wie die Indianer bahnten sie sich auf dem verrotteten Laub ihren Weg durch den Wald und traten so abrupt aus dem Eichendickicht, dass ein Krähenschwarm kreischend von der aufgerissenen Erde des frisch gerodeten Feldes auffuhr wie Dämonen auf der Flucht aus der Unterwelt.
    »Himmel«, murmelte Jamie und bekreuzigte sich unwillkürlich. Der Anblick schnürte Roger die Kehle zu, und sein Magen ballte sich zusammen. Die Krähen hatten an etwas gefressen, das in einer Mulde lag, die ein entwurzelter Baum hinterlassen hatte; alles, was er über die gezackten Erdklumpen hinweg sehen konnte, war eine bleiche Rundung, die verstörend an eine nackte Schulter erinnerte.
    Es war eine nackte Schulter - die eines Schweins. Jamie hockte sich neben den Kadaver des Schweins und betrachtete stirnrunzelnd die bläulichen Schwielen, die sich über die dicke, helle Haut zogen. Angewidert berührte er die tiefen Furchen in der Flanke des Tiers; Roger konnte das geschäftige Hin und Her der Fliegen in den schwarzroten Löchern sehen.
    »Bär?«, fragte er und hockte sich neben Jamie. Sein Schwiegervater schüttelte den Kopf.
    »Katze.« Er strich die steifen, spärlich gesäten Borsten hinter dem Ohr beiseite und deutete auf die bläulichen Bisswunden in den Speckfalten. »Hat ihm mit einem Biss das Genick gebrochen. Und siehst du die Krallenspuren?« Roger hatte

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