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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sie zwar gesehen, doch ihm fehlte das nötige Wissen, um die Spuren einer Bärentatze von denen eines Panthers zu unterscheiden. Er sah sie sich genau an und prägte sich das Muster ein.
    Jamie stand auf und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht.
    »Ein Bär hätte mehr von dem Kadaver gefressen. Dieser ist ja kaum angerührt. Aber bei Katzen kommt es vor - dass sie ein Tier erlegen, es liegen lassen und dann tagelang zurückkommen, um daran zu knabbern.«
    Trotz der Schwüle regte sich ein kühles Prickeln in Rogers Nackenhaaren. Es war nur zu leicht, sich vorzustellen, wie sich hinter ihm im schattigen Gebüsch ein gelbes Augenpaar kühl und abschätzend auf die Stelle heftete, wo sein Schädel auf die zerbrechliche Wirbelsäule stieß.
    »Meinst du, sie ist noch in der Nähe?« Er sah sich um und versuchte, sich einen lockeren Anschein zu geben. Der Wald hatte sich nicht verändert, und doch kam ihm die Stille jetzt unnatürlich und gruselig vor.

    Jamie wedelte ein paar lästige Fliegen fort und runzelte die Stirn.
    »Aye, vielleicht. Das Tier ist noch nicht lange tot; noch keine Maden.« Er wies auf die klaffende Wunde in der Flanke des Schweins und bückte sich dann, um die starren Beine zu packen. »Komm, wir hängen es auf. Es ist zu viel Fleisch, um es zu verschwenden.«
    Sie schleiften den Kadaver zu einem Baum mit einem niedrigen, kräftigen Querast. Jamie griff in seinen Ärmel und zog ein schmutziges Tuch heraus, das er sich um den Kopf band, damit ihm der Schweiß nicht in den Augen brannte. Roger griff ebenfalls nach seinem Halstuch - sauber gewaschen und ordentlich gebügelt - und tat das Gleiche. Um nicht mehr Wäsche schmutzig zu machen als nötig, zogen sie ihre sauberen Hemden aus und hängten sie über einen Erlenbusch.
    Von den Rodungsarbeiten war ein Seil auf dem Feld liegen geblieben; Jamie wand es dem Schwein mehrfach um die Vorderbeine, dann warf er das andere Ende über den Ast. Es war ein ausgewachsener Eber, über vier Zentner Fleisch. Jamie stemmte die Füße in den Boden und zerrte an dem Seil. Die plötzliche Anstrengung ließ ihn aufstöhnen.
    Roger hielt den Atem an, als er sich bückte, um beim Hochhieven des starren Kadavers zu helfen, aber Jamie hatte Recht gehabt; das Schwein war noch frisch. Er roch normalen, fleischigen Schweinegeruch, vom Tod abgeschwächt, und stechendes Blut - nichts Schlimmeres.
    Raue Haare schabten über die Haut an seinem Bauch, als er die Arme um den Kadaver schlang, und er biss angewidert die Zähne zusammen. Es gibt kaum etwas Toteres als ein großes, totes Schwein. Dann ein Wort von Jamie, und der Kadaver war gesichert. Er ließ los, und das Schwein schwang sanft hin und her, ein Pendel aus Fleisch.
    Roger war zum Auswringen nass; daran konnte nicht nur die Anstrengung des Hebens schuld sein. Er hatte einen großen, bräunlichen Blutfleck auf Brust und Bauch. Er massierte den Knoten in seinem Bauch mit dem Handballen und verrieb das Blut mit Schweiß. Er sah sich erneut beiläufig um. Zwischen den Bäumen regte sich nichts.
    »Die Frauen werden sich freuen«, sagte er.
    Jamie lachte und zog den Dolch aus seinem Gürtel.
    »Das glaube ich nicht. Sie werden die halbe Nacht damit verbringen, das Schwein zu zerlegen und zu pökeln.« Er folgte Rogers Blickrichtung.
    »Selbst wenn es in der Nähe ist, wird das Tier uns nicht behelligen. Katzen machen nur dann Jagd auf große Beute, wenn sie hungrig sind.« Er warf einen ironischen Blick auf die zerfetzte Flanke des baumelnden Schweins. »So ein fettes Stück besten Schinkens dürfte den Panther wohl vorerst zufriedengestellt haben. Und falls nicht -« Er warf einen bedeutungsvollen Blick auf sein langes Gewehr, das geladen am Stamm eines Hickorybaums lehnte.
    Er hielt das Schwein fest, während Jamie es auswaidete, dann wickelte er die stinkende Masse der Eingeweide in das Tuch, das ihr Mittagessen enthalten
hatte, während Jamie geduldig ein Feuer aus grünen Stöckchen entfachte, das die Fliegen von dem Kadaver fern halten sollte. Weil er mit Blut, Unrat und Schweiß beschmiert war und stank, ging Roger über das Feld zu dem kleinen Bach, der am Wald vorbeifloss.
    Er kniete sich hin und bespritzte sich mit Wasser. Dabei versuchte er, das Gefühl abzuschütteln, dass er beobachtet wurde. Schon mehr als einmal hatte er beim Durchwandern eines verlassenen Moors in Schottland erlebt, dass ein ausgewachsener Hirsch aus dem Nichts hochschoss und wie von Zauberhand zu seinen Füßen aus der Heide

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