Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Narben alt und gut verheilt, zum Großteil silberne Halbmonde und Linien, hier und dort von einem silbrigen Netz oder einem glänzenden Knoten unterbrochen, wo ein Peitschenhieb die Haut so weit aufgerissen hatte, dass sich die Wundränder nicht sauber hatten zusammenziehen können. Es gab zwar ein paar unberührte Hautstellen, die sich hell und glatt unter den Schwielen abhoben - aber viele waren es nicht.
    Und was sollte er sagen?, hatte Roger sich gefragt. Mein Beileid? Danke für das Privileg dieses Anblicks?
    Im Endeffekt hatte er geschwiegen. Jamie hatte sich einfach nur umgedreht, Roger völlig ungerührt eine Axt gereicht, und sie hatten sich mit entblößtem Oberkörper an die Arbeit gemacht. Doch ihm war aufgefallen,
dass Jamie sich nie zum Arbeiten auszog, wenn die anderen Männer dabei waren.
    Also gut. Jamie würde von allen Menschen am ehesten verstehen, dass die Not, der Drang - die Bürde von Briannas Träumen Roger wie ein Stein im Magen lag. Er würde ihm mit Sicherheit helfen. Doch würde er auch Rogers Wunsch zustimmen, es allein zu Ende zu bringen? Auch Jamie war schließlich direkt betroffen.
    Die Krähen krächzten immer noch, doch sie waren jetzt weiter entfernt, ihr Rufen leise und verzweifelt wie die Stimmen verlorener Seelen. Vielleicht war es ja töricht, an einen Alleingang auch nur zu denken. Er ließ einen Arm voll Steine auf den Haufen fallen; kleinere Steine hüpften klickernd davon.
    »Priesterjunge.« So hatten ihn die anderen Jungen in der Schule genannt, und das war er, mit allem Zwiespalt, den der Begriff mit sich brachte. Das ursprüngliche Bedürfnis, sich mit Gewalt als Mann zu beweisen, später gefolgt von dem Bewusstsein um die moralische Schwäche der Gewalt. Doch das war in einem anderen Land...
    Er schluckte den Rest des Gedankens hinunter und bückte sich grimmig, um einen Felsbrocken von Moos und Schmutz zu befreien. Durch den Krieg verwaist, von einem Mann des Friedens aufgezogen - wie konnte er sich einen Mord zum Ziel setzen? Er wälzte den Stein zum Feld hinunter, rollte ihn langsam vorwärts.
    »Du hast doch noch nie etwas anderes als Fische umgebracht«, knurrte er vor sich hin. »Wie kommst du darauf...« Doch er wusste nur zu gut, wie er darauf kam.
     
    Am späten Vormittag hatten sie genug Steine, um mit der ersten Säule zu beginnen; mit einem Kopfnicken und einem gemurmelten Wort machten sie sich ans Werk. Sie zerrten und hievten, stapelten und fügten ein, und dann und wann sorgte ein gequetschter Finger oder ein angestoßener Zeh für einen unterdrückten Ausruf.
    Jamie hievte einen großen Stein an seinen Platz, dann richtete er sich keuchend auf.
    Roger holte seinerseits tief Luft. Er konnte es genau so gut jetzt tun; eine bessere Gelegenheit würde sich kaum ergeben.
    »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten«, sagte er abrupt.
    Jamie blickte schwer atmend auf und zog eine Augenbraue hoch. Er nickte und wartete auf Rogers Bitte.
    »Bring mir das Kämpfen bei.«
    Jamie wischte sich mit dem Ärmel über das schweißüberströmte Gesicht und keuchte.
    »Du kannst doch ganz gut kämpfen«, sagte er. Sein Mundwinkel zuckte. »Oder meinst du, dass ich dir beibringen soll, wie man mit dem Schwert kämpft, ohne sich den Fuß abzuschneiden?«

    Roger trat nach einem Stein, um ihn wieder auf den Haufen zu befördern.
    »Für den Anfang, ja.«
    Jamie stand einen Moment da und betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. Es war eine durch und durch leidenschaftslose Untersuchung, wie er sie etwa einem Bullenkalb angedeihen ließ, das er kaufen wollte. Roger stand reglos da, während ihm der Schweiß über die Mulde in seinem Rücken lief, und hatte das Gefühl, dass er wieder einmal - zu seinem Nachteil - mit dem abwesenden lan Murray verglichen wurde.
    »Du bist ein bisschen zu alt dazu«, sagte Jamie schließlich. »Die meisten Schwertkämpfer fangen schon als Kinder an.« Er hielt inne. »Ich habe mein erstes Schwert mit fünf bekommen.«
    Roger hatte mit fünf eine Spielzeugeisenbahn gehabt. Mit einer roten Lokomotive, die pfeifen konnte, wenn man an einer Kordel zog. Er sah Jamie an und lächelte freundlich.
    »Zu alt vielleicht«, sagte er. »Aber nicht tot.«
    »Das könnte aber passieren«, antwortete Fraser trocken. »Halbbildung bringt Verderben schnell - ein Dummkopf mit einer Klinge in der Scheide an seiner Seite ist weniger in Gefahr als ein Dummkopf der glaubt, er wüsste, was er damit tut.«
    »Halbbildung bringt Verderben schnell«, zitierte Roger. »Trink

Weitere Kostenlose Bücher