Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
er.
    Er stand auf, sah zum Fluss und hielt sich dabei eine Hand über die Augen, um sie vor der sinkenden Sonne zu schützen, die durch das Geäst schien.
    »Das verstehe ich einfach nicht«, sagte er und blinzelte in den Schatten. »Es gibt nur drei Rinder in Fraser’s Ridge, und zwei davon sind heute Morgen vor meinen Augen gemolken worden. Das dritte gehört Bobby MacLeod, und ich denke doch, dass er seine eigene Kuh erkennen würde. Außerdem...« Er machte langsam auf dem Absatz kehrt und blickte den steilen Hang hinauf, den sie gerade heruntergekommen waren.
    Er brauchte es nicht auszusprechen; keine Kuh hätte ohne Fallschirm dort hinuntersteigen können.
    »Es ist mehr als eine - viel mehr«, sagte Roger. »Du hast sie doch gesehen.«
    »Aye, das stimmt. Aber woher kommen sie?« Jamie runzelte verwundert die Stirn. »Die Indianer halten keine Rinder, schon gar nicht um diese Jahreszeit - sie würden jetzt all ihre Tiere schlachten und das Fleisch räuchern. Und es gibt im Umkreis von dreißig Meilen keine Farm, von der sie kommen könnten.«
    »Vielleicht eine wilde Herde?«, meinte Roger. »Vor langer Zeit entlaufene Tiere, die in der Gegend umher wandern?« Jamies Augen nahmen
einen berechnenden Ausdruck an, während Rogers Magen hoffnungsvoll knurrte.
    »Wenn ja, dann sind sie leichte Beute«, sagte Jamie. Er lächelte zwar, doch es lag Skepsis in seiner Stimme. Er bückte sich und brach ein kleines Stück des Kuhfladens ab, zerkrümelte es mit dem Daumen und warf es dann fort.
    »Ziemlich frisch«, sagte er. »Sie sind nicht weit weg; lass uns gehen.«
    Keine halbe Stunde später traten sie an das Ufer des Flusses, den sie von oben gesehen hatten. Es war hier breit und flach, und die blattlosen Äste der Weiden hingen ins Wasser. Das Einzige, was sich bewegte, war das Glitzern der Sonne auf den Gewehren, doch es war nicht zu übersehen, dass die Kühe hier gewesen waren; der Uferschlamm war von trocknenden Hufspuren zerfurcht, und an einer Stelle waren die sterbenden Pflanzen beiseite gescharrt worden, so dass ein langer, schlammiger Trog entstand, in dem sich etwas Großes gewälzt hatte.
    »Warum habe ich nur nicht daran gedacht, ein Seil mitzubringen?«, brummte Jamie, während er sich seinen Weg durch die Weidenschösslinge am Ufer bahnte, um den Trog zu umrunden. »Fleisch ist ja gut und schön, aber Milch und Käse wären -« Das Brummen verstummte, als er sich jetzt vom Fluss abwandte, um einem Pfad aus zertrampeltem Laub in den Wald zu folgen.
    Wortlos trennten sich die beiden Männer und gingen auf leisen Sohlen weiter. Roger lauschte angestrengt auf die Stille des Waldes. Sie mussten in der Nähe sein; selbst ein so unerfahrenes Auge wie das seine hatte die Frische der Spuren erkannt. Und doch herrschte herbstliches Schweigen im Wald, und die Stille wurde nur von einem Raben unterbrochen, der in der Ferne rief.
    Die Sonne stand tief am Himmel und erfüllte die Luft im Wald mit goldenem Dunst. Es wurde jetzt merklich kälter; Roger überquerte eine schattige Stelle und erschauerte trotz seines Rockes. Sie würden bald die anderen suchen und ein Lager aufschlagen müssen; die Dämmerung war kurz. Ein Feuer wäre schön. Noch besser wäre es natürlich, wenn es etwas gäbe, was man darauf braten könnte.
    Sie gingen jetzt bergab in eine kleine Senke, in der Herbstnebelschwaden von der abkühlenden Erde aufstiegen. Jamie befand sich ein Stück vor ihm und bewegte sich so zielstrebig, wie es der unregelmäßige Untergrund erlaubte; trotz des dichten Pflanzenwuchses war der Pfad für ihn offenbar noch gut zu erkennen.
    Eine Kuhherde konnte doch nicht einfach verschwinden, dachte er, selbst wenn es so nebelte wie hier... es sei denn, es waren Elfenkühe. Und das konnte er dann doch nicht glauben, obwohl der Wald hier so gespenstisch still war.
    »Roger.« Jamie sprach sehr leise, doch Roger hatte seine Ohren so gebannt aufgesperrt gehabt, dass er seinen Schwiegervater sogleich zu seiner
Rechten ausmachte. Jamie wies mit einem Ruck seines Kopfes auf etwas in der Nähe. »Sieh.«
    Er hielt einen großen Brombeerbusch zur Seite und legte den Stamm einer gewaltigen Platane frei, deren Rinde zum Teil abgeschält war. An ihrer Stelle war ein nässender, weißlicher Fleck auf der grauen Haut des Baumes zurückgeblieben.
    »Scheuern sich Kühe so?« Roger warf einen skeptischen Blick auf die Stelle, dann zupfte er ein Büschel dunkler Wollhaare heraus, die in der groben Rinde hängen geblieben waren.
    »Aye,

Weitere Kostenlose Bücher