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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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erwähnen. Ist dir das möglich? Es gibt keine gegenteiligen Beweise? Nichts, was du mir verschwiegen hast?«, fragte sie und fixierte Caroline dabei mit einem strengen Blick.
    Caroline holte tief Luft. Worte drängten danach, endlich ausgesprochen zu werden, und ihr Puls raste. Doch sie wusste, wenn sie jetzt gestand, dass sie ein Kind mitgebracht hatte, würde dieses neue Leben, das Bathilda gerade für sie aufbaute, sich wie ein Trugbild verflüchtigen. Stattdessen würde sie in dieser quälenden Gegenwart bleiben müssen, ohne die geringste Aussicht auf eine erträglichere Zukunft. Sie würde bei Bathilda bleiben müssen, oder ganz allein sein, für immer. Beides war unvorstellbar. Caroline kannte die Antwort, die von ihr erwartet wurde, und sie gab sie. Sie biss sich auf die Zunge und schüttelte den Kopf. Doch als sie die linke Hand hob und den Ehering abzog, hinterließ er einen deutlichen weißen Streifen auf ihrer Haut. Sie hielt den Ring in der geschlossenen Faust und versteckte ihn später im Satinfutter ihres Köfferchens, neben dem Foto von ihr und William.
    Das weiße Band an ihrem Finger verlor sich rasch und wurde unter Handschuhen aus Satin oder Rehleder verborgen, bis es vollständig unsichtbar war. Caroline wurde Lord Calcott bei einem Empfang vorgestellt, zu dem Bathilda sie eine Woche später mitnahm, und sie blieb gehorsam, bescheiden und beinahe stumm, während er sprach und sie tanzten und er sie mit einem Glühen in den Augen betrachtete, das sie innerlich frösteln ließ. Lord Calcott war schmal gebaut, nicht besonders groß, etwa fünfundvierzig Jahre alt, und er hinkte leicht. Haar und Schnurrbart waren dunkel und von grauen Fäden durchzogen, die Fingernägel säuberlich manikürt. Seine Hände hinterließen feuchte Flecken auf ihrem Seidenkleid, wenn er sie beim Walzer an ihre Taille legte. Sie trafen sich noch zweimal, bei einem Ball und einer Dinner-Party, jeweils in Räumen, die wegen der spätherbstlichen Kühle überheizt und stickig waren. Während sie tanzten, erkundigte er sich nach ihrer Familie und wollte wissen, womit sie sich gern die Zeit vertrieb, wie es ihr in London gefiel und was sie von der englischen Küche hielt. Später sprach er mit Bathilda und erkundigte sich nach Carolines Temperament, dem Grund für ihre mangelnde Bereitschaft zur Konversation und ihrem Vermögen. Nach einem solchen Abend nahm sie seinen Heiratsantrag mit einem Nicken und einem Lächeln an, das so flüchtig war wie die Wintersonne. Er fuhr sie in einer eleganten, vierspännigen schwarzen Kutsche zurück nach Knightsbridge, und sein Abschiedskuss im Wagen verirrte sich von ihrer Wange zu ihren Lippen, wobei seine Hände vor aufflammender Begierde zitterten.
    »Geliebtes Mädchen«, flüsterte er heiser, schob ihre Röcke hoch und kniete sich zwischen ihre Beine, um so unvermit telt in sie einzudringen, dass sie entsetzt nach Luft schnappte. Siehst du? Sie schleuderte den stummen Gedanken zu Corin hinaus, wo immer er auch sein mochte: Siehst du, was geschieht, weil du mich verlassen hast?
    Caroline verbrachte Weihnachten 1904 mit Bathilda und Mrs. Dalgleish, und die Hochzeit mit Henry Calcott wurde für den späten Februar des folgenden Jahres arrangiert. Diesmal wurde ihre Verlobung angemessen verkündet, und eine Fotografie des glücklichen Paares, aufgenommen anlässlich ihres Verlobungsballs, wurde im Tatler veröffentlicht. Als der Hochzeitstag näher rückte, litt Caroline unter drückender Mattigkeit, einem kupferartigen Geschmack im Mund und morgendlicher Übelkeit, bei der sie sich nach dem starken Kaffee der Cowboys sehnte – ein Gebräu, das Bathilda und ihre Cousine für zu vulgär befanden, um es im Hause zu haben. Bathilda beobachtete diese Entwicklungen mit strengem Blick.
    »Mir scheint, die Hochzeit kommt keinen Tag zu früh«, bemerkte sie eines Morgens, als Caroline im Bett lag, zu schwach, um aufzustehen, und von Übelkeit geplagt. Caroline dämmerte nun der Grund für ihren Zustand, und sie war fassungslos.
    »Aber … aber …«, war alles, was sie hervorbrachte, und ihre Tante zog eine Augenbraue hoch und orderte Fleischbrühe für sie, die Caroline nicht einmal ansehen konnte, ohne zu würgen. Caroline blieb mehrere Stunden lang still liegen, sie überlegte und überlegte und versuchte, die eindeu tigen Schlussfolgerungen aus dieser Schwangerschaft nicht zu sehen. Denn sie war ebenso dünn wie im Oklahoma Territory, wenn nicht noch dünner, und ebenso unglücklich, wenn

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