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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Badehaus verbotenen Riten nach, ein paar Ritter des Königs haben sie dabei ertappt - und die Hebräer haben mindestens zwei von ihnen getötet, als sie die Sache aufdecken wollten. Sie werden gehenkt oder enden auf dem Scheiterhaufen. Wegen der einen oder der anderen Sache oder beidem. Also lasst sie uns jetzt in den Turm bringen, bevor sie uns noch einmal weglaufen!«
    Erneut wollte der Mann nach Gerlin greifen, aber sie warf sich Charles de Sainte-Menehould zu Füßen. Unangenehm berührt hob der Ritter sie auf.
    »Herr, Ihr müsst mir helfen«, flüsterte sie ihm dabei zu. »Um Eurer Minneherrin willen ... um ... um der Herrin Aliénor willen ...«
    In ihrer Verzweiflung versuchte Gerlin, die Worte in der alten provenzalischen Sprache der Troubadoure zu formulieren. Die Langue d'oc war eigentlich nur bei Hofe als Sprache der Sänger und Dichter gebräuchlich. Gerlin sprach sie nicht perfekt, aber durch ihre Kenntnis bewies sie ihre adlige Herkunft und ihre Erziehung am Minnehof.
    Charles de Sainte-Menehould starrte sie verblüfft an. Der Stadtbüttel nutzte die Gelegenheit, sie von ihm wegzuziehen. Er schleifte sie bereits hinter Abram her, als der Ritter sich fasste. »Seid guten Mutes, Herrin!«, rief er ihr nach. »Ich finde heraus, wohin sie Euch bringen - am besten folgen wir Euch gleich. Bertrand ...« Der Ritter in seiner Begleitung, der die Szene verwirrt beobachtet hatte, schloss sich ihm an.
    Gerlin erinnerte sich später nicht mehr an die Straßen, durch die man sie gezerrt hatte, sie war immer noch außer Atem und schien keine Kraft mehr zu haben, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Immerhin ging man mit ihr noch halbwegs vorsichtig um, die Büttel schienen sich vor Herrn Charles und seinem Begleiter in Acht zu nehmen, die ihnen beharrlich folgten. Abram dagegen wurde immer wieder zur Eile angetrieben und geschlagen und getreten, wenn er über seine zerrissenen Beinkleider fiel.
    Der Weg schien sich unendlich zu ziehen, aber schließlich erkannte Gerlin doch die Gebäude des Stadtpalastes. Ob man sie vor den König brachte? Augenblicke lang schöpfte sie Hoffnung, aber dann wurde ihr klar, wie unsinnig das war. Erstens war der König nicht einmal anwesend - er führte sein Heer bereits gegen Richard von England. Außerdem würde man ihn kaum mit dem Fall einer ertappten Jüdin behelligen. Und tatsächlich schleifte man Gerlin und Abram dann auch nicht durch die Tore des Palastes, sondern in einen der in seine Ummauerung eingelassenen, schon recht verfallenen Türme. In einem Gelass gleich hinter dem Eingang saßen zwei Büttel an einem Pult und tranken Wein mit dem französischen Ritter, der am Kampf vor dem Badehaus beteiligt gewesen war. Sie lachten. Zwei andere stießen die Badehausbetreiberin eine Stiege hinauf. Die Frau schluchzte hysterisch. Sie wollte Gerlin etwas zurufen, aber die Büttel prügelten auf sie ein, bis sie verstummte.
    Gerlin selbst hatte keine Kraft mehr zu weinen. Allerdings kehrte beim Anblick der gefangenen Jüdin und des feixenden Ritters ihre Fähigkeit zu denken zurück und ließ sie gleich in neue Abgründe blicken. Dieser Ritter hatte von der Existenz der Mikwe gewusst, und die Frau würde seine Anschuldigungen kaum widerlegen können. Erst recht nicht, wenn man sie folterte. Die Existenz des Ritualbades bewies zudem, dass die beiden Scheinkonvertiten nicht allein waren. Es gab mehr von ihnen in Paris, und die Obrigkeit würde darauf brennen, ihre Namen herauszufinden. Man würde die Besitzerin des Badehauses also mit Gewissheit foltern - und sie würde die Herbergswirtin und ihren Gemahl ebenso verraten wie die Kaufleute und Handwerker, deren Frauen die Mikwe besuchten. Was aber geschah dann mit Dietmar? Gerlin kämpfte um einen klaren Gedanken. Ihr musste etwas einfallen, es musste einfach sein ...
    Die Stadtbüttel bedienten sich nun auch erst einmal mit Wein und berichteten dann von der Verfolgung und anschließenden Gefangennahme Gerlins und Abrams. Abram hielt immer noch seine Beinkleider fest, aber einer der Büttel hob seinen Knüppel und schlug ihm brutal auf die Hände. Abram schrie erschrocken auf und zog die Hände zurück. Zum Gelächter der Männer fielen seine Beinkleider erneut herunter und entblößten den Beweis seines Judentums. Charles de Sainte-Menehould, der sich im Gefolge der Stadtbüttel und ihrer Opfer in die Amtsstube hineingeschoben hatte, reichte ihm wortlos seinen Mantel. Abram verhüllte sich mit ungeschickten Bewegungen. Gerlin

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