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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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einfach die Wahrheit erzählte?
    In diesem Moment öffnete sich die Tür zu den unterirdischen Verliesen, und zwei Büttel kamen hinauf. »Sie wollte jedenfalls zum König!«, erklärte einer von ihnen triumphierend. »Also zum englischen, nicht zu unserem hochgnädigen Herrn.«
    Gerlin schnappte nach Luft.
    »Wir haben uns gerade den Judenjungen kurz vorgenommen. Ich mein, was müsst Ihr hier groß rumrätseln, der Kerl war doch mit ihr zusammen, er sollte wissen, wo sie herkommt. Jedenfalls haben wir ihn uns geschnappt.«
    »Ihr habt ihn gefoltert?«, fragte Gerlin tonlos. Unter Dietrichs Gerichtsbarkeit in Lauenstein war nicht gefoltert worden. Salomon hatte seinem jungen Schüler wiederholt erklärt, dass Geständnisse unter Folter nichts wert waren. Ab einem gewissen Schmerz gestand jeder alles.
    Der Büttel grinste. »Nur ein bisschen gekitzelt, der Knabe hält nicht viel aus, Jude eben ... Er hat gesungen wie'n Vögelchen. Wenngleich er sicher noch mehr weiß, aber da sollen sie sich im Louvre drum kümmern!«
    »Was hat er denn nun gesagt?«
    Auf der Stirn des Hauptmanns begann eine Ader zu pochen. Zuerst der renitente Ritter, jetzt sein eigener Untergebener, der selbstständige Entscheidungen traf. Das Ganze wuchs dem noch recht jungen Mann erkennbar über den Kopf.
    »Dass sein Onkel die Aufgabe hatte, die Frau in die Normandie zu bringen. Die Frau und ihr Kind! Inkognito, deshalb hat man sich ja an jüdische Kaufleute gewandt, nicht an ordentliche Ritter. Irgendetwas an ihr ist interessant für den Plantagenet. Der Kerl da unten weiß angeblich nicht, was, ihn hätte man nur als Wegekundigen und Wagenlenker mitgenommen.«
    »Und wo ist dieses Kind?«, fragte der Hauptmann.
    Gerlin schöpfte auf einmal wieder Hoffnung. Abram hatte sie nicht unter der Folter verraten. Er musste einen Plan haben! Zumindest war ihm etwas eingefallen, um Dietmar aus der Herberge herauszuholen. Gerlin wollte mit der Adresse herausplatzen, aber dann empfand sie es als geschickter, sich zunächst als verstockt zu erweisen.
    »Redet jetzt, Frau!«, fuhr der Hauptmann sie an. »Wer auch immer Ihr seid, Ihr spielt mit Eurem Leben!«
    »Bemüht Euch gefälligst um eine respektvollere Anrede, Monsieur!«, fiel Charles de Sainte-Menehould ihm ins Wort. »Ihr habt gehört, die Frau ist von Adel - womöglich von königlichem Blut ...«
    Von königlichem Blut? In Gerlins Kopf begann es zu pochen. Was reimte der Ritter sich da zusammen?
    Charles de Sainte-Menehould wandte sich jetzt freundlich in ihre Richtung. »Herrin, ich denke, es ist wirklich besser, Ihr offenbart Euch. Zumindest, was den Aufenthaltsort Eures Sohnes angeht. Das Kind, das Ihr bei Euch hattet, ist doch Euer Sohn, oder?«
    Gerlin blitzte ihn an. »Natürlich ist er mein Sohn!«
    »Und wer ist der Vater?«, fragte einer der Büttel interessiert.
    Herr Charles bedachte ihn mit einem strafenden Blick. Gerlin ging nicht auf die Frage ein. Sie hatte neuen Mut gefasst und verhielt sich wieder ihrem Stand entsprechend. Eine Freifrau musste einem Henkersknecht nicht Rede und Antwort stehen.
    »Dem Knaben wird nichts geschehen, dafür verbürge ich mich mit meiner Ehre als Ritter. Und mein Freund hier, der Hauptmann der Stadtwache, nimmt es auch auf die seine, nicht wahr?« Charles warf dem Stadtwächter einen halb verschwörerischen, halb warnenden Blick zu. Der Mann nickte resigniert.
    Gerlin biss sich auf die Lippen. »Dürfte ich Euch bitten, Herr Charles, meinen Sohn persönlich abzuholen?« Ihr graute vor dem Gedanken, die brutalen Stadtbüttel könnten das Kind aus den Armen der Herbergswirtin reißen.
    Charles verbeugte sich tief. »Zu Euren Diensten, Herrin!«
    »Aber ich schicke Euch zwei Leute mit!« So ganz mochte der Hauptmann die Sache wohl doch nicht in die Hände des Ritters geben.
    Gerlin nannte mit fester Stimme den Namen der Herberge. Es war an der Zeit, die Würde und Überlegenheit des Adels zu demonstrieren, egal, wie jämmerlich sie sich fühlte. Als man sie dann wieder in ihr unterirdisches Verlies führte, war sie fast erleichtert. Das gab sich aber gleich wieder, als sie Abram beim Vorbeigehen wie tot auf dem schmutzigen Stroh liegen sah. Hatten die Stadtbüttel ihn doch gemartert?
    »Verprügelt haben sie mich«, verriet Abram mit erstickter Stimme, als die Männer Gerlin wieder in ihre dunkle Zelle gestoßen hatten und ihre Gefangenen im Dunkeln allein ließen. »Mir tut alles weh, Gerlin ... Aber nein, gebrochen ist nichts, es ist nicht schlimm. Dabei

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