Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
nachzusehen, ob jemand horchte. Er war in größter Erregung, er kehrte zurück und pflanzte sich vor dem Abgeordneten auf, den er an den Aufschlägen seines Gehrocks packte.
    »Schweigen Sie! Nicht so laut! Wir haben gewonnen, wenn Gundermann und seine Bande nicht benachrichtigt worden sind … Hören Sie, kein Wort, zu niemandem auf der Welt! Weder zu Ihren Freunden noch zu Ihrer Frau! Nein, so ein Glück! Jantrou ist nicht da, wir allein wissen Bescheid und haben Zeit zu handeln … Oh, ich will nicht nur für mich arbeiten. Huret, Sie sind dabei, unsere Kollegen von der Banque Universelle auch. Nur kann ein Geheimnis nicht gewahrt werden, wenn mehrere es teilen. Alles ist verloren, wenn morgen vor der Börse auch nur das geringste ausgeplaudert wird.«
    Ganz aufgeregt und fassungslos ob des großen Coups, den sie landen wollten, versprach Huret unbedingtes Stillschweigen. Und sie teilten sich die Arbeit, sie beschlossen, sofort mit dem Feldzug zu beginnen. Saccard hatte schon seinen Hut auf, als ihm eine Frage über die Lippen kam.
    »Sagen Sie, hat Rougon Sie beauftragt, mir diese Nachricht zu bringen?«
    »Aber gewiß doch!«
    Er hatte gezögert, denn er log: die Depesche hatte auf dem Schreibtisch des Ministers gelegen, und er war so indiskret gewesen, sie zu lesen, als er eine Minute allein geblieben war. Aber ein herzliches Einvernehmen der beiden Brüder lag in seinem Interesse, sodann schien ihm diese Lüge sehr geschickt, zumal er wußte, wie wenig ihnen daran lag, einander zu begegnen und über diese Dinge zu plaudern.
    »Also ich muß schon sagen«, erklärte Saccard, »diesmal war er anständig … Vorwärts!«
    Im Vorzimmer war Dejoie immer noch allein; er hatte angestrengt gelauscht, ohne etwas Genaues aufschnappen zu können. Sie spürten dennoch, wie er fieberte, er hatte die riesige Beute gewittert, die in der Luft lag, und war von diesem Geruch des Geldes so aufgeregt, daß er sich an das Fenster des Treppenabsatzes stellte, um sie über den Hof gehen zu sehen.
    Die Schwierigkeit bestand darin, rasch und mit der größten Umsicht zu handeln. Daher trennten sie sich auf der Straße: Huret übernahm die kleine Abendbörse, während Saccard trotz der späten Stunde die Remisiers, Kulissenmakler und Wechselmakler aufstöberte, um ihnen Kaufaufträge zu erteilen. Nur wollte er aus Furcht, Verdacht zu erwecken, diese Orders aufteilen, sie so breit wie möglich streuen; und vor allem sollte es so aussehen, als begegnete er den Leuten rein zufällig, denn sie in ihren Wohnungen aufzusuchen wäre merkwürdig erschienen. Der Zufall kam ihm glücklicherweise zu Hilfe, auf dem Boulevard lief ihm der Wechselmakler Jacoby in die Arme; ungeniert plauderte er mit ihm und konnte ihm einen großen Auftrag erteilen, ohne ihn allzusehr in Erstaunen zu versetzen. Hundert Schritt weiter traf er ein großes blondes Mädchen; er wußte, daß sie die Geliebte Delarocques war, eines anderen Maklers, des Schwagers von Jacoby. Und da sie ihn diese Nacht erwartete, wie sie beiläufig sagte, trug Saccard ihr auf, ihm eine mit Bleistift auf eine Karte geschriebene Nachricht zu übermitteln. Am Abend fand er sich dann in dem Restaurant ein, wo Mazaud an einem Bankett für ehemalige Mitschüler teilnahm, und änderte die Aufträge, mit denen er ihn am selben Tage betraut hatte. Das größte Glück jedoch hatte er, als er gegen Mitternacht heimkehrte und Massias ihn ansprach, der aus dem Théâtre des Variétés kam. Sie gingen zusammen zur Rue Saint-Lazare, und er hatte Zeit, sich als Sonderling hinzustellen, der an die Hausse glaubte, die irgendwann einmal kommen würde; und er gab ihm schließlich zahlreiche Kauforders für Nathansohn und andere Kulissenmakler, wobei er behauptete, im Namen einer Gruppe von Freunden zu handeln, was ja beinahe stimmte. Als er sich schlafen legte, hatte er mit Wertpapieren für über fünf Millionen Stellung auf die Hausse bezogen.
    Am Morgen des nächsten Tages war Huret schon um sieben Uhr bei Saccard und erzählte ihm, wie er an der kleinen Börse auf dem Bürgersteig vor der Passage de lʼOpéra vorsichtig, um die Kurse nicht allzusehr in die Höhe zu treiben, soviel wie möglich hatte kaufen lassen. Seine Orders beliefen sich auf eine Million, und da sie beide meinten, der Coup sei noch viel zu bescheiden, beschlossen sie, den Feldzug fortzusetzen. Sie hatten noch den ganzen Vormittag Zeit. Aber vorher stürzten sie sich auf die Zeitungen und zitterten vor Angst, die Nachricht, eine Notiz,

Weitere Kostenlose Bücher