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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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abspielte, das er mit seinem Geld gekauft hatte, war er dem Wahnsinn nahe.
    »Sie sind hier bei mir, Sie Schwein Sie! Und diese Frau gehört mir, Sie sind ein Schwein und ein Dieb!«
    Saccard erzürnte sich nicht; er hätte ihn beruhigen wollen, denn es genierte ihn mächtig, so im Hemd dazustehen, und er war über das Abenteuer sehr verdrossen. Aber das Wort »Dieb« verletzte ihn.
    »Mein Herr«, antwortete er, »wenn man eine Frau ganz für sich allein haben will, muß man ihr freilich erst einmal geben, was sie braucht.«
    Diese Anspielung auf seinen Geiz machte Delcambre vollends rasend. Er war nicht wiederzuerkennen und fürchterlich anzusehen: der Bock im Menschen, der ganze verborgene Priap schienen aus ihm hervorzutreten. Dieses so würdevolle, so kalte Gesicht war plötzlich rot angelaufen; geschwollen, aufgedunsen streckte es sich vor wie eine wütende Schnauze. Der Zorn ließ in ihm die unvernünftige brünstige Bestie in dem schrecklichen Schmerz über diesen aufgewühlten Kot zum Durchbruch kommen.
    »Braucht, braucht«, stammelte er, »die Gosse braucht sie, diese Hure!«
    Und er drohte der Baronin mit einer so heftigen Gebärde, daß sie Angst bekam. Sie war reglos stehengeblieben; es gelang ihr zwar, sich mit dem Unterrock den Busen zu bedecken, doch Bauch und Schenkel blieben entblößt. Als sie dann begriffen hatte, daß diese sündhafte, derart zur Schau gestellte Nacktheit ihn nur noch mehr erbitterte, wich sie zurück, setzte sich auf einen Stuhl, preßte die Beine zusammen und zog die Knie hoch, um alles, was sie konnte, zu verbergen. Dort verharrte sie nun, ohne jede Gebärde, wortlos, den Kopf ein wenig gesenkt, und beobachtete mit heimlichen scheelen Blicken die Schlacht: ein Weibchen, das sich die Männchen streitig machen und das darauf wartet, dem Sieger zu gehören.
    Saccard hatte sich mutig dazwischengeworfen.
    »Sie wollen die Baronin doch wohl nicht schlagen!«
    Die beiden Männer standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
    »Mein Herr, wir müssen zu einem Ende kommen«, fuhr Saccard fort. »Wir können uns nicht wie Kutscher streiten … Es ist nur zu wahr, ich bin der Geliebte der gnädigen Frau. Aber ich wiederhole Ihnen: obwohl Sie die Möbel hier bezahlt haben, so habe ich …«
    »Was haben Sie bezahlt?«
    »Sehr vieles. Zum Beispiel neulich die zehntausend Francs ihrer alten Rechnung bei Mazaud, die Sie sich rundweg geweigert hatten zu begleichen … Ich habe ebenso viele Rechte wie Sie. Ein Schwein, mag sein! Aber ein Dieb, nein! Sie nehmen das Wort sofort zurück!«
    Delcambre schrie außer sich:
    »Sie sind ein Dieb, und ich schlage Ihnen den Schädel ein, wenn Sie nicht auf der Stelle verschwinden.«
    Nun wurde auch Saccard zornig. Während er seine Hose anzog, verwahrte er sich dagegen.
    »Jetzt hören Sie mal, das wird mir allmählich zu bunt! Ich gehe, wenn ich will … Sie sind nicht der Mann, mir Angst einzujagen, Sie Schwachkopf!«
    Und als er in seine Stiefel gefahren war, stampfte er energisch auf dem Teppich auf und sagte:
    »So, jetzt bin ich fertig, und ich bleibe.«
    Delcambre erstickte fast vor Wut. Mit vorgestreckter Schnauze kam er näher.
    »Du dreckiges Schwein, willst du wohl abhauen!«
    »Nicht vor dir, alter Halunke!«
    »Ich knall dir eine!«
    »Ich trete dir in den Wanst!«
    Auge in Auge bellten sie sich zähnefletschend an. Der hohe Beamte und der Mann der Finanz vergaßen sich und ihre gute Erziehung in dieser schmutzigen Schlammflut der Brunst, die sie einander abspenstig machten; sie stritten sich wie betrunkene Kutscher; in einem wachsenden Bedürfnis nach Unflat warfen sie sich abscheuliche Schimpfwörter an den Kopf, als wollten sie sich anspeien. Sie schäumten über von Gemeinheiten, und die Stimme blieb ihnen in der Kehle stecken.
    Die Baronin saß immer noch auf ihrem Stuhl und wartete darauf, daß einer von beiden den anderen hinauswarf. Und während sie, schon beruhigt, Zukunftspläne schmiedete, störte sie nur noch die Anwesenheit der Zofe, die sie hinter der Portiere des Ankleideraums vermutete, wo sie sich wahrscheinlich köstlich amüsierte. In der Tat streckte diese Dirne mit einem hämischen Lachen des Wohlbehagens den Kopf vor, als sie hörte, wie sich die gnädigen Herren so widerwärtige Dinge sagten, und die beiden Frauen wurden einander ansichtig, die nackt auf ihrem Stuhl kauernde Herrin und die aufrecht stehende, korrekt gekleidete Dienerin mit ihrem schmalen Krägelchen; und sie wechselten einen flammenden Blick,

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