Das Gesetz der Vampire
lediglich ein Teil der großen Gemeinschaft von Lebewesen, die jenen Part der Schöpfung repräsentieren, von deren Existenz die meisten Menschen keine Ahnung haben. In der Regel bleibt jede Gruppe für sich, aber manchmal kommt es auch zu Interaktionen der unterschiedlichsten Art. Leider eher selten im positiven Sinn.«
Immerhin gab es Ashton zu denken, dass eine Dämonin – soweit er wusste per Definition ein Geschöpf aus der Hölle und entsprechend veranlagt – über Heilkräfte verfügte und offenbar auch noch so etwas wie Moral besaß. Ihm blieb allerdings keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn sie mussten ihren Einsatzplan für die kommende Nacht besprechen.
Doch unterschwellig blieb in ihm das zwiespältige Gefühl, immer tiefer in diese fremde und – zugegeben – faszinierende Welt hineinzugleiten.
***
David Peters wohnte in einem beinahe feudalen Haus im besten Teil der Stadt, das umgeben war von einem großen, parkähnlichen Grundstück. Nach dem Dossier, das PROTECTOR den Vampiren zur Verfügung gestellt hatte, gehörte Peters zu einer alteingesessenen Familie, die bereits seit über zweihundert Jahren in diesem Haus lebte. Da schon sein Großvater ein Kunstsammler gewesen war und auch David Peters nichts davon hielt, die Kunstwerke in Tresoren zu verstecken, sondern sie im Haus aufgestellt und hingehängt hatte, glich es einer schwer bewachten Festung.
Überall auf dem Grundstück gab es Kameras, die nahezu jeden Winkel überwachten, Alarmanlagen an jedem Fenster und jeder Außentür, sogar an den Zugängen zum Keller und den Dachluken sowie Bewegungsmelder an strategischen Stellen. Wachposten patrouillierten bei Tag und bei Nacht mit Hunden und Schusswaffen, um die Sicherheit der Bewohner und ihres Besitzes zu gewährleisten.
Beim Anblick dieser geballten Sicherheitsvorkehrungen erkannte Ashton unschwer, weshalb nur ein Vampir eine Chance hatte, Peters zu ermorden. Der Angriff eines Heckenschützen auf seinen Wagen auf offener Straße oder das Platzieren einer Bombe daran wäre zu auffällig gewesen und hätte wahrscheinlich sofort den Verdacht aufkommen lassen, dass der Mord etwas mit der Präsidentschaftswahl von GlobalTech zu tun hatte. Dagegen ließ ein »Unfall« auf Peters’ eigenem Grundstück in der Art, wie jeder Vampir ihn inszenieren konnte, auch andere Schlüsse zu. Besonders wenn es nirgends eine Spur gab, die auf einen Täter hindeutete.
Deshalb war sich Ashton sicher, dass der Vampir, der Peters töten sollte, ihn auf seinem Grundstück angreifen würde, als er jetzt mit Gwynal, Stevie, Sean und Vivian dort seinen Posten bezog. Auch Shepherd hatte seine Leute rund um das Grundstück postiert, die zum Einbruch der Nacht abgelöst wurden.
Harry Quinn gehörte ebenfalls zu der Nachtwache, und Ashton nutzte die Gelegenheit, um unter vier Augen mit ihm zu reden. Quinn wartete in seinem Wagen und zuckte erschreckt zusammen, als Ashton plötzlich neben ihm saß und die Autotür hinter ihm zuklappte.
»Verdammt, Ashton! Willst du mir einen Herzinfarkt verpassen?«, beschwerte er sich, entspannte sich aber wieder, was Ashton für ein gutes Zeichen hielt.
»Bestimmt nicht, Harry. Ich wollte nur mit dir reden.«
»Worüber?«, fragte Quinn misstrauisch. »Wenn du glaubst, dass ich Interna ausplaudere, hast du dich getäuscht.«
Ashton schüttelte den Kopf. »Welche Interna solltest du schon ausplaudern können, Harry, die ich nicht selbst über PROTECTOR weiß? Außerdem brauchte ich dich nur zu hypnotisieren, um Informationen von dir zu bekommen.«
Quinn seufzte. »Entschuldige, Ashton. Die Indoktrination, dass alle Vampire verschlagene Menschenfresser sind, egal wer sie früher mal waren, sitzt einfach zu tief.«
Ashton nickte. »Genau darüber wollte ich mit dir reden. Wo stehen wir beide miteinander, Harry? Soweit es mich betrifft, bist du immer noch mein Freund und wirst es auch bleiben. Vorausgesetzt, du versuchst nicht noch ein paar Mal mich umzubringen. Wie siehst du das?«
Quinn schwieg eine Weile und ließ Peters’ Grundstück nicht aus den Augen. »Nun, ich habe über das nachgedacht, was du mir neulich gesagt hast. Ich habe euch auch gestern bei dem Treffen sehr genau beobachtet, besonders dich, Ash. Ich muss eurem Sean darin zustimmen, dass ihr uns alle schon längst hättet vernichten können, wenn ihr gewollt hättet. Ganz ungeschminkt ausgedrückt: Ihr habt die Macht dazu, und wir könnten absolut nichts dagegen tun. Auf dem Hintergrund dessen bin ich
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