Das Gesetz der Vampire
geneigt zu glauben, dass das, was du mir erzählt hast, die Wahrheit ist.«
Er wandte den Blick vom Grundstück ab und sah Ashton in die Augen. »Ich kenne dich lange genug, um zu wissen, dass du definitiv kein Mann bist, der sich leicht beeinflussen lässt. Du musst also gute Gründe gehabt haben zu glauben, was die Vampire dir erzählten. Außerdem hättest du uns eiskalt umbringen können, als wir dich in Baltimore aufgespürt hatten. Stattdessen hast du uns nur schlafen geschickt. So was tut kein blutrünstiger Verbrecher. Und wärt ihr wirklich so, wie wir euch bisher gesehen haben, so würdet ihr wohl kaum einen Menschen wie Peters beschützen, geschweige denn mit eurem Allianzangebot riskieren, dass wir euch hintergehen und umbringen.« Er zuckte mit den Schultern. »Der langen Rede kurzer Sinn ist, dass ich immer noch dein Freund bin, Ash. Ich bin mir zwar nicht sicher, wie weit oder ob ich überhaupt deinen Vampirfreunden trauen kann und darf, aber ich vertraue dir. Das hätte ich von Anfang an tun sollen.«
Ashton tat einen tiefen Atemzug. »Danke, Harry. Das bedeutet mir sehr viel.«
Quinn sah verlegen zur Seite, ehe er Ashton erneut in die Augen blickte. »Ash, es tut mir leid, dass ich dich gejagt habe. Kommt nicht wieder vor, mein Wort darauf.«
»Schon gut, Harry. Ich trage es dir nicht nach. Schließlich hast du nur getan, was du für richtig hieltest.«
Das war nicht nur eine Floskel, denn er trug Harry wirklich nichts nach. Dafür begriff er in diesem Moment, warum Sean und die anderen ihm, Ashton, seine Taten nicht vorwarfen. Sie akzeptierten den dahinter stehenden guten Willen, so wie er Harrys guten Willen anerkannte, die Welt vor einem weiteren gefährlichen Vampir zu schützen, für den er Ashton vorübergehend gehalten hatte. Diese Erkenntnis machte es ihm jetzt leichter, die Freundlichkeit der anderen ihm gegenüber ohne permanentes schlechtes Gewissen anzunehmen.
Quinn sah wieder wachsam auf das Grundstück. »Ganz ehrlich und unter Freunden, Ash. Werdet ihr diese Typen, die Peters umbringen wollen, wirklich aufhalten?«
»Mein Wort darauf, Harry«, bestätigte Ashton nachdrücklich. »Soweit es in unserer Macht steht, werden wir das tun. Das Problem ist nur, dass wir bis jetzt keine legale Handhabe gegen den Drahtzieher haben, sonst hätten die Wächter ihn schon längst aus dem Verkehr gezogen. Genau wie Menschen müssen sich Vampire an ihre Gesetze halten, die es unter anderem verbieten, jemanden auf bloßen Verdacht hin dingfest zu machen und vor Gericht zu stellen. Aber wir – die Wächter, meine ich, kriegen ihn eines Tages mit unfehlbarer Sicherheit. Mit etwas Glück gerade durch diesen Fall schon in den nächsten paar Nächten.«
Quinn schwieg eine Weile. »Ihr habt wirklich Gesetze?«, vergewisserte er sich.
»Ja, sogar sehr strenge.« Unter denen Ashton zu einem Teil selbst litt, weil sie ihm in gewisser Weise die Hände banden. »Ich erzähle dir ein anderes Mal gern mehr darüber, Harry, wenn das alles vorbei ist. Ich bin jedenfalls verdammt froh, dass wir noch Freunde sind.«
Quinn grinste. »Ehrlich gesagt, Ash, ich auch, und zwar in mehr als einer Hinsicht.«
Ashton gab ihm einen kameradschaftlichen Schlag auf die Schulter, stieg aus dem Wagen und schloss sich den anderen wieder an. Vielleicht konnte er die anderen Jäger nicht überzeugen, aber wenigstens Harry war immer noch sein Freund, seine Verbindung zur Welt der Menschen, die er verloren geglaubt hatte. Das gab ihm ein durchaus tröstliches Gefühl.
Ihm blieb allerdings keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn Gwynal signalisierte, dass David Peters gerade das Haus verließ. Der Konzernmanager pflegte jeden Abend ein paar Runden um sein ausgedehntes Grundstück zu joggen und wurde dabei von keinem Sicherheitspersonal begleitet. Außerdem gab es auf dem Weg, den Peters dabei nahm, an drei Stellen Bereiche, wo die schwenkbaren Überwachungskameras für jeweils wenige Sekunden tote Winkel hatten. Das machte gerade diese Orte sowie den Zeitpunkt für einen Angriff ideal.
Ashton saß zusammen mit den anderen in den dicht belaubten Ahornbäumen, die Peters’ Joggingstrecke säumten und hatte alle seine Sinne aufs Äußerste angespannt, um die Annäherung eines vampirischen Angreifers möglichst frühzeitig spüren zu können. Die einzigen Vampire, deren Präsenz er wahrnehmen konnte, waren jedoch nur Stevie, Vivian, Sean und Gwynal. Allerdings hatte er den Vampir, der ihn und Stevie letzte Nacht
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