Das Gesetz der Vampire
»Hast du aber nicht. Und soweit es mich betrifft, ist die Sache damit vom Tisch.« Er blickte Ashton eindringlich an. »Allerdings wäre ich dir trotzdem verbunden, wenn du dich in nächster Zeit nicht allzu oft hier blicken ließest.«
»Okay.«
Der Keeper verzog sich ans andere Ende der Bar, und Sean setzte sich neben Ashton. Er hob sein Glas mit Blut und stieß mit Ashton an, während er ihm wohlwollend die Hand auf die Schulter legte.
»Für alle, die es noch nicht anhand deines veränderten Geruchs begriffen haben sollten, der jetzt meinem ähnelt, demonstriere ich auf diese Weise, dass du zu mir gehörst«, erklärte er. »Damit keiner auf dumme Gedanken kommt, beziehungsweise es sich zweimal überlegt, ob irgendwelche Rachegelüste hinsichtlich deiner Person es wert sind, sich meinen formidablen Zorn zuzuziehen.«
Ashton kam nicht mehr dazu, etwas zu sagen, denn die Vampire kehrten zurück und brachten eine sich nach Kräften wehrende Frau mit, der man die spanische oder südamerikanische Abstammung ansah.
»Lasst mich los, ihr verdammten Bastarde! Hijos de puta!«, fluchte sie, verstummte aber, als Sean vor sie hintrat und sie ernst ansah.
»Vanessa DaSilva«, sagte er ruhig. »Louis Beauchamp hat gestanden, dass du den Mord an dem Menschen David Peters in Auftrag gegeben hast. Außerdem hast du dich mit dem Warlock Darkwing gegen unsere Art verbündet. Auf beide Verbrechen steht die Todesstrafe. Dir bleibt nur noch die Entscheidung über die Art deines Todes. Wenn du uns sagst, was wir wissen wollen, ist es eine saubere Hinrichtung. Wenn nicht ...«
Die Vampirin spuckte ihn an, traf aber nur seine Schulter. »Ich sage gar nichts, maldito cabrón!«
Sean schien daran gewöhnt zu sein, von wütenden Vampiren ein verdammtes Arschloch geschimpft und angespuckt zu werden, denn er ließ sich von dieser Demonstration in keiner Weise beeindrucken. »Unsere erste Frage lautet: Steckt Morton Phelps hinter der ganzen Angelegenheit? Die zweite Frage: Was ist das Armageddon-Projekt?«
Vanessa DaSilva spuckte ihm als Antwort diesmal vor die Füße. Sean schüttelte nur den Kopf und sah ihr in die Augen. Wieder schaffte er es nicht, den Block zu durchbrechen, der um den Geist der Vampirin lag. Stevie und Vivian traten zu ihm und unterstützten ihn, ebenso Gwynal.
Doch die Vampirin lachte nur verächtlich. »Von mir erfahrt ihr kein einziges Wort«, höhnte sie.
»Das wollen wir doch mal sehen«, knurrte die blonde Vampirin, die bisher die Wortführerin der Kolonie war.
Sie trat neben die Wächter und setzte ihre eigenen hypnotischen Fähigkeiten gegen Vanessa DaSilva ein. Die anderen Vampire folgten unverzüglich ihrem Beispiel. Was immer die Wächter daran hinderte, Vanessa zur Preisgabe der gewünschten Informationen zu zwingen, es hielt der geballten Macht von über fünfzig Vampiren, von denen vier zudem Wächter waren, nicht stand. Die Vampirin stöhnte auf und brach in die Knie.
»Morton Phelps hat mich mit der Durchführung seiner Pläne beauftragt«, gestand sie, ihrem entsetzten Gesichtsausdruck nach zu urteilen völlig gegen ihren Willen. Sie versuchte, ihren Mund geschlossen zu halten, um nicht noch weitere Dinge auszuplaudern, aber sie verlor den Kampf. Tränen rannen über ihr Gesicht, als sie gezwungen wurde weiterzusprechen. »Er will sich ein weltweites Wirtschaftsimperium aufbauen, über das er allein herrschen kann und als Erstes König über alle Vampirkolonien der Welt werden.« Sie versuchte erneut, ihre Geheimnisse für sich zu behalten, doch die Wahrheit sprudelte unaufhaltsam aus ihr heraus. »Deshalb hat er die New Yorker Präfektin töten lassen und lässt morgen Nacht den Präfekten von Chicago ermorden. Und das ...« Sie stöhnte und krümmte sich wie unter Schmerzen, die sie möglicherweise tatsächlich empfand. »Das ... Armageddon-Projekt ...«
Ohne Vorwarnung riss sie sich mit einer gewaltigen Kraftanstrengung los, sprang in die Luft und katapultierte sich auf einen der Einhornköpfe am Bartresen. Dessen hölzernes Horn durchbohrte ihren Körper der Länge nach und trat am Rücken wieder aus, ehe sie Sekunden später zu Staub zerfiel.
»Verdammt!«, entfuhr es Gwynal frustriert, und er schüttelte reumütig den Kopf. »Mit so was hätten wir rechnen müssen. Sie war immerhin seit Jahrzehnten Phelps’ Gefährtin und engste Vertraute. Uns hätte klar sein müssen, dass sie eher stirbt, als ihren Geliebten zu verraten. Verdammt!«
»Euch trifft keine Schuld«, beschwichtigte
Weitere Kostenlose Bücher