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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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beinahe, die Treppen hinauf in den Flügel zu gehen, in dem, wie wir wußten, die Wurzel des Übels zu suchen war. Wir faßten etwas Mut, nachdem wir das ganze Gebäude mit dem Hauptschalter im Korridor hell beleuchtet hatten, und schlichen schließlich die geschwungene Treppe hinauf und durch den hohen Bogengang in den Mumiensaal.

    Von diesem Punkt an wurden die veröffentlichten Berichte über den grausigen Fall
    zensiert, denn wir waren alle der Meinung, daß es der Öffentlichkeit nicht zuträglich gewesen wäre, von den Dingen zu erfahren, auf deren Existenz wir anhand der weiteren Entwicklungen schließen mußten. Ich sagte, daß wir das ganze Gebäude hell erleuchteten, bevor wir die Treppe hinaufstiegen. In dem gleißenden Licht, das auf die glitzernden Vitrinen und ihren schaurigen Inhalt fiel, sahen wir nun die stummen Zeugen entsetzlicher Ereignisse, für die wir auch nicht die geringste vernünftige Erklärung hatten. Es hatte zwei Eindringlinge gegeben, die sich, wie wir hinterher feststellten, irgendwo in dem Gebäude versteckt haben mußten. Aber es stand fest, daß sie nie für den Mord an dem Wärter zur Rechenschaft gezogen werden würden. Sie hatten ihre Strafe bereits bekommen.
    Der eine war ein Burmese und der andere ein Fidschi-Insulaner, beides Männer, die wegen ihrer Teilnahme an schrecklichen und widerwärtigen kultischen Handlungen polizeibekannt waren. Sie waren tot, und je länger wir sie ansahen, um so monströser und unbeschreiblicher erschien uns die Art, wie sie zu Tode gekommen waren. Beide Gesichter zeigten einen irrsinnigeren und unmenschlicheren Ausdruck von Angst, als ihn auch der älteste der Polizisten jemals gesehen hatte, doch im übrigen wiesen die beiden Leichname ganz erhebliche Unterschiede auf.
    Der Burmese lag zusammengebrochen vor der Vitrine der namenlosen Mumie, aus der ein quadratisches Stück Glas säuberlich herausgeschnitten worden war. In der rechten Hand hielt er eine Schriftrolle aus dünnem, bläulichem Material, die, wie ich sofort sah, mit grauen Hieroglyphen bedeckt war -beinahe ein Duplikat der Rolle in dem merkwürdigen Zylinder in der Museumsbibliothek, obwohl bei der späteren Untersuchung eine Reihe feiner Unterschiede festgestellt wurden. Der Körper wies keine Spuren von Gewalteinwirkung auf, und angesichts des grauenhaft verzerrten Gesichts konnten wir nur schließen, daß der Mann aus schierer Angst gestorben war.

    Den größten Schock versetzte uns jedoch der Fidschi-Insulaner, der dicht neben dem anderen Leichnam lag. Einer der Polizisten war der erste, der ihn anrührte, und der Schreckensschrei, den er ausstieß, war ebenfalls in der ganzen Nachbarschaft zu hören. Wir hätten es uns angesichts der tödlichen grauen Farbe des angstverzerrten, einstmals schwarzen Gesichts und der knochigen Hände von denen eine noch eine Taschenlampe umklammerte denken können, daß etwas Unerklärliches passiert sein mußte, doch kein einziger von uns war auf das gefaßt, was die zögernde Berührung des Beamten zutage brachte. Auch heute noch überwältigen mich Angst und Abscheu, wenn ich daran denke. Um es kurz zu machen der unglückselige Eindringling, der noch vor weniger als einer Stunde ein gesunder, lebendiger Melanesier und voller Neugier auf unbekannte Schrecknisse gewesen war, lag nun hier als starre, aschgraue Versteinerung mit lederartiger Oberfläche vor uns, in jeder Hinsicht vergleichbar mit der gebückten, uralten Mumie in der aufgebrochenen Vitrine.
    Doch das war nicht das Schlimmste. Was alle anderen Schrecknisse übertraf und unsere schockierte Aufmerksamkeit schon auf sich zog, bevor wir uns den leblosen Körpern auf dem Boden zuwandten, war der Zustand der schrecklichen Mumie selbst. Jetzt konnte man nicht mehr von vagen und kaum merklichen Veränderungen sprechen, denn sie hatte eine ganz andere Haltung eingenommen. Sie war, ganz im Gegensatz zu ihrer bisherigen Starrheit, schlaff in sich zusammengesackt, die knochigen Hände waren herabgesunken, so daß sie das ledrige, angstverzerrte Gesicht kaum noch verdeckten, und der Himmel steh’ uns bei! ihre höllischen hervortretenden Augen waren weit aufgerissen und schienen direkt auf die zwei Eindringlinge zu starren, die vor Angst oder Schlimmerem gestorben waren. Dieses schaurige Starren wie von einem toten Fisch war von hypnotischer Kraft, und es ging uns ständig nach, während wir die Körper der Eindringlinge untersuchten. Es übte eine diabolische Wirkung auf unsere Nerven aus,

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