Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
riefen sie, „was ist das Kind so schön!“ und hatten so große Freude, dass sie es nicht aufweckten, sondern im Bettlein fortschlafen ließen. Der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen, bei jedem eine Stunde, da war die Nacht herum.
Als es Morgen war, erwachte Schneewittchen, und wie es die sieben Zwerge sah, erschrack es. Sie waren aber freundlich und fragten „wie heißt du?“ „Ich heiße Schneewittchen,“ antwortete es. „Wie bist du in unser Haus gekommen?“ sprachen weiter die Zwerge. Da erzählte es ihnen dass seine Stiefmutter es hätte wollen umbringen lassen, der Jäger hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wär es gelaufen den ganzen Tag, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte. Die Zwerge sprachen „willst du unsern Haushalt versehen, kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen.“ „Ja,“ sagte Schneewittchen, „von Herzen gern,“ und blieb bei ihnen. Es hielt ihnen das Haus in Ordnung: Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, abends kamen sie wieder, und da musste ihr Essen bereit sein. Den Tag über war das Mädchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen „hüte dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen dass du hier bist; lass ja niemand herein.“
Die Königin aber, nachdem sie Schneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders als sie wäre wieder die erste und allerschönste, trat vor ihren Spiegel und sprach
„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?“
Da antwortete der Spiegel
„Frau Königin, ihr seid die schönste hier,
aber Schneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schöner als ihr.“
Da erschrack sie, denn sie wusste, dass der Spiegel keine Unwahrheit sprach, und merkte dass der Jäger sie betrogen hatte, und Schneewittchen noch am Leben war. Und da sann und sann sie aufs neue, wie sie es umbringen wollte; denn so lange sie nicht die schönste war im ganzen Land, ließ ihr der Neid keine Ruhe. Und als sie sich endlich etwas ausgedacht hatte, färbte sie sich das Gesicht, und kleidete sich wie eine alte Krämerin, und war ganz unkenntlich. In dieser Gestalt ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe, und rief „schöne Waare feil! feil!“ Schneewittchen guckte zum Fenster heraus und rief „guten Tag, liebe Frau, was habt ihr zu verkaufen?“ „Gute Waare, schöne Waare,“ antwortete sie, „Schnürriemen von allen Farben,“ und holte einen hervor, der aus bunter Seide geflochten war. „Die ehrliche Frau kann ich herein lassen“ dachte Schneewittchen, riegelte die Türe auf und kaufte sich den hübschen Schnürriemen. „Kind,“ sprach die Alte, „wie du aussiehst! komm, ich will dich einmal ordentlich schnüren.“ Schneewittchen hatte kein Arg, stellte sich vor sie, und ließ sich mit dem neuen Schnürriemen schnüren: aber die Alte schnürte geschwind und schnürte so fest, dass dem Schneewittchen der Atem verging, und es für tot hinfiel. „Nun bist du die schönste gewesen“ sprach sie, und eilte hinaus.
Nicht lange darauf, zur Abendzeit, kamen die sieben Zwerge nach Haus, aber wie erschraken sie, als sie ihr liebes Schneewittchen auf der Erde liegen sahen; und es regte und bewegte sich nicht, als wäre es tot. Sie hoben es in die Höhe, und weil sie sahen dass es zu fest geschnürt war, schnitten sie den Schnürriemen entzwei: da fing es an ein wenig zu atmen, und ward nach und nach wieder lebendig. Als die Zwerge hörten was geschehen war, sprachen sie, „die alte Krämerfrau war niemand als die gottlose Königin: hüte dich und lass keinen Menschen herein, wenn wir nicht bei dir sind.“
Das böse Weib aber, als es nach Haus gekommen war, ging vor den Spiegel und fragte
„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?“
Da antwortete er wie sonst
„Frau Königin, ihr seid die schönste hier,
aber Schneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schöner als ihr.“
Als sie das hörte, lief ihr alles Blut zum Herzen, so erschrack sie, denn sie sah wohl dass Schneewittchen wieder lebendig geworden war. „Nun aber,“ sprach sie, „will ich etwas aussinnen, das dich zu Grunde richten soll,“ und mit Hexenkünsten, die sie verstand, machte sie einen giftigen Kamm. Dann
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