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Das Haidedorf

Das Haidedorf

Titel: Das Haidedorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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von ihnen, und doch war es auch wieder ganz deutlich, wie er ein weit Anderer sei, als sie.
    Eine That müssen wir erzählen, ehe wir weiter gehen, und von seinem Leben noch entwickeln, was vorliegt - eine That, die eigentlich geheim bleiben sollte, aber ausgebreitet wurde, und ihm mit eins alle Herzen der Haidebewohner gewann.
    Als endlich die gezimmerten Truhen mit dem Postboten in die Stadt, und von da durch Getreidewagen auf die Haide gekommen waren, als er daraus die Geschenke hervorgesucht und ausgetheilt, als er tausenderlei Merkwürdiges gezeigt, Blumen, Federn, Steine, Waffen - und als Alles genug bewundert worden war, - trat er desselben Tages Abends zu dem Vater in die hintere Kammer, als er gesehen hatte, daß derselbe hineingegangen, und, wie er gern that, sich in den hineinfallenden Fliederschatten gesetzt hatte - er trat beklommen hinein und sagte mit fast bebender Stimme: »Vater, Ihr habt mich auferzogen, und mir Liebes gethan, seit ich lebe - ich aber habe es schlecht vergolten; denn ich bin fortgegangen, daß Ihr keinen Gehülfen Eurer Arbeit hattet, und Eurer Sorge für Mutter und Großmutter - und als ich gekommen, warfet Ihr mir nichts vor, sondern waret nur freundlich und lieb; ich kann es nicht vergelten, als daß ich Euch nicht mehr verlassen und Euch noch mehr verehren und lieben will, als sonst. So viel Jahre mußtet Ihr sein, ohne in mein Auge schauen zu können, wie es Eurem Herzen wohlgethan hätte; - aber ich bleibe jetzt immer, immer bei Euch. - Allein weil mich Euch Gott auch zur Hülfe geboren werden ließ, so lernte ich draußen allerlei Wissenschaft, wodurch ich mir mein Brod verdiente, und da ich wenig brauchte, so blieb Manches für Euch übrig. Ich bringe es nun, daß Ihr es auf Euer Haus wendet, und im Alter zu Gute bekommet, und ich bitte Euch, Vater, nehmet es mit Freundlichkeit an.«
    Der Alte aber, hochroth, zitternd vor Scham und vor Freude, war aufgesprungen und wies mit beiden Händen die dargebotenen Papiere von sich, indem er sagte: »Was kommt Dir bei, Felix? Ich bin so erschrocken, - da sei Gott vor, daß ich die Arbeit und Mühe meines Kindes nehme - ach, mein Gott, ich habe Dir ja nichts geben können, nicht einmal eine andere Erziehung, als die Dir der Herr auf der Haide gab, nicht einmal das fromme Herz, das Dir von selber gekommen. - Du bist mir nichts schuldig - die Kinder sind eine Gottesgabe, daß wir sie erziehen, wie es ihnen frommt, nicht wie es uns nützt; - verzeihe mir nur, Felix, ich habe Dich nicht erziehen können, und doch scheint es mir, bist Du so gut geworden, so gut, daß ich vor Freuden weinen möchte« - -
    Und kaum hatte er das Wort heraus, so brach er in lautes Weinen aus, und tastete ungeschickt nach Felix Hand. - Dieser reichte sie; er konnte sich nicht helfen, er mußte sein Antlitz gegen die Schulter des Vaters drücken, und das grobe Tuch des Rockes mit seinen heißesten Thränen netzen. Der Vater war gleich wieder still, und sich gleichsam schämend und beruhigend sagte er die Worte: »Du bist verständiger als wir, Felix. Wenn Du bei uns bleibst, arbeite, was Du willst; ich verlange nicht, daß du mir hilfst - da ist ja Benedikt und seine Knechte, wenn es noth thäte; auch habe ich schon ein Erspartes, daß ich mir im Alter einen Knecht nehmen kann. - Du aber wirst schon etwas arbeiten, wie es Gott gefällig und wie es recht ist.«
    Felix aber dachte in seinem Herzen, er werde doch in Zukunft, wenn es nöthig sei, lieber in der That selbst, und durch Leistung des eben Mangelnden beistehen, damit ihm das Herz nicht so weh thäte, wenn er dem Vater gar nichts Gutes bringen könnte. Ach, das Beste hat er ja schon gebracht, und wußte es nicht, das gute, das überquellende Herz, das jedem, selbst dem gehärtetsten Vater ein freudigeres Kleinod ist, als alle Güter der Erde, weil es nicht Lohn nach außen ist, sondern Lohn in der tiefsten, innersten Seele.
    Der Vater that nun gleichgültig und machte sich mit diesem und jenem im Zimmer zu thun; kaum aber war Felix hinaus, so lief er eiligst zur Mutter und erzählte ihr, was der Sohn hatte thun wollen - sie aber faltete die Hände, lief vor die Heiligenbilder der Stube, und that ein Gebet, das halb ein Frevel stürmenden Stolzes, halb ein Dank der tiefsten Demuth war.
    Dann aber ging sie hin und breitete es aus.
    Das war nun klar, daß er gut war, daß er sanft, treu und weich war, und das sahen sie auch, daß er schön und herrlich war; - des Weitern forschten sie nicht, was es sei, und

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