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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Verluste zu beklagen. Aber der Feind ist aufgerieben.«
    Der Krieg ist vorbei , dachte der König fassungslos. »Hardwin, sei so gut, bring Frido ins Lager und sorge dafür, dass er alles hat, was er braucht.«
    »Ja, mein König.«
    »Dann mach dich reisefertig. Du brichst noch heute nach Sachsen auf, um dem Kanzler und der Königin zu berichten. Nimm ein halbes Dutzend deiner Männer mit, die Straßen sind gewiss noch unsicher.«
    »Er kann sich ja Odefrieds Truppe auf dem Heimweg anschließen«, schlug Konrad vor.
    Die anderen lachten, aber Frido fragte: »Odefried? Der Graf im Nethegau? Er ist hier?«
    »Er ist im Begriff, abzuziehen«, erwiderte Otto.
    »Im Lichte der jüngsten Ereignisse wird er es sich gewiss wieder anders überlegen«, mutmaßte Konrad.
    »Dafür ist es zu spät«, gab Otto kühl zurück. »Und im Lichte der jüngsten Ereignisse brauchen wir ihn auch nicht mehr. Breisach wird sich ergeben, sobald die Burgbesatzung von Eberhards und Giselberts Tod erfährt.«
    »Tja, dann kann Graf Odefried sich auf der Iburg verkriechen und darüber nachdenken, was es einbringt, seinen König im Stich zu lassen.«
    »Er wird bald genug erfahren, was es einbringt«, meldete der Bote sich schüchtern zu Wort. Und als er merkte, dass alle ihn fragend anschauten, fügte er hinzu: »Graf Odefrieds Sohn, Hildger von Iburg, ist tot.«
    Hennings Vertrauter, wusste Otto. Der zweite binnen weniger Wochen, den er verloren hatte. Vielleicht würde auch Henning jetzt einmal ins Grübeln kommen …
    »Ist er gefallen?«, fragte er.
    Frido senkte den Blick und schüttelte den Kopf. »Das Glück war ihm nicht beschieden, fürchte ich. Graf Konrad hat ihn … zerlegt, um Prinz Henning zur Umkehr zu zwingen, als der über den Rhein floh.«
    »Aber Henning hat nicht umgedreht.«
    »Nein, mein König. Und da hat Graf Konrad eben weitergemacht.« Er zuckte die Achseln. »Ein Mann, ein Wort.«
    Gott steh dir bei, Henning , dachte Otto. Was soll ich nur tun, um dich vor der Hölle zu bewahren?

Hohes Venn, Oktober 939
    »Wiprecht, wir müssen weiter«, drängte Henning ungeduldig. »Jetzt komm schon, reiß dich zusammen. Es ist nicht mehr weit.«
    »Ich kann nicht weiter«, flüsterte Wiprecht. »Es tut mir leid, mein Prinz. Ich bin am Ende.«
    Sein Atem stank. Überhaupt alles an Wiprecht stank. Henning bog den Oberkörper ein wenig zurück, um den schlimmsten Ausdünstungen zu entgehen.
    Es hatte vor vier Tagen angefangen, am zweiten Tag ihrer Flucht. Bei strömendem Regen und eisiger Kälte hatten sie sich durch die Eifel gequält – immer möglichst schnurgerade nach Westen –, als Wiprecht über Schwindel und Übelkeit zu klagen begann. Anfangs hatte Henning nicht hingehört. Er hatte genug damit zu tun, einen Weg durch dieses schroffe, windgepeitschte und anscheinend vollkommen unbewohnte Hügelland zu finden. Ihre Pferde waren lahme Ackergäule – die einzigen, die sie am linken Rheinufer auf die Schnelle hatten finden können, als die Schwaben schon über den Fluss kamen, um sie zu schnappen. Zuerst hatte Henning die wenig prinzlichen Rösser verflucht, aber er hatte sie zu schätzen gelernt. Sicher und unermüdlich trugen sie die Flüchtlinge über Sümpfe und glitschige Schieferfelsen, durch undurchdringliche Wälder und die unzähligen Bachläufe – schmal, aber reißend –, die ihnen allenthalben den Weg versperrten. Es waren ungefähr hundert Meilen vom Ort der verlorenen Schlacht bis ans Ziel ihrer Reise, hatte Wiprecht geschätzt. Fünf Tage in diesem Gelände. Aber das war, bevor der Wundbrand gekommen war.
    Dabei war es nur ein Kratzer gewesen. Einer dieser gottverfluchten Schwaben hatte Wiprecht mit der Lanze den Unterarm aufgeschlitzt, ehe Wiprecht ihn erledigt hatte. Es hatte nicht einmal besonders stark geblutet. Wiprecht hatte einen Lappen darumgebunden und es vergessen. Bis er Fieber bekam. Erfüllt von bösen Vorahnungen hatte er abends, als sie ihr jämmerliches Lager unter freiem Himmel aufschlugen, den Verband abgenommen, und da hatte Henning es zum ersten Mal gerochen: Faulend und süßlich. Einfach unbeschreiblich widerwärtig . Obendrein der Anblick der aufgequollenen und schwärenden Wundränder, die grünlich im Schein ihres kleinen Feuers schillerten. Um ein Haar hätte Henning kotzen müssen. Vermutlich hatte nur sein leerer, knurrender Magen ihn davor bewahrt.
    Am ersten Abend hatte Wiprecht trotz seiner Krankheit noch alle Arbeiten übernommen, die bei einem Lager unter freiem Himmel

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