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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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in Sachsen.«
    »Nicht nur in Sachsen. Wenn wir das Königtum ernst nehmen wollen, müssen wir uns für alle Menschen verantwortlich fühlen, die die deutsche Sprache eint.«
    »Na dann, viel Glück«, brummte Hermann. »Ich fürchte, die Schwaben und Franken und Bayern und so weiter haben kein großes Interesse an deiner Fürsorge.«
    »Dann werden wir sie eines Besseren belehren.«
    Hermann zog sich den tröpfelnden Strohhut ein wenig tiefer in die Stirn. »Wenn du so lächelst, kann man richtig Angst vor dir kriegen, Otto.«
    »Wirklich?«
    »Allerdings. Und ich verstehe ehrlich gesagt nicht, weshalb du …«
    »Prinz Otto?«, fragte eine Stimme, und Schritte näherten sich. Es war fast dunkel geworden, und der strömende Regen erschwerte es zusätzlich, die Ankömmlinge zu erkennen. »Mein Prinz, seid Ihr das?«
    Otto nahm die Hand vom Schwert. »Walo. Was gibt es denn?«
    »Prinz Thankmar schickt uns. Wir sollen Euch holen. Graf Siegfried und Graf Gero sind mit wichtigen Neuigkeiten gekommen.«
    »Dann möge Gott sie segnen«, brummte Hermann und stampfte mit den Füßen auf den schlammigen Boden, um die Kälte zu vertreiben. »Ich fürchtete schon, ich müsste die neue Stadtbefestigung bis Mitternacht im Dauerregen bewundern.«
    Otto klopfte ihm die massige Schulter. »Wenn du darauf bestehst, können wir ja später noch einmal wiederkommen …«
    Insgeheim war er selbst dankbar, dem grässlichen Wetter zu entkommen. Auf der schlammigen Ufergasse begegnete ihnen so gut wie niemand, denn die Nacht war hereingebrochen, und anständige Leute waren längst daheim bei Weib und Kindern, saßen beim Nachtmahl, deckten das Feuer ab und legten sich schlafen.
    Nur eine Schar Handwerksburschen mit Fackeln trotzte Regen und Dunkelheit. Lauthals singend zogen sie dem nächsten Wirtshaus entgegen. Als sie den Prinzen erkannten, verstummten sie, nahmen die tröpfelnden Kappen und Strohhüte ab und verbeugten sich. »Lang lebe der König!«, rief ein hoch aufgeschossener Jüngling im Stimmbruch. »Und lang lebe Prinz Otto!«
    Otto nickte ihnen zu und eilte weiter. Thankmar, wusste er, wäre stehengeblieben und hätte ein paar Worte mit ihnen gewechselt. Wäre vielleicht gar auf einen Krug mit ihnen eingekehrt. Im Handumdrehen hätte er ihnen ein Gefühl von Kameradschaft gegeben und doch immer seine prinzliche Würde gewahrt. Otto beneidete seinen Bruder um diese Gabe. Er zweifelte nicht daran, dass die Menschen in Sachsen und ganz besonders hier in Magdeburg ihn schätzten, vielleicht sogar verehrten, aber er wusste auch dies: Er war zu menschenscheu und zu ungeschickt, um ihre Liebe zu gewinnen. Sie hatten im Grunde keine Ahnung, wer er eigentlich war. Genau wie umgekehrt. Manchmal beunruhigte ihn das.
    Den Kopf gegen den Regen gesenkt, folgte er mit Hermann den Wachen zurück zur Pfalz. Fackelschein und ein prasselndes Langfeuer in der Mitte der Halle empfingen sie. Otto nahm den schweren, nassen Mantel ab und drückte ihn einer Magd in die Finger.
    Dann entdeckte er Editha, die mit einem dampfenden Becher in der Hand auf ihn zukam. »Hier, mein Prinz. Wärme dich.«
    Er nickte dankbar, nahm behutsam einen kleinen Schluck des heißen Würzweins und betrachtete seine Frau über den Rand des Bechers hinweg. Editha trug ein moosgrünes, weit fallendes Kleid aus feinster Wolle, Halsausschnitt und Ärmel mit einer goldbestickten Bordüre geschmückt. Unter dem Saum und den halblangen, weiten Ärmeln schaute der matt glänzende Stoff der helleren Kotte hervor. Ein duftiger Schleier bedeckte ihr herrliches blondes Haar, die Enden lose unter dem Kinn gekreuzt und über die Schultern drapiert. »Eine hinreißende Erscheinung, wie immer«, murmelte er, beugte sich ein wenig vor und küsste sie auf die Wange.
    Die stahlblauen Augen lächelten. Dann hieß Editha Hermann in ihrer Halle willkommen, ehe sie den Arm nahm, den Otto ihr reichte, und sich zur hohen Tafel führen ließ.
    Otto begrüßte Siegfried, Gero und ihre Gemahlinnen, legte Thankmar und Henning im Vorbeigehen kurz die Hände auf die Schultern und betrachtete seine schöne Schwägerin mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ein neues Kleid, Egvina?«
    Sie nickte. »Und soeben hast du deine Frau um einen Pfennig ärmer gemacht. Sie hat gewettet, du würdest es nicht bemerken.«
    »Ein so auffälliger Schnitt fällt sogar einem Trottel wie mir auf«, erklärte er. Ihr Überkleid war eng geschnitten – skandalös eng, hätte seine Mutter wahrscheinlich gesagt – und in der

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