Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
hier. Henning muss für seinen Vater noch einige Geschäfte abwickeln, bevor wir zu seiner Familie nach Bremen heimkehren. Wie schade, dass wir so wenig Gelegenheit haben werden, Sie und die anderen Mitglieder der Gesellschaft von Rabaul kennenzulernen. Sie sind alle ganz reizend « , erklärte sie artig.
» Wir werden uns ebenfalls Ihrer erinnern, meine Liebe. Sagen Sie, hatten Sie Mühe, in Ihren Schuhen zu laufen? Ich hatte den Eindruck, als wären Sie mehrmals umgeknickt. «
Man hatte es also bemerkt. Dabei hatte sie tagelang geübt. » In der Residenz sind wir immer barfuà gelaufen « , gab sie zu.
Die alte Dame zog die Augenbrauen hoch. » Ach ⦠Ãhm, nun ja, das ist sicherlich sehr viel ⦠bequemer. «
» Ich werde üben. «
» Gewiss, gewiss. Sagen Sie, hat die Familie Ihres Gatten Sie mit offenen Armen empfangen? «
» Oh, ich habe sie noch nicht kennengelernt. «
» Sie meinen, seine Eltern wissen noch nichts von der Heirat? «
Elsa stutzte. » Doch ⦠Natürlich ⦠Ich nehme es zumindest an ⦠Sicher ⦠Wieso auch nicht? «
Die alte Dame lächelte breit. » Natürlich, Sie haben Recht. Wieso sollte er es vor seinen Eltern verheimlichen? «
Sobald Elsa sich von einer Gruppe Frauen abwandte, setzte hinter ihr gedämpftes Geschnatter ein, das sie an jenes von Zwergpapageien erinnerte, und sobald sie sich einer anderen Gruppe zuwandte, verstummte diese für einen Moment, bevor jemand zum Beispiel sagte:
» Was für ein zauberhaftes Hochzeitskleid Sie tragen, meine Teuerste. «
» Danke. Es ist erst vor zwei Tagen mit dem Postschiff gekommen. Die Anprobe war gestern, es musste noch geändert werden. Die Schneiderin hat die Nacht durchgearbeitet, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Ich weià nicht, was ich sonst gemacht hätte. «
» Nun ja, im Baströckchen und mit Blumengirlande vor den Altar getreten, nehme ich an. «
Elsa lachte aus voller Brust über den Witz. Die anderen Frauen fielen mit einigen Sekunden Verzögerung und sehr verhalten ein.
Die Braut fühlte sich wohl auf ihrer Hochzeitsfeier. Sie ging in dem prächtigen Festsaal von einer Menschentraube zur anderen, sah sich um, blieb kurz stehen, wechselte hier und da ein paar Worte auf Deutsch oder Englisch. Dann schritt sie in ihrem prächtigen Pariser Hochzeitskleid als die Königin des Tages weiter, umgeben vom weiÃen Establishment der Südsee, von Millionären und Magistraten, von Zigarrenduft, Walzermelodien und eleganten Hüten. Sie war dort angekommen, wo sie immer hingewollt hatte: in der Gesellschaft Europas.
» Unfassbar, sehen Sie mal da « , empörte sich Myrtle Maloy, eine australische Dame, und deutete auf den Mann, der soeben den Festsaal betrat. » Dass er es wagt, hier aufzutauchen, auf einer Hochzeit! «
Der Herr war ungefähr fünfzig Jahre alt, eine monumentale Gestalt mit kräftiger Figur und enormer Wirkung. Augen wie Suchscheinwerfer, eisblau, konzentriert, sehr direkt. An fast jedem Finger ein Ring, protzig wie der eines Bischofs, das ganze Abc der Edelsteine an zwei Händen. Etwas AnstöÃiges spielte um seine lächelnden Lippen.
» Wer ist das? « , fragte Elsa.
» Warwick. « Sie sprach den Namen aus, als spreche sie über eine Amphibie, die die meiste Zeit im Schlamm lebte. » Titus Warwick. «
Eigentlich Titus Cornelius Warwick, ein Engländer, der seit dreiÃig Jahren in der Südsee weilte. Tadellos gekleidet, war er dennoch ohne Vornehmheit. Das Verruchte drang ihm aus allen Poren, und die Verachtung der Gesellschaft klebte deshalb an ihm wie Sand an einem schweiÃnassen Körper. Sie ging allerdings nicht so weit, dass man es sich geleistet hätte, ihn nicht einzuladen. Dafür war er einfach zu reich â und sorgte für zu guten Gesprächsstoff auf der an Ereignissen armen Insel. Trotzdem regte man sich jedes Mal über sein Erscheinen auf, immer aus einem anderen Grund. An diesem Tag wegen seiner Begleitung. Er stellte sie als Mademoiselle Paulette vor, und das mit einem solchen Schmelz auf der Zunge, dass selbst dem Letzten klar wurde, welchem Gewerbe das schätzungsweise dreiÃigjährige Fräulein nachging.
Titus Warwick drückte Elsas Hand einen unanständig langen Kuss auf. » Meinen Glückwunsch, Hoheit. «
Dass er die förmliche Anrede verwendete â die wenigsten Europäer
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