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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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diente nur als Beweis, daß überhaupt ein Geschäft stattgefunden hat. Natürlich spielte sich das alles nach und nach im Verlauf mehrerer Jahre ab, es sollte ja nicht zu auffällig sein. Niemanden wunderte es, daß Laura Weideland verkaufte, was sollte sie schon damit, sie führte ja keine Farm mehr. Ihre Schwester fand es eigenartig, daß sie trotzdem ständig über Geldnot jammerte, aber Laura jammerte schließlich immer wegen irgend etwas. Man kannte sie nur in Weltuntergangsstimmung. Als letztes wäre das Haus drangekommen, und du hättest geschafft, was deinem Vater und Großvater nicht gelungen war: das Land der Grays zu besitzen. Ja, um ein Haar wäre dir das wirklich geglückt. Laura hätte zu ihrer Schwester oder sonstwohin ziehen müssen, und du hättest ihr sicher überzeugend einreden können, daß es schlimme Folgen für sie haben würde, wenn sie nicht weiterhin schwiege.«
    Er hatte ihr ruhig — zu ruhig, fand sie — zugehört. Nun fragte er: »Woher wußtest du, daß sie mir Land für wenig Geld verkauft hat?«
    »Ich habe die Verträge gefunden. Unsere Heizung funktionierte ja nicht, und ich suchte Papier, um das Feuer in Gang zu bringen. Dabei fielen mir eure Vereinbarungen in die Hände. Ich war ziemlich irritiert — aber ich kam nicht auf die Wahrheit.«
    »Hat dir deine Mutter nie beigebracht, daß man nicht in anderer Leute Sachen schnüffelt?« fragte Fernand leise.
    Seine Stimme klang in ihrer Sanftheit gefährlich. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Jetzt war etwas in seinen Augen, das Barbara eine Gänsehaut verursachte. Sie verstand, warum seine Frau so ängstlich ausgesehen hatte. Auf einmal war er ein Mann, der Gewaltbereitschaft verströmte wie einen unangenehmen Geruch. Nichts mehr erinnerte an den einfühlsamen Liebhaber aus der vergangenen Nacht, an den fürsorglichen Nachbarn, der Essen brachte, den Tisch deckte und ihr lächelnd zusah, wie sie all die Köstlichkeiten in sich hineinschlang. Jetzt war er nur noch ein Feind, unberechenbar und voll verhaltener Wut. Und sie war mutterseelenallein mit ihm.
    Instinktiv wußte sie, daß ihn Schwäche nicht erweichte, Stärke aber beeindruckte. Er hatte echt geklungen, als er von seiner Verehrung für Frances Gray gesprochen hatte. Sie versuchte, nicht die mindeste Spur von Angst zu zeigen.
    »Ich werde dich ins Gefängnis bringen, Fernand«, sagte sie, »du hast Laura über Jahre hin auf eine schäbige Weise erpreßt, und es wird kaum einen Richter geben, der dir nicht zu gern den Prozeß macht. Und wenn du es jetzt bei mir mit Erpressung versuchen willst — das kannst du dir sparen. Ich werde es meinem Mann selbst erzählen, daß ich mit dir geschlafen habe. Du wirst überhaupt nichts gegen mich in der Hand haben.«
    Seine Faust schnellte so plötzlich vor, daß Barbara nicht mehr ausweichen konnte. Sie spürte einen furchtbaren Schmerz am Mund, hatte den Eindruck, alle ihre Zähne müßten durcheinanderfliegen. Gleich darauf schmeckte sie Blut. Sie taumelte rückwärts und wäre gestürzt, hätte nicht der Eßtisch im Weg gestanden. Die Tischplatte traf sie an der rechten Hüfte, was wie ein zweiter Schlag war, aber ihren Fall bremste. Vorsichtig hob sie die Hand zum Mund, betastete ihre Lippen. Sie schaute auf ihre Finger und sah, daß sie voller Blut waren.
    Sie blickte Fernand an, der vor ihr stand und sie mit einem hintergründigen, lauernden Lächeln betrachtete. Es klang fast freundlich, als er leise sagte: »Du gottverdammtes, kleines Biest!«

    Sie fragte sich, was um Himmels willen er mit ihr vorhatte, während sie oben in dem kleinen Zimmer auf und ab ging, in dem sie beide die Nacht vorher verbracht hatten. Er hatte sie am Arm gepackt, nicht grob, aber hart genug, um sie merken zu lassen, daß ein Fluchtversuch zwecklos wäre. Sie war vor ihm her die Treppe hinaufgestolpert, und er hatte sie in das Zimmer geschubst und die Tür von außen verschlossen.
    »Du wartest hier«, hörte sie ihn noch sagen, dann entfernten sich seine Schritte wieder auf der Treppe.
    »Was soll das?« schrie sie und schlug mit den Händen gegen die Tür. »Laß mich sofort raus!«
    Es kam keine Antwort. Sie gab schließlich auf, wandte sich von der Tür ab. Sie fröstelte, kam aber erst nach einer Weile auf den Einfall, die Heizung höher zu drehen. Sie versuchte, jeden Blick auf das zerwühlte Bett zu vermeiden, in dem sie und Fernand einander bis zur Erschöpfung geliebt hatten. Dann schaute sie in den Spiegel, der über der Kommode

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