Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
einen Augenblick oder zwei.
»Sieht aus«, sagte er, »als könnte Alvarez recht damit haben, dass ich mir eine Auszeit nehmen sollte.«
»Du wirst Mrs. Mankowitz besuchen?«
Sam nickte vage. »Kann schon sein.«
»Sei vorsichtig, Mann!«, sagte Martinez.
67
Sam traf Sara Mankowitz zu Hause an.
Ein einstöckiges Einfamilienhaus, gepflegt, wie die meisten Häuser auf Key Biscayne.
Er wusste, er hätte nicht kommen sollen, egal, ob außer Dienst oder nicht.
Grace war verboten worden, mit Zeugen zu sprechen, auch wenn ihm selbst nichts dergleichen auferlegt worden war.
Es war trotzdem falsch, und er wusste es.
Aber im Augenblick war ihm das scheißegal.
»Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
Sie war eher abwehrend als feindselig. Ihr Gesicht war blass, und ihre Augen gerötet von Tränen oder Erschöpfung, oder vermutlich von beidem.
»Ich wusste, dass Sie in der Nähe meiner Schwägerin wohnen.«
»Und schließlich sind Sie Detective.« Sie öffnete die Haustür etwas weiter, um ihn hereinzulassen, dann zögerte sie. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit Ihnen reden sollte.«
»Das ist schon okay«, sagte Sam. »Es hat nichts mit dem zu tun, was passiert ist.«
»Wirklich?« Noch immer zweifelnd, schloss Sara die Tür und ging voran in ihr Wohnzimmer. »Möchten Sie sich setzen?«
»Danke.« Sam nahm auf einem grauen Ledersessel Platz.
»Kaffee?«
»Nein, danke«, lehnte er höflich ab. »Wie geht es Ihnen und Ihrem Sohn?«
»Pete ruht sich aus. Er hat seitdem nicht viel geschlafen.«
»Und Sie?«
»Es geht mir den Umständen entsprechend, wie Sie sich sicher denken können.« Sara schwieg einen Augenblick. »Was wollen Sie von mir, Detective Becket?«
»Ich hatte gehofft, Sie könnten Charles Duggans Adresse haben.«
»Die habe ich nicht.« Sie stand noch immer. »Das habe ich der Polizei doch schon gesagt.«
»Wissen Sie, in welcher Gegend er gewohnt hat?«
»In Coral Gables, in der Nähe der Universität.«
»In der Nähe der UM?«, fragte Sam. »Aber Sie haben ihn dort nie besucht?«
»Warum stellen Sie mir diese Fragen?«
»Weil wir keine Adresse von Mr. Duggan feststellen konnten.«
Sara nahm auf dem zweiten Sessel Platz. »Das scheint mir seltsam.«
»Das ist es auch«, nickte Sam. »Was können Sie mir über ihn sagen?«
»Er war ein netter Mann«, sagte sie. »Ich habe ihn nicht sehr lange gekannt.«
»Wie haben Sie sich kennengelernt?«
Einen Augenblick lang dachte er, sie würde sich vielleicht weigern, ihm zu antworten, aber dann lehnte sie sich zurück, und Sam begriff, dass es vielleicht genau das war, was sie brauchte – über ihren verlorenen Freund reden.
»Wir haben uns eines Morgens getroffen, nachdem ich Pete zur Schule gebracht hatte.«
Sie dämpfte ihre Stimme, als hätte sie Angst, ihr Sohn könnte sie hören.
»Sie haben ihn in der Schule kennengelernt?«
Sie schüttelte den Kopf. »In einem Café in der Nähe. Ich brauchte einen Schuss Koffein, und Charlie saß am Nebentisch. Er lächelte mich an, machte irgendeine Bemerkung übers Wetter und ließ mich dann in Ruhe, was ich höflich fand.«
Sam wartete, wusste, dass noch mehr kommen würde.
»Vielleicht eine Woche später sah ich ihn auf dem Postamt, und wir unterhielten uns eine Weile, während wir in der Schlange standen.« Sara brach ab.
»Und Sie haben sich angefreundet«, sagte Sam. »Ihr Verlust tut mir sehr leid.«
Er wartete darauf, dass sie fortfuhr, aber sie schwieg.
»Ich nehme an, Pete war davon nicht so begeistert«, sprach er also weiter.
»Diese Information sollte vertraulich sein.« Ihr Tonfall war hart, ihre Wangen gerötet.
»Ich bin mir nicht sicher, ob diese Information unter die ärztliche Schweigepflicht fällt«, erwiderte Sam beherrscht, »die Grace, wie Sie sicher wissen, sehr ernst nimmt.« Er beugte sich vor, bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Aber es gab ein paar Dinge, die sie mir sagen musste, als ich am Donnerstagabend zum Tatort kam.« Er schwieg einen Augenblick. »Zum Beispiel, warum Sie es für nötig hielten, sie zu einer möglicherweise gefährlichen Situation zu rufen.«
»Sie war Petes Psychologin«, sagte Sara. »Er brauchte ihre Hilfe.«
Das »war« ging Sam gegen den Strich. Sehr.
»Am Rande eines viel befahrenen Highways?«
Ihre Miene veränderte sich. »Ich weiß.« Einen Augenblick lang sah sie aus, als sei sie den Tränen nahe. »Ich wünschte, ich hätte sie nicht angerufen, glauben Sie mir! Es tut mir mehr leid, als Sie sich vorstellen
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