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Das Herz Des Daemons

Das Herz Des Daemons

Titel: Das Herz Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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das Essen zu vergessen. Ich versuche nur zu verhindern, dass du mir unter den Händen verhungerst.« Er beugte sich ein Stück näher zu mir und für eine winzige Sekunde hoffte ich, er würde mich küssen. Doch im nächsten Moment waren seine Hände von meiner Taille verschwunden und er trat zurück. Ich hätte schreien mögen. Mit einer abrupten Bewegung fuhr er sich durchs Haar. »Ich denke, ich gehe mal duschen.« Entschieden wandte er sich zur Tür, machte dann aber noch einmal kehrt und holte seine Tasse. »Et ne nos inducas in tentationem ...«
    Verständnislos sah ich ihn an.
    »Und führe uns nicht in Versuchung ...«, übersetzte er mir und hob bedeutungsvoll die Tasse. Ich verdrehte die Augen, doch er war schon draußen.
    Einmal mehr verfluchte ich Neal aus tiefster Seele. Schon vor diesem verdammten Zwischenfall hatte Julien nicht mehr als Streicheln und Küssen zugelassen und sich geweigert, mit mir bis zum Letzten zu gehen. Immer mir der gleichen Begründung: Wenn wir zu weit gehen, kann es für dich gefährlich werden. Und das werde ich um keinen Preis riskieren!
    Aber jetzt? Wenn er sich nur ein klein wenig gehen ließ und es merkte, brachte er sofort wieder Abstand zwischen uns. Er lief ja regelrecht vor mir davon! Großer Gott, ich war siebzehn! Ich wollte meinen Freund richtig in meinem Bett und nicht nur wie einen großen Teddybären zum Kuscheln. - Aber wie es im Moment aussah, würde sich daran in nächster Zeit dank Neal Hallern nichts ändern.
    Im ersten Stock rauschte die Dusche. Ich ließ mich auf einen der beiden Stuhle sinken, bestrich einen Toast mit Marmelade und legte eine Scheibe Käse obenauf, warf der Decke einen frustrierten Blick zu und widmete mich meinem Frühstück.
    Gerade stellte ich mein Geschirr in die Spülmaschine - die Reste von Wurst, Käse, Butter und Marmelade waren schon fortgeräumt -, als ich Julien auf der Treppe hörte. Einen Augenblick später war er hinter mir und legte die Arme um mich. Züchtig. Natürlich. Über die Schulter sah ich ihn an. Seine Haare waren noch nass. Wie immer trug er Schwarz: perfekt sitzende Jeans, die seine Beine noch länger erscheinen ließen, und ein Hemd, dessen obere Knöpfe offen standen. Doch im Gegensatz zu Beths Sachen hatte nichts davon auch nur den Hauch von Gothic-Look. Ganz im Gegenteil! Eben setzte er die getönte Brille auf, die er vor anderen niemals, selbst im Unterricht nicht, abnahm und die seine Augen verbarg. Augen wie Quecksilber, die ihre Farbe von hellem, kaltem Grau bis hin zu aus der Tiefe rot loderndem, tödlichem Schwarz wechseln konnten.
    »Fertig?« Er griff an mir vorbei, fischte ein Handtuch von der Arbeitsplatte und hielt es mir hin, damit ich mir die Hände abwischen konnte.
    »Ja.« Ich genoss es noch eine weitere Sekunde, ihn so dicht bei mir zu haben, dann löste ich mich von ihm und drehte mich endgültig um. Seinen Rucksack hatte er bereits über die Schulter geschlungen. Meine Tasche hing an seiner anderen Seite. Ich nahm sie ihm ab und folgte ihm aus dem Haus und zum Schuppen, in dem die Vette auf uns wartete. Nachdenklich blickte ich auf den schwarzen Wagen, während er die Torflügel öffnete.
    »Du würdest nicht vielleicht in Erwägung ziehen, mich fahren zu lassen?«, überlegte ich laut. Mein Audi war ja leider ein Opfer jener Explosion geworden, die auch mein gesamtes Zuhause in Schutt und Asche gelegt hatte - zusammen mit den Überresten seiner Blade, die allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits Schrott gewesen war. Allein der Gedanke, dass er sich mit seiner Maschine bei mehr als zweihundert Stundenkilometern überschlagen hatte, ließ regelmäßig meine Kehle eng werden. Und der Anblick, als ich ihn im Weinkeller an den Kaminrost gekettet gefunden hatte ... Das waren zwei Gründe mehr, derentwegen ich Onkel Samuel etliche Jahrhunderte in der Holle wünschte.
    Julien hatte mitten in der Bewegung innegehalten und sah mich an, als hätte ich vorgeschlagen, er solle auf der Motorhaube Spiegeleier braten.
    »Jaja. Schon gut.« Ich stieß ein übertriebenes Seufzen aus. Hatte ich etwas anderes erwartet? - Nein, eigentlich nicht! Die Vette gehörte Adrien und der hätte normalerweise wahrscheinlich nicht mal seinen eigenen Bruder hinter das Steuer seines »Babys« gelassen. Bei Julien und seiner Blade war es genauso gewesen. Was ihre fahrbaren Untersätze betraf, war der eine DuCranier-Zwilling offenbar ebenso besessen wie der andere.
    Ergeben tappte ich auf die Beifahrerseite und stieg ein.

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