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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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das Glas ab und griff ihm zu ernsthafter Prüfung in eine Gegend, von der er bis dahin recht genau gewußt hatte, daß er dort kein Katapult verborgen hielt, aber jetzt, mit ihrer Hand dort, war er dessen nicht mehr ganz so sicher, und daß es sich bei den beiden Händen, die sich unversehens zwischen dem rückwärtigen Rockbund dieser Dame und irgendeinem komischen Gürtel befanden, um seine eigenen handelte, hätte er eigentlich bestreiten wollen, konnte es aber nicht gut, weil irgendein Stück David ihm mit einer Rechnung kam: Die Schwiegertochter zwei, du zwei, das macht zusammen vier, aber die beiden dahinten können nicht von der Schwiegertochter sein, denn die sucht mit der einen nach einem Katapult, und, mein Gott, mir scheint, sie hat auch eins gefunden.
    »Hm«, sagte die Schwiegertochter, und dann sagte sie: »Was ist denn? Steh nicht rum, das heißt, steh ruhig rum, aber nur teilweise, und da dann wieder bitte sehr!«
    »Bitte sehr«, sagte David, oder er glaubte wenigstens, es zu sagen.
    Und auf dem Heimweg dachte er: In Ratzeburg hätte ich das nie gelernt.
    Auch so war Ratzeburg, und so ganz anders war jetzt dies Berlin.

4
    Da ging dieser Mensch aus dem Haus, sagte ahoi, Franziska, küßte einen auf die Nase, alles wie immer, winkte aus dem Fahrstuhl wie immer, dann fiel ihm, wie immer, etwas ein, aber diesmal war es nicht: Ich komme heute etwas später!, diesmal flüsterte er über den Korridor: Weißt du was? Ich soll Minister werden!, schloß die Eisentür, wobei er sich beinahe die Hand brach, das schon wieder wie immer, fluchte im Fahrstuhl, pfiff von unten noch einmal durchs Treppenhaus, und fort trug ihn der Wolga.
    Wenn der Minister ist, kann er aber nicht mehr durchs Treppenhaus pfeifen!
    Wenn er Minister ist? Wenn er Kaiser von China ist, auch nicht. Wenn er Schah von Persien ist, kann er sich nicht mehr die Hand im Fahrstuhl brechen. Wenn er Maharaja von Eschnapur ist, fährt er Elefant und nicht mehr Wolga!
    Franziska Groth, Fran genannt, nur beim morgendlichen Abschied nicht und in besonders feierlichen Augenblicken, trug das Frühstücksgeschirr ab, und als sie die Zuckerspur vom Topf quer über den Tisch bis zu Davids Tasse sah, wußte sie, daß alles beim alten war. Sie hatte es lange aufgegeben, gegen die albernen Luftfahrten des Zuckers zu protestieren, und schon längst nicht mehr schob sie ihrem Mann den Topf an die Tasse oder, was sie auch probiert hatte, die Tasse an den Topf – es war erwiesen, er mußte krümeln, aber wenn er weiter nichts mußte, bitte, das hatte er frei! Heute hatte er wohl einfach nur mal wieder seinen Spinntag – Minister! Was war heute, Dienstag? Da war aber gar nicht Kollegium, Dienstag war ruhig, da spann der sonst nie.
    Minister! Das fehlte hier noch. Dann kündigte Frau Mauer, inständig, das tat sie: Also, Frau Groth, inständig, dasmache ich nicht mit. Sie können nicht sagen, daß ich mich jemals beschwert hätte, aber das geht zu weit. Bei aller Liebe. Man ist auch nur ein Mensch, und Sie wissen genau, außerdem führe ich noch das Hausbuch. Das hört sich leicht an, ja, das hört sich alles sehr leicht an, aber ich sage Ihnen, Frau Groth, inständig, der Schein trügt, hat schon immer getrogen, das ohnehin, aber in diesem speziellen Fall trügt er völlig besonders. Was meinen Sie, was in diesen Neubauten alles gemacht werden muß, bis es richtige Bauten sind und der Mensch in ihnen wohnen kann, behaglich? Da klingelt es allewege, und egalweg ist etwas zu machen: Ich soll den Klempner besorgen, ich soll einschreiten, wenn die Hunde auf den Rasen scheißen, auf deutsch gesprochen, ist doch so, ich soll den Keller aufschließen, damit diese Verrückten an ihre Tischtennisplatte kommen, und wehe, es klappt etwas nicht, wofür ich auch nichts kann, ich spreche nur das Wort Handwerker aus, mehr spreche ich gar nicht aus, Sie wissen, was ich meine, und was meinen Sie, Frau Groth, was wird mir dann gesagt? Dann heißt es: Wozu sind Sie da Haushälterin bei einem Chefredakteur? Teilen Sie dem das doch mit, damit es in die Zeitung kommt! Inständig, Frau Groth, es ist den Leuten nicht klarzumachen, daß der Herr Groth so schon so dürre ist, das ohnehin. Und jetzt Minister? Daß ich nicht lache, dann halten Sie ihn beim Spazierengehen nur gut fest, wenn sich ein Wind erhebt. Nichts für ungut, Frau Groth, aber der Minister? Der ist doch schon zum Chefredakteur zu dünn. Das sage ich Ihnen, so wie ich hier sitze: Da mache ich nicht mit, bei aller Liebe

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