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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Isaac war der einzige Bulle im Präsidium, der Verstand genug besaß, zu erraten, wohin Stanley gegangen sein konnte. Ein Chinese geht nach Chinatown, verkündete Isaac, während sich Cowboy Rosenblatt in den Schwanz biss und Kriminalbeamte durch Brooklyn und Queens schleuste.
    Zehn Minuten nachdem der Einsatzleiter Isaac die Nachricht von Stanleys Flucht aus St. Bartholomew überbracht hatte, machte sich unter der Führung von Manfred Coen ein Trupp »Engel« auf den Weg von der Centre Street zur Mott, gabelte den Lollipop in einer chinesischen Cafeteria auf und lieferte ihn der Gefangenenabteilung im Bellevuekrankenhaus aus. Und jetzt schlafwandelte Isaac der Gerechte auf der Eighth Avenue.
    »Wir gehören in die Lower East Side, Isaac. Warum schleichst du dich hier rum?«
    Der Chef ignorierte ihn. Er hielt nach einem Mädchen Ausschau. Honey Shapiro war aus dem Nest entfleucht, aus der Essex Street verschwunden, um sich wieder zu ihrem Zuhälter zu gesellen. Diesmal erledigte Isaac keinen Botengang für ihren Vater. Sollte Mordecai doch selbst den Hirten spielen. Isaac wollte Informationen von dem Mädchen haben. Der Chef kriegte Esther Rose nicht aus dem Kopf. Während er mit Ida und Marilyn zwei überbevölkerte Räume bewohnte, stellte er sich Esther Rose vor, wie sie nackt mit dem Finger in einem Mayonnaiseglas auf dem Fußboden saß.
    »Da ist sie, Isaac.«
    Sie erwischten Honey Shapiro zwischen zwei Cadillacs. Sie hatte Wimpern angeklebt, die nicht in eine Faust gepasst hätten. Man konnte die Stelle zwischen ihren Beinen sehen, einen kleinen Hügel, der sich durch das fadenscheinige Material ihres Kleides abzeichnete.
    »Scheißdreck«, sagte Honey und sah Isaac wütend an. »Lässt mir mein Vater schon wieder auflauern.«
    Fünf Zuhälter, Männer aus dem Leben, mit Schlapphüten und Wildledermänteln, die ihre Knöchel streiften, kamen zu Honeys Rettung von der nächsten Ecke rüber. Ralph, ihr früherer Beschützer, war auch dabei.
    »Bruder«, sagte er, »warum belästigst du ein unschuldiges Mädchen?« Mit vier Loddeln als Rückendeckung konnte sich Ralph eine gewisse Arroganz leisten.
    Brodsky schob sich zwischen Isaac und die Typen. »Das ist keine Anmache. Es handelt sich um eine freundschaftliche Unterhaltung zwischen meinem Chef und Honey Shapiro. Jetzt geht schon, sonst seid ihr eure feschen Kopfbedeckungen los.«
    Isaac pflückte Honey von der Stoßstange des Cadillacs ab und stellte sie auf den Bürgersteig. »Erzähl mir was von Esther Rose und Rupert Weil.«
    »Fick dich ins Knie.«
    Die Zuhälter glucksten unter dem Schutz ihrer Hüte.
    »Honey, warst du jemals im Erziehungsheim der Bronx? Die Aufseherinnen haben kitzlige Daumen. Sie verwandeln Mädchen in Zombies. Dort wacht man mit geschorenem Haar auf. Am liebsten betreiben die Aufseherinnen Forschungen mit Kombizangen. Weißt du, was es bedeutet, mit blutenden Nippeln rumzulaufen?«
    Honey war versteinert. Ihre Schultern bebten.
    »Ich will Esthers Geschichte … Du musst mit Rupert aufgewachsen sein. Wie ist er?«
    Honey kratzte sich am Auge. »Was wollen Sie von mir? Ich habe nie zugesehen, wenn sie es miteinander getrieben haben. Rupe war schon in der Wiege reichlich merkwürdig. Hatte ein Schachbrett auf den Bauch tätowiert. Finden Sie das normal? Klar, dass Rupert sich eine Mama sucht, die noch eine größere Spinnerin ist als er.«
    »Hat Esther dir etwas erzählt?«
    »Ja, sie hat gesagt, ich solle meine Möse für das Proletariat aufheben. Und noch mehr Scheißdreck von der Sorte. Wer hat sie um ihren Rat gefragt?«
    Die fünf Zuhälter hielten Isaac für einen Verrückten; warum sonst hätte er eine Nutte auf der Straße aushorchen sollen? Auch Brodsky hatte Argwohn geschöpft. Isaac war von einer Toten besessen, einem Lollipop-Mädchen, das ihn mit Freuden umgebracht hätte. »Es wird spät, Chef. Diese Reporter kennen keine Loyalität. Wenn du nicht da bist, werden sie Cowboy interviewen.«
    Die Limousine des First Dep blieb auf dem Times Square stehen. Brodsky wurde ins Tivoli beordert, um Wadsworth aufzugabeln, Isaacs milchigen Nigger. Der Chauffeur kam allein raus. Er steckte seinen Kopf durch Isaacs Fenster. »Wadsworth sagt, er setzt sich in keine Polizeiautos. Er trifft dich im Foyer. Zu mehr ist er nicht bereit.«
    Isaac schickte Brodsky wieder ins Tivoli. »Brodsky, sag ihm, dass ich heute angeschlagen bin. Ich bin zu nervös, um die Luft in einem Kino einzuatmen.«
    Wadsworth schlüpfte in die Limousine; er setzte

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