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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Felsen. Unangenehme Erinnerungen, aber auch ein gewisser Stolz, erfüllten ihn, als sein Blick über die lange Reihe der Frachter an den Docks schweifte. Einer plötzlichen Eingebung folgend winkte er den Kellner herbei und fragte nach einem Fernglas.
     
    Die Registrierungen und Flaggen der vordersten Schiffe waren gut zu erkennen durch den Feldstecher. Bedächtig musterte er Pier um Pier, Mole um Mole, ohne ernsthaft zu suchen. Es gab nicht viele Frachter, die der Spassky glichen. Riesige Tanker und Containerschiffe beherrschten das Bild, und die Hüllen der kleineren Mehrzwec k frachter, die er sah, schienen selbst aus dieser Distanz in wesentlich besserer Verfa s sung zu sein als das, was er in Eri n nerung hatte. Bis auf einen Kahn, den er beinahe übersehen hätte, weil er halb verdeckt neben einem Tanker lag. Elektrisiert schwenkte er das Fernglas zurück auf den grauen Bug. Er ve r suchte vergeblich, die Beschriftung zu lesen, aber die rotbraunen Striemen, die Roststreifen auf der Hülle, ließen seinen Puls höher schlagen. Er sprang erregt auf, rannte die Treppe hi n unter zum Empfang und ließ sich ein Taxi rufen. Er sparte sich lange Erklärungen, zeigte dem Fahrer mit dem Fernglas, wo er hin wollte und versprach ihm den doppelten Lohn, wenn er die Strecke rund ums Hafenbecken in Rekordzeit schaffte. Hatte er geglaubt, den malt e sischen Fahrstil nach Kieras waghalsigen Manövern zu kennen, musste er jetzt eins e hen, dass er sich gründlich getäuscht hatte. Der Taxifahrer verstand seinen Auftrag als sportlichen Wettkampf, bei dem es nur eine Regel gab: gewinnen. Verbissen navigierte er den Mercedes durch die engen Gassen der Stadt, scheute nicht davor zurück, einen unglücklich geparkten Lieferwagen über den Gehsteig zu umfahren und raste nach wenigen Minuten mit seinem konsternierten Fahrgast die Floriana hinunter nach Marsa am Ende der Bucht. Das Taxi tauchte ungebremst in ein verwirrendes Netz schmaler Häuserschluchten ein. Lee versuchte gar nicht erst, sich zu orientieren. Er stemmte sich gegen das Armaturenbrett und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass der Höllenritt ein Ende hätte.
     
    »French Creek«, sagte der Fahrer mit breitem Grinsen, als er an den Kais anhielt. Kopfschü t telnd bezahlte ihm Lee den unverschämten Preis.
     
    »Soll ich hier warten, Sir?«
     
    »Nein, danke«, antwortete er schnell. Ihm drehte sich der Magen um beim Gedanken, n o chmals in dieses Taxi zu steigen.
     
    Die Anlegestelle des verdächtigen Frachters musste etwas weiter draußen an der Spitze der Landzunge von Senglea sein. Angespannt eilte er dem Kai entlang, ve r suchte sich das Bild in Erinnerung zu rufen, das er durchs Fernglas gesehen hatte. Hier unten, zwischen haushohen Schiffsrümpfen und Kränen, war eine Orientierung schwieriger als er sich vorgestellt hatte. Aber er war auf dem richtigen Weg. Von weitem sah er den Tanker, neben dem er das g e suchte Schiff vermutete. Freudige Erregung ergriff ihn. Ein Stapel Container versperrte ihm die Sicht. Er begann zu rennen und stoppte abrupt, als er den Liegeplatz des Frachters erreichte. Das Schiff hatte die Taue eingeholt und abgelegt. Wütend und fasziniert zugleich schaute er dem Wendemanöver des Frachters zu, bis er hinter dem Tanker verschwand. Es war nicht die Spassky. Ein anderer Name stand in frischen, leuchtend weißen, kyrillischen Le t t ern am Bug: ›Ãî ì ðñêèé‹, Gorsky. Aber es war dasselbe Schiff, die Muster der Ros t streifen und der seltsame Knoten am Buganker ließen keinen Zweifel daran.
     
    Lincoln Park, Chicago
     
    Der Ball flog punktgenau dorthin, wo er nicht hinfliegen sollte. Anna schleuderte das Racket wütend zu Boden. Ihr Squashpartner warf ihr einen besorgten Blick zu, als er auf ihre Seite wechselte.
     
    »Nicht dein Tag heute, was?«
     
    »Ich glaube, es ist besser wenn ich aufhöre. Tut mir leid, Scott.« Schweigend ve r ließen sie den Court. Auf dem Weg zu den Duschen räusperte sich Scott und fragte vorsichtig:
     
    »Alles in Ordnung mit dir?«
     
    »Ja – nein, ach lassen wir das.« Scott war eine Generation älter als sie, aber topfit. Er war ihr Mentor in der Redaktion und so etwas wie der persönliche Ratgeber in allen Lebenslagen. Sie hatte schnell Vertrauen zu ihm gefasst, denn er konnte gut zuhören, schwieg lieber, als Müll zu reden wie manch jüngerer Kollege, und wenn er den Mund aufmachte, traf er den Kern des Problems mit traumwandlerischer Sicherheit. Manchmal glaubte sie, er

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