Das Laecheln Deines Moerders
Mischung aus scharfem Verstand und Mitgefühl, die er in den Augen des anderen las. »Und wenn ihr Samanthas Leichnam findet – und wenn ihr ihn findet, bevor die Waldtiere sich darüber hermachen –, dann werdet ihr mit ziemlicher Sicherheit wieder diese Tätowierung entdecken.«
Steven stieß den Atem aus. »Es wird bald dunkel. Kent, komm mit Harry und mir. Mir wäre wohler, wenn du dabei bist. Falls wir etwas finden, kannst du es dir noch an Ort und Stelle ansehen. Nancy, gib dieses Design in den Computer ein. Ich will wissen, woher es stammt. Sandra, ich nehme an, es sind noch genügend Leute auf der Liste, sodass du nicht Däumchen zu drehen brauchst, wenn Nancy eine Pause macht, um sich um die Tätowierung zu kümmern.«
»Keine Sorge. Ich werde mich nicht langweilen«, gab Sandra trocken zurück.
»Dann los, Leute. Und lasst die Handys an.«
Alle setzten sich in Bewegung, nur Sandra blieb sitzen. Während der Raum sich leerte, wurde ihre Miene immer finsterer, und Steven spürte, wie sich ein dicker Klumpen in seinem Magen bildete. Sie hatte etwas zu sagen und wollte nicht, dass die anderen es erfuhren. Steven bemerkte, dass Sandra seinem Blick auswich. Also handelte es sich wahrscheinlich um etwas Persönliches. Etwas, das ihn betraf. Oder …
Seine Gedanken rasten augenblicklich zu Brad. Zum ersten Mal gestand er sich ein, dass das, was seinen Sohn so verändert hatte, nicht nur emotional bedingt sein musste. Es konnte etwas Illegales sein.
Aber kein Mord. Vielleicht nahm Brad Drogen, vielleicht war er unter die Kleinkriminellen gegangen. Aber das hier konnte es nicht sein. Steven weigerte sich, auch nur in Betracht zu ziehen, dass das, was immer Brad quälte, mit diesen Entführungs- und Mordfällen zu tun hatte.
Als sie beide endlich allein waren, nahm Sandra ihr Notizbuch und rutschte über die Stühle direkt neben ihn. »Willst du’s mit Zucker oder pur?«
»Spuck’s einfach aus, Sandra.« Die Worte waren barscher herausgekommen, als er beabsichtigt hatte.
»Okay. Als ich mir ansah, welche Spiele in der Woche vor der Entführung stattfanden, und sie mit Leuten in Verbindung brachte, die zu beiden Opfern leicht in Kontakt treten konnten, tauchte eine Möglichkeit auf.«
Steven schluckte. Brad kannte beide Mädchen nicht. Oder doch? Steven wurde klar, dass er sich die Frage überhaupt noch nicht gestellt hatte.
Aber warum sollte ich?,
fragte er sich trotzig. »Dann sag schon.«
Sandra seufzte. »Father Mike Leone.«
Schockiert starrte Steven sie an. »Nein.«
Sie zuckte die Achseln. »Tut mir Leid, Steven, aber es passt ganz gut. Beide Mädchen gehörten zu seiner Gemeinde. Und es gab am Wochenende vorher ein Spiel, das von der Kirche organisiert worden ist. Ich fragte Anna Eggleston, ob Samantha da war, und sie erklärte mir, dass ihre Tochter normalerweise kein Interesse an solchen Spielen hat, zu diesem aber gegangen ist, weil es etwas Besonderes war. Father Leone war ebenfalls anwesend.«
Das Ziehen in Stevens Innereien verwandelte sich in handfeste Übelkeit. »Er war bloß anwesend. Er hat nicht
gespielt.«
Sandra sah so erledigt aus, wie er sich fühlte. »Ein besonderes Spiel, Steven. Alt gegen jung. Die Priester und die Kirchenangestellten gegen das Jugendteam. Father Leone
hat
gespielt. Und wie ich von anderen Jugendlichen gehört habe, die auch dabei waren, sogar recht gut.«
Steven sah zur Seite. Er war sich nicht sicher, wie er diese Sache verdauen sollte. »Weiß Harry, dass du Father Leone überprüft hast?«
Sandra schüttelte den Kopf. »Ich dachte, du solltest als Erster davon erfahren. Außerdem habe ich alle möglichen Leute befragt, sodass es für andere nicht deutlich werden konnte, worauf ich hinauswollte. Falls er unschuldig ist –«
»Könntest du das Leben eines der besten Menschen, die je gelebt haben, vernichten«, brachte Steven gepresst den Satz zu Ende.
Sandra legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich weiß, Steven«,
sagte sie ruhig. »Aber falls er schuldig ist …«
»Das ist er nicht«, sagte Steven barsch. »Ich kenne diesen Mann. Dazu ist er einfach nicht fähig.«
»Aber du lässt mich weitere Nachforschungen anstellen, okay?«, fragte Sarah, immer noch ruhig.
Steven heftete den Blick auf die Fotos von Lorraine Rush. Vorher ein lebhaftes, hübsches Mädchen mit einer Zukunft. Nachher … tot, verstümmelt. Und es gab eine Person, die dafür verantwortlich war. Jemand hatte ihr das angetan, hatte ihr das Leben, die Zukunft,
alles
genommen.
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