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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gabl
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möchte ich noch einmal daran erinnern, dass Gottes Anteil in Wahrheit der Zehnte ist. Wenn ich also nach Michaelis komme, um ihn einzufordern, möchte ich nicht, dass meine Kornsäcke zur Hälfte mit Spreu gefüllt sind. Die betreffenden Brüder, die sich angesprochen fühlen, sollten zehn Ave Maria beten und ein großzügiges Almosen an Oswald den Bettler geben, auf dass ihre Sünden vergeben werden, und mich dieses Jahr nicht wieder betrügen, auf dass ich nicht im Zorn über sie kommen muss.“
    Es gab einiges verlegenes Geraune und Füßescharren in der Kirche. Offenbar hatte Vater Gernot an einen wunden Punkt gerührt.
    „Außerdem habe ich gehört, dass unsere Gemeinde diese Woche ein neues Mitglied bekommen hat. Und auch, wenn unser neuer Bruder es bisher versäumt hat, sich mir vorzustellen, und selbst wenn es stimmt, dass unser neuer Bruder sich unrechtmäßig aus einer heiligen Bruderschaft davongemacht hat, wollen wir ihn trotzdem herzlich willkommen heißen und ihm Gottes Segen wünschen. Unser neuer Bruder kann nach der Messe zu meinem Haus kommen, mein bescheidenes Sonntagsmahl mit mir teilen und sein Versäumnis so nachholen.“
    Robin starrte mit brennenden Ohren auf seine gewienerten Stiefelspitzen, während alle Kirchgänger die Hälse verrenkten, um einen Blick auf ihn zu werfen.
    Isaac legte ihm in vorgetäuschtem Mitgefühl die Hand auf die Schulter. „Guten Appetit, alter Junge. Und viel Vergnügen.“
    Conrad bedachte ihn mit einem drohenden Stirnrunzeln, und Isaac sah schnell wieder auf seine gefalteten Hände.
    Vater Gernot wartete, bis wieder Ruhe einkehrte. „Und nun zur heutigen Heiligengeschichte …“
    Wortreich und mit fantasievollen Ausschmückungen erzählte er ihnen die Geschichte der heiligen Eulalia, die eine heidnische Prinzessin in Antiochia gewesen war, aber von einem wandernden Priester zum wahren Glauben bekehrt wurde. Sie verließ ihre Familie und tat als Mann verkleidet unter den Armen der Stadt gute Werke und gewann viele Seelen für die Sache Gottes, obwohl der christliche Glaube in Antiochia verboten war. Als man ihr auf die Schliche kam, sollte sie einen heidnischen Prinzen heiraten. Sie aber wollte Jungfrau bleiben und nur Gott gehören, und darum folterte man sie. Vater Gernot schilderte diesen Teil mit grauenhafter Detailtreue und in einiger Länge, bis Robin ein wirklich flaues Gefühl im Magen verspürte. Er warf einen besorgten Blick auf Maria und die kleine Elinor. Aber seine Sorge war unbegründet. Elinor lauschte dem Pfarrer mit offenem Mund und einiger Faszination, und Maria hatte sich die Enden ihrer Haubenbänder in die Ohren gestopft. Als die bedauernswerte Eulalia endlich hingerichtet und heim zu ihrem Schöpfer gegangen war und an ihrem Grab jede Menge Wunder geschehen waren, drehte Vater Gernot ihnen den Rücken zu und begann mit der Messe.
    Der Gottesdienst dauerte alles in allem über eine Stunde. Die anderen in der unordentlichen Reihe zeigten deutliche Ermüdungserscheinungen; es war eng und zu warm, und das lange Stillstehen fiel ihnen schwer. Robin nicht. Nach bewährter Methode, die er über die Jahre in St. Thomas entwickelt hatte, war es ihm gelungen, in einen halbschlafartigen Traumzustand zu sinken und dennoch ein andächtiges Gesicht zu machen. So stand er völlig reglos auf seinem Platz und rührte sich erst wieder, als die anderen Gemeindemitglieder um ihn herum am Ende der Messe zur Tür strömten. Eine allgemeine Kommunion gab es hier nur, wie in vielen Dorfgemeinden, an hohen Feiertagen. Für gewöhnlich waren die Gemeindemitglieder nur unbeteiligte Zuschauer des heiligen Mysteriums.
    Nach der Messe traten sie hinaus in den hellen Sonnenschein.
    Conrad nickte Robin ernst zu. „Also dann, Junge. Benimm dich anständig und mach uns keine Schande.“
    „Ja, Conrad, und nein, Conrad.“
    „Wenn er dich zu lange festhält, mach dir keine Gedanken. Die anderen werden deine drei mit übernehmen.“
    Robin lächelte unfroh. „Ja. Ich wette, sie sind ganz wild darauf.“
    Crispin klopfte ihm die Schulter. „Kaum. Du wirst nächste Woche einfach jeden Morgen einen von unseren machen.“
    „Kommt nicht in Frage“, widersprach Conrad entschieden. „Er kann ja nichts für die Einladung. Also, gehen wir nach Hause.“
    Sie machten sich auf den Weg, und Robin sah ihnen sehnsüchtig nach. Als die Menge vor der Kirche sich verlaufen hatte und er sicher war, dass der Pfarrer zu Hause sein würde, ging er zu dem kleinen Haus hinter der Kirche,

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