Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
„ist diese Wolle nicht mein Eigentum. Ich habe das Geld dafür meinen Leuten vom Lohn abgezogen.“
„Tja, und die Stallknechte sind Leibeigene, nicht wahr?“, stellte der Bailiff triumphierend fest. „Also: Tallage .“
Für einen Moment sah es so aus, als würde Conrad die Beherrschung verlieren. Aber das tat er nicht. Der Bailiff kam immer in bewaffneter Begleitung; er brauchte niemals ernsthaften Widerstand zu befürchten.
„Es ist nicht zulässig“, hatte der Stallmeister stattdessen gegrollt.
„Das zu entscheiden solltest du wohl lieber uns überlassen. Diese Baronie hat hohe Steuern zu bezahlen, ein jeder muss seinen Beitrag für die gerechte Sache, den Krieg gegen die Franzosen, leisten.“
Conrad verzog angewidert das Gesicht. „Schöne Worte. Und Ihr seid dennoch ein Dieb.“
Der Bailiff machte einen drohenden Schritt auf ihn zu. „Verklag mich doch.“
Conrad lächelte grimmig. Das konnte er sich ebenso gut sparen. Die Wolle der Stallarbeiter würde niemals in den Büchern der Gutsverwaltung verzeichnet werden, weil sie dort nichts verloren hatte. Das wusste auch der Bailiff. Er würde sie auf eigene Rechnung verkaufen und seine Begleiter am Erlös beteiligen, damit sie dichthielten. So prellten sie auf die ein oder andere Weise jeden, der sich wie Conrad weigerte, den Bailiff zu schmieren. Und es gab nichts, das der Stallmeister dagegen hätte tun konnte, denn er hatte keine Zeugen.
Für ein paar Tage blieb er reizbar und grimmig, dann geriet der Vorfall in Vergessenheit. Und die Jungen trugen ihre schäbigen Mäntel klaglos.
Zu Allerheiligen hatte es ein Festessen gegeben. Maria, inzwischen rund und schwerfällig, hatte sich selbst übertroffen. Sie hatten geschmaust und gelacht, noch einmal nach den Pferden gesehen, und endlich hatten sich alle zur Ruhe begeben. Nur Robin fand keinen Schlaf.
Er wälzte sich unruhig hin und her, warf schließlich seine Decken zurück und schlüpfte lautlos in seine Sachen. Es hatte keinen Sinn. Er würde nicht einschlafen, ehe er sich noch einmal versichert hatte, dass es Argos auch wirklich gutging. Der Zweijährige hatte ihm den ganzen Tag nicht gefallen. Am Morgen war er schwerfällig und lustlos gegangen, und heute Abend hatte er sein Futter kaum eines Blickes gewürdigt. Robin hatte es Stephen gesagt. Stephen hatte sich das Pferd sorgsam angesehen, sein Maul untersucht, die Beine nach verdächtiger Hitze abgetastet und die Hufe von unten angeschaut. Schließlich hatte er kopfschüttelnd gesagt: „Ich kann nichts finden. Das ist nichts. Er wächst. Zerbrich dir nicht den Kopf. Los, Junge, sieh zu, dass du fertig wirst.“
Zuerst war Robin beruhigt gewesen, aber jetzt war er wieder unsicher. Etwas war nicht in Ordnung, er hatte es den ganzen Tag gespürt.
Lautlos schlich er zur Luke und tastete nach der Leiter. Er stieg vorsichtig hinab, wartete unten, bis seine Augen sich auf die Dunkelheit eingestellt hatten und wandte sich nach links. Es war noch nicht spät, aber die Stallungen lagen ruhig, im tiefen Nachtschlaf da. Nichts rührte sich. Robins Atem formte weiße Dampfwolken in der kalten Abendluft. Zu spät fiel ihm ein, dass er seinen Mantel vergessen hatte.
Er gelangte in den Hof und öffnete die obere Hälfte von Argos’ Stalltür, die jetzt abends fest gegen die nächtliche Kälte verschlossen wurde. Er spähte hinein, aber er konnte nichts erkennen. Er erahnte nur eine Bewegung, öffnete auch die untere Tür und trat ein.
Als er sich dem Pferd näherte, merkte er sofort, dass etwas nicht stimmte. Es strahlte eine zu große Wärme aus. Und es war rastlos. Robin tastete nach seinem Hals und war erschrocken, als er Schweiß darauf fühlte. „Schsch, was ist denn, mein Junge? Was hast du?“
Argos spitzte die Ohren, als er die vertraute Stimme vernahm. Sein Kopf fuhr beunruhigt auf und ab. Robin wünschte, er hätte eine Lampe mitgebracht.
Er legte den Arm von unten um Argos’ Hals und lehnte den Kopf an seinen. „Was ist es, alter Junge, he? Was fehlt dir?“
Und irgendwie bekam er eine Antwort. Er hörte keine Worte, und er hatte keine Erleuchtung; er wusste nur plötzlich mit Gewissheit, dass das Tier neben ihm grauenhafte Schmerzen litt und dass es ernstlich, wirklich sehr schlimm krank war.
Robin war erschrocken. Er spürte sein Herz bis in die Kehle schlagen, rührte sich nicht und strich weiter über die schmalen Nüstern, fest entschlossen, nichts von seiner Angst nach außen dringen zu lassen. Er wusste, wie empfänglich
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