Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
müsse er umfallen, aber er stand sicher. „Ich habe eine Zeitlang als Schreiber für den Kanzler gearbeitet.“
„Welchen Kanzler?“
„Sudbury.“
„Oh.“
„Ja. Oh. Ich war mit ihm und Hales und Appleton in der Kapelle, als die Rebellen ihn fanden.“
„Ihr könnt von Glück sagen, dass Ihr davongekommen seid.“
„Stimmt. Sie fragten mich, auf wessen Seite ich stünde. ‘Auf der Seite Gottes, wo sonst’, hab ich gesagt. Und ein finsteres Gesicht gemacht. Sie ließen mich zufrieden. Und danach habe ich beschlossen, meine hoffnungsvolle Verwaltungskarriere aufzugeben, um aus der Lüge Wahrheit zu machen.“
Robin lächelte schwach.
„Kann ich noch mehr Grütze bekommen?“, fragte Raymond hoffnungsvoll.
Robin schüttelte den Kopf. „Wir dürfen Bruder Harold nicht alles wegessen. Wir werden nach der Messe bei den kleinen Kaufleuten betteln, die werden uns was geben. Und morgen früh gehen wir nach Cheapside zum Friedhof und sehen, ob nicht ein reicher Kaufmann beerdigt wird. Da gibt es immer Almosen.“
Harold trug Raymonds und Robins Schalen zum Herd und füllte sie trotz Robins Protest wieder auf. „Ich habe genug, glaubt mir. Wenn ich alles essen wollte, was die Frauen meiner Gemeinde mir bringen, wäre ich ein Völlerer.“
Robin leerte die zweite Schale mit Heißhunger. Das dumpfe Pochen in seinen Schläfen und das Zittern seiner Knie ließen nach. Er fühlte sich besser.
„Was habt Ihr vor?“, erkundigte sich Harold.
„Ich denke, wir werden uns ein paar Tage bei den Lagerhäusern herumtreiben. Vielleicht finde ich Arbeit. Wenn ich etwas Geld habe, verlassen wir die Stadt und gehen zurück nach Lancashire.“
„Weiter Weg für einen kleinen, erschöpften Jungen.“
„Aber das Sicherste.“
Harold widersprach nicht. Er beendete sein Frühstück nachdenklich.
„Wird Zeit für die Messe“, sagte er schließlich.
Robin stand auf. „Wir müssen aufbrechen. Danke, Bruder Harold.“
„Keine Ursache. Kommt wieder, wenn Ihr wollt und mir traut, Ihr könnt in der Kirche schlafen.“
Robin verneigte sich. „Nochmals danke.“
Raymond fühlte sich besser. Er war immer noch bleich, aber seine Augen hatten wieder Leben. Robin nahm ihn bei der Hand und führte ihn zum Fluss hinunter. Sie gingen in westlicher Richtung am Ufer entlang, und an einer seichten, von zwei Weiden überschatteten Stelle, wo die Frauen von East Cheap ihre Wäsche wuschen, legten sie ihre schmutzigen Kleider ab und badeten im Fluss. Robin hielt Raymond fest, damit die eilige Strömung ihn nicht in die Flussmitte ziehen konnte, und das kühle Themsewasser spülte den Dreck und den Schrecken der vergangenen Wochen von ihnen ab. Robin wusch auch ihre Kleider notdürftig aus, aber es nützte nicht viel, weil er nicht wirklich wusste, wie man das machte. Er wrang die Sachen aus, und feucht, aber gehobener Stimmung kamen sie zur Bridge Street. Robin erwog, die Stadt auf der Stelle zu verlassen und sein Glück bei der Arbeitssuche in Southwark zu versuchen. Doch er entschied sich dagegen. Das Risiko, dass die Wachen am Stadttor ihn erkannten, war viel zu hoch. Und in London hatten sie immerhin einen Platz für die Nacht.
Am Montagmorgen wurde tatsächlich ein Kaufmann beerdigt. Es war ein beinah prunkvoller Trauerzug, denn der Verstorbene war zu seiner Zeit Meister der Seidenhändlergilde und ein Mitglied des Stadtrates gewesen. Und offenbar waren seine Geschäftsmethoden nicht immer nur christlich, was sein Gewissen nicht unerheblich beschwert hatte. Einer seiner Nachlassverwalter hielt einen Beutel mit Geldstücken in der Hand und streute sie auf der Straße aus. Robins Ausbeute war mager, aber Raymond war nicht weniger geschickt als die Londoner Straßenkinder. Er rangelte furchtlos mit ihnen um die Münzen im Staub und erbeutete dreieinhalb Schilling. In ihrer Lage ein kleines Vermögen.
„Gut gemacht“, raunte Robin. „Lass uns verschwinden. Jetzt suchen wir ein Wirtshaus, und du darfst essen, was du willst und so viel du willst.“
Raymond strahlte. Nach Lammkeule in dicker Kräutersauce und Blaubeerpfannkuchen begaben sie sich zurück zu den Kais, und Robin fragte nach Arbeit. Die Vorarbeiter betrachteten ihn abschätzend und schüttelten die Köpfe. Bin ich zu mager?, überlege er. Etwa zu alt? Kurzerhand riss er die Ärmel des ohnehin hoffnungslos zerfetzten Wamses aus den Nähten. An der nächsten Anlegestelle wurde er nicht gleich fortgeschickt. Der Dockmeister begutachtete seine Arme und Schultern
Weitere Kostenlose Bücher