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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bedenklichste Aussicht, auf welche Jasper Hobson immer und immer wieder zurückkam, war die, daß die Insel Victoria während der acht oder neun Wochen bis zur Erstarrung des Eismeeres zu weit nach Norden oder nach Süden hinweg geführt werden möchte, und wirklich kannte man aus den Berichten über Durchwinterungen Beispiele von Abweichungen, welche auf sehr weite Strecken hin stattfanden, ohne daß man ihnen Einhalt zu thun vermochte.
    Alles hing demnach von den unbekannten Strömungen ab, welche von der Behringsstraße her ihren Ausgang nahmen, und es machte sich nöthig, ihre Richtungen nach den Karten des Eismeeres möglichst genau kennen zu lernen. Jasper Hobson, der eine solche Karte besaß, bat Mrs. Paulina Barnett, Madge, den Astronomen und den Sergeanten, ihm in sein kleines Zimmer zu folgen; bevor sie jedoch Cap Bathurst verließen, legte er ihnen nochmals das tiefste Stillschweigen über die gegenwärtige Sachlage an’s Herz.
    »Ganz zum Verzweifeln ist unsere Lage keineswegs, setzte er noch hinzu, und folglich halte ich es für unzweckmäßig, unsere Gefährten überhaupt zu beunruhigen, da sie nicht so wie wir die guten und die schlechten Aussichten unserer Zukunft abzuwägen verstehen.
    – Sollte es indessen, bemerkte Mrs. Paulina Barnett, nicht weise sein, von jetzt ab die Erbauung eines uns Allen Raum bietenden Fahrzeuges in die Hand zu nehmen, welches bei einer Ueberfahrt von einigen hundert Meilen die See zu halten im Stande wäre?
    – Gewiß wäre es das, antwortete Jasper Hobson, und wir werden es nicht unterlassen. Einen Vorwand, diese Arbeit ohne Verzug aufzunehmen, werde ich leicht finden, und deshalb dem Meister Zimmermann sofort den nöthigen Befehl geben, an die Construction eines seefesten Schiffes zu gehen. Diesen Ausweg der Rückkehr verspare ich mir indessen nur für den schlimmsten Fall. Das Wichtigste wird es immer bleiben, nicht mehr auf der Insel zu sein, wenn die Verschiebung der Eismassen wieder beginnt, das heißt also, sie zu verlassen und das Festland wieder zu Fuße zu erreichen, sobald der Ocean im Winterfroste erstarrt ist.«
    In der That war dieser Beschluß wohl der beste. Zur Erbauung eines Schiffes von dreißig bis fünfunddreißig Tonnen bedurfte es wenigstens der Zeit dreier Monate, dann aber konnte man von demselben keinen Gebrauch machen, da das Meer nicht mehr offen sein würde. Gelang es dagegen Lieutenant Hobson, seine kleine Colonie über das Eisfeld nach dem festen Lande zurück zu führen, so bildete das gewiß die einfachste und glücklichste Lösung des Knotens, denn die Einschiffung der ganzen Gesellschaft bei eintretendem Thauwetter blieb immerhin ein sehr gefährliches Unternehmen. Mit Recht betrachtete Jasper Hobson also das zu erbauende Fahrzeug nur als das letzte Hilfsmittel, und alle Uebrigen theilten seine Meinung. Ueberdies wiederholte man ihm, der offenbar der sachkundigste Beurtheiler der Frage war, das Versprechen der Geheimhaltung.
    Wenig Minuten, nachdem sie Cap Bathurst verlassen hatten, umringten die beiden Frauen und die drei Männer in Fort-Esperance den Tisch des großen Saales, in welchem sich deshalb Niemand befand, weil Alle mit verschiedenen Arbeiten im Freien beschäftigt waren.
    Der Lieutenant brachte eine ausgezeichnete Karte der atmosphärischen und oceanischen Strömungen herbei und unterzog mit den Anderen denjenigen Theil des Eismeeres, der zwischen der Behrings-Straße und Cap Bathurst liegt, der eingehendsten Prüfung.
    Vorzüglich sind es zwei Stromrichtungen, welche jene gefährlichen Seegegenden zwischen dem Polarkreise und der seit der kühnen Entdeckungsfahrt Mac Clure’s sogenannten »nordwestlichen Durchfahrt« theilen, mindestens verzeichneten die hydrographischen Beobachtungen bisher keine weiteren.
    Die eine nennt man den Kamtschatka-Strom. Nach seiner Entstehung in dem der Halbinsel dieses Namens benachbarten Meere folgt er der asiatischen Küste und dringt unter Berührung des Ostcaps, einer vorspringenden Spitze des Landes der Tchouktchis, durch die Behrings-Straße. Sechshundert Meilen oberhalb der Meerenge verändert sich seine Hauptrichtung von Süden nach Norden und wendet sich, etwa in dem Breitengrade, welcher der während der warmen Jahreszeit gewiß einige Monate lang passirbaren Durchfahrt Mac Clure’s entspricht, direct nach Westen.
    Ein anderer, der sogenannte Behrings-Strom, verläuft in gerade entgegengesetztem Sinne. Nachdem er höchstens hundert Meilen vom Ufer ab längs der amerikanischen

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