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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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führen könnte? Wie sehnlich wünschte Lieutenant Hobson den Winter, den Frost, das Erstarren des Quecksilbers in der Thermometerkugel jetzt herbei! Nur die furchtbare Kälte der Polarländer und des arktischen Winters konnte die Grundlage der Insel fester und stärker machen, und gleichzeitig eine Verbindung zwischen ihr und dem Continente wieder herstellen.
    Lieutenant Hobson kam nach dem Halteplatze zurück. Sergeant Long war damit beschäftigt, ein Nachtlager herzurichten, da er nicht unter freiem Himmel campiren wollte, obgleich Mrs. Paulina Barnett sich dabei beruhigt hätte. Er theilte Jasper Hobson seine Absicht mit, im Erdboden ein für drei Personen genügendes Eishaus auszuhöhlen, das ihnen gegen die Nachtkälte vollkommen Schutz gewähren sollte.
    »Im Lande der Eskimos, sagte er, ist Nichts klüger, als zu leben wie ein Eskimo.«
    Jasper Hobson stimmte zu, empfahl ihm aber, nicht zu tief in den Eisboden, dessen Dicke nur fünf Fuß betragen könne, hinein zu graben.
    Sergeant Long ging an die Arbeit. Mit Hilfe der Axt und des Schneemessers hatte er bald das Erdreich bei Seite geschafft und eine Art Vorraum, der direct auf die Eisschicht stieß, ausgehöhlt. Dann nahm er diese mürbe Masse in Angriff, auf der Sand und Erde wohl Jahrhunderte hindurch geruht hatten.
    Es bedurfte kaum einer Stunde, um diese unterirdische Zufluchtsstätte, oder vielmehr diese Höhle mit Eiswänden, welche die Wärme sehr gut zusammenhielt und demnach für wenige Stunden der Nacht eine hinreichende Wohnlichkeit darbot, auszuschachten.
    Während Sergeant Long wie eine Termite arbeitete, gesellte sich Hobson zu seiner Reisegefährtin und theilte ihr die Resultate seiner Beobachtung der physikalischen Beschaffenheit der Insel mit, wobei er ihr die ernsten Befürchtungen nicht verhehlte, die jene Prüfung in ihm erregt hatte. Bei der geringen Stärke des Eisfeldes mußten in nicht ferner Zeit Sprünge und Brüche entstehen, deren Stelle eben so wenig vorher zu sehen, als sie selbst zu verhindern waren. Jeden Augenblick konnte die umherirrende Insel durch Veränderung ihres specifischen Gesammtgewichtes tiefer einsinken oder sich in mehr oder weniger zahlreiche Inselchen von nothwendig ephemerer Existenz zertheilen. Er hielt es demnach für angezeigt, daß sich die Bewohner von Fort-Esperance so wenig als möglich von der Factorei entfernten, um auf einem Punkte vereinigt mindestens das gleiche Geschick zu theilen.
    Hier wurde das Gespräch plötzlich durch einen Aufschrei unterbrochen.
    Mrs. Paulina Barnett und der Lieutenant erhoben sich sofort und blickten forschend rund umher.
    Niemand war zu sehen.
    Das Hilferufen verdoppelte sich.
    »Das ist der Sergeant! Der Sergeant!« sagte Jasper Hobson.
    Eiligst begab er sich, Mrs. Barnett hinter ihm her, nach der Lagerstätte.
    Kaum angelangt an der klaffenden Mündung des Eishauses gewahrte er den Sergeanten, der sich mit beiden Händen krampfhaft an seinem Messer hielt, das er in die Eiswand eingestoßen hatte, und mit lauter, aber völlig ruhiger Stimme um Hilfe rief.
    Nur Kopf und Arme blieben noch von ihm sichtbar. Beim Aufhacken des Eises hatte der Boden plötzlich unter ihm nachgegeben, und er war bis an den Gürtel in’s Wasser gesunken.
    »Aushalten!« rief ihm Jasper Hobson zu.
    Den Einschnitt hinabgleitend, gelangte er an den Rand der Oeffnung und reichte dem Sergeanten die Hand, welcher mit Hilfe dieses sicheren Stützpunktes aus dem Loche heraus kam.
    »Mein Gott, Sergeant Long! rief Mrs. Paulina Barnett, was ist Ihnen widerfahren?
    – Ei, Madame, erwiderte Long, der sich wie ein nasser Pudel schüttelte, das Eis brach unter mir und half mir zu einem unfreiwilligen Bade.
    – Dann haben Sie aber, fragte Jasper Hobson, meine Mahnung, nicht zu tief zu graben, außer Acht gelassen?
    – Entschuldigen Sie, Herr Lieutenant. Sie sehen, daß ich kaum fünfzehn Zoll in den Eisboden hinein war. Es ist nur anzunehmen, daß sich unter mir eine Blase, eine Art Höhlung befand, denn das Eis lag nicht auf dem Wasser auf, und ich brach durch wie durch eine Zimmerdecke. Hätte ich mich nicht an meinem Messer halten können, so konnte ich einfältiger Weise unter die Insel gerathen, und das wäre doch etwas unangenehm gewesen; nicht wahr, Madame?
    – Sehr unangenehm, wackerer Sergeant!« antwortete die Reisende und bot dem braven Manne die Hand.
    Sergeant Long’s abgegebene Erklärung war völlig richtig.
    Aus irgend welchem Grunde, vielleicht in Folge der Entwickelung von Luft,

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