Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
brave Madge, Süßwasser wird uns niemals ausgehen. Regen, Schnee, Eis, Eisberge des Oceans, ja, selbst der Boden der Insel, die uns trägt, – Alles besteht aus süßem, genießbarem Wasser. Nein, ich wiederhole Dir’s, auch hierin beruht für uns nicht die Gefahr.«
    Gegen zehn Uhr befanden sich Mrs. Paulina Barnett und Madge in der Höhe des Cap Eskimo, aber mindestens zwei Meilen im Innern der Insel, da sie dem Ufer nicht nahe zu folgen im Stande waren. Die von einem so weiten und durch die unvermeidlichen Umwege noch verlängerten Marsche etwas ermüdeten Frauen beschlossen vor der Rückkehr nach Fort-Esperance ein wenig auszuruhen. An diesem Punkte erhob sich ein kleines Gehölz von Birken und Strauchwerk, das einen niedrigen Hügel krönte. Eine von gelblichem Moose überwachsene, und durch die Sonnenstrahlen vom Schnee befreite Stelle bot sich ihnen bei ihrem frugalen Mahle als geeigneter Ruheplatz.
    Eine halbe Stunde später schlug Mrs. Paulina Barnett vor, erst den jetzigen Zustand des Cap Eskimo zu überschauen, bevor sie sich östlich, nach der Factorei zurück wendeten. Es drängte sie, zu wissen, ob dieser Landvorsprung den Angriffen des Seesturmes widerstanden habe oder nicht. Madge erklärte sich bereit, ihrer »Tochter« überallhin zu folgen, wohin es dieser zu gehen beliebte, und erinnerte sie nur, daß zwischen ihnen und Cap Bathurst eine Entfernung von acht bis neun Meilen läge, sowie, daß man Lieutenant Hobson nicht durch eine zu lange Abwesenheit beunruhigen dürfe.
    Dennoch bestand Mrs. Paulina Barnett, so als ob eine Ahnung sie dahin zöge, auf ihrem Gedanken, und wie man bald sehen wird, zum größten Glücke. Dieser Umweg konnte übrigens die ganze Dauer des Ausflugs nur um eine halbe Stunde verlängern.
    Die beiden Frauen erhoben sich also und gingen auf das Cap Eskimo zu.
    Noch hatten sie jedoch keine Viertelmeile zurückgelegt, als die Reisende plötzlich stehen blieb, und Madge sehr regelmäßige Fußspuren zeigte, welche scharf im Schnee abgedrückt waren. Dieselben mußten ganz neuerdings hinterlassen und höchstens neun bis zehn Stunden alt sein, denn im anderen Falle hätte sie der zuletzt gefallene Schnee unzweifelhaft wieder überdeckt.
    »Was für ein Thier ist hier vorbei gekommen? fragte Madge.
    – Das ist kein Thier gewesen, verbesserte Mrs. Paulina Barnett und beugte sich nieder, um die Eindrücke besser zu sehen, denn ein solches hinterläßt ganz anders gestaltete Spuren. Sieh, Madge, diese hier stimmen alle mit einander überein, und man ist versucht, sie einem menschlichen Fuße zuzuschreiben.
    – Wer könnte aber hierher gekommen sein? antwortete Madge. Weder ein Soldat, noch eine der Frauen hat das Fort verlassen, und da wir uns auf einer Insel befinden … Nein, Du mußt Dich täuschen, meine Tochter.
    Zum Ueberfluß laß uns diesen Spuren nachgehen und sehen, wohin sie führen.«
    Die beiden Frauen setzten ihren Weg fort, und achteten aufmerksam auf die Fußtapfen im Schnee.
    »Halt … sieh hier, Madge, begann die Reisende, indem sie ihre Begleiterin zurückhielt, und sage selbst, ob ich mich irrte.«
    Neben den Fußspuren sah man an einer Stelle, wo der Schnee durch einen schweren Körper zusammengedrückt war, sehr deutlich den Abdruck einer Menschenhand.
    »Die Hand einer Frau oder eines Kindes! rief Madge aus.
    – Ja, bestätigte Mrs. Barnett, hier ist ein Kind oder eine Frau erschöpft, leidend und kraftlos umgesunken … Dann hat sich das arme Wesen wieder aufgerafft und seinen Weg fortgesetzt … Sieh, dort führt die Spur weiter … Dort ist es auch wiederholt hingefallen! …
    – Aber wer? Wer? forschte Madge.
    – Weiß ich’s? erwiderte Mrs. Paulina Barnett. Vielleicht irgend ein Unglücklicher, der so wie wir seit drei bis vier Monaten auf dieser Insel abgesperrt ist. Vielleicht ein Schiffbrüchiger, den der Sturm an diese Küste warf … Denk’ an das Licht und den Schrei, von denen Lieutenant Hobson und Sergeant Long uns berichteten! … Komm, komm, meine Madge, vielleicht gilt es, einen Unglücklichen zu retten! …«
    Mrs. Paulina Barnett zog ihre Gefährtin mit sich fort und folgte eilend dem im Schnee vorgezeichneten Schmerzenspfade, auf welchem sich bald Blutstropfen fanden.
    »Einen Unglücklichen zu retten!« hatte die theilnehmende, muthige Frau gesagt. Vergaß sie wohl in diesem Augenblicke gänzlich, daß auf dieser vom Wasser halb zersetzten Insel, deren Untergang im Oceane früher oder später bevorstand, weder für einen Anderen,

Weitere Kostenlose Bücher