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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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glückte ihm ja vortrefflich, und trotz des überstandenen rauhen Winters erfreute sich die kleine Colonie der besten Gesundheit. Keine Uneinigkeit herrschte unter seinen Leuten, welche sich alle ihrer Aufgabe mit lobenswerthem Eifer hingaben. Die Umgegend war voll Wild, die Beute an Pelzfellen überreich, und die Compagnie konnte mit den von ihrem Agenten erzielten Erfolgen gewiß zufrieden sein. Selbst angenommen, daß Fort-Esperance nicht mit neuem Proviant versehen wurde, bot ja das Land so ergiebige Hilfsquellen, daß einer zweiten Ueberwinterung ohne große Besorgniß entgegen zu sehen war. Weshalb fehlte also dem Lieutenant Hobson das Zutrauen?
    Mehr als einmal kam er mit Mrs. Paulina Barnett hierüber in’s Gespräch. Die Reisende suchte ihn durch Vorführung der oben dargelegten Gründe zu beruhigen. Als sie jetzt mit ihm am Ufer spazieren ging, trat sie mit ganz besonderem Eifer für Cap Bathurst und die mit so großer Mühe gegründete Factorei ein.
    »Ja, Madame, Sie haben Recht, erwiderte Jasper Hobson, aber seiner Ahnungen ist man nicht immer Herr. Ich bin gewiß kein Schwarzseher. Hundert Mal in meinem Leben habe ich mich als Soldat in den kritischsten Lagen befunden, ohne daß es mich nur gerührt hätte. Jetzt zum ersten Male ängstigt mich die Zukunft! Hätte ich eine bestimmte Gefahr vor mir – ich würde sie nicht fürchten. Aber eine unklare, unbestimmte, die ich nur vorausfühlen kann …
    – Aber welche Gefahr, fragte Mrs. Paulina Barnett, und was fürchten Sie, die Menschen, die Thiere oder die Elemente?
    – Die Thiere? Keineswegs, antwortete der Lieutenant, sie haben vielmehr die Jäger des Cap Bathurst zu fürchten. Die Menschen? Nein. Diese Gegenden werden kaum von Eskimos besucht, und Indianer verirren sich nur selten hierher …
    – Und dazu bemerke ich Ihnen, Herr Hobson, setzte Mrs. Paulina Barnett hinzu, daß diese Canadier, deren Besuch Sie in der guten Jahreszeit in gewisser Hinsicht zu fürchten gehabt hätten, nicht ein Mal gekommen sind …
    – Was ich sehr bedauere, Madame!
    – Wie? Sie bedauern diese Concurrenten der Compagnie, welche ihr doch stets feindlich gegenüber stehen?
    – Madame, entgegnete der Lieutenant, ich bedauere sie und bedauere sie auch nicht. Es ist das etwas schwierig zu erklären. Wollen Sie beachten, daß von Fort-Reliance eine Sendung ankommen sollte und das doch nicht geschehen ist. Dasselbe ist mit den Agenten der Pelzwaaren-Compagnie von St. Louis der Fall, welche wohl hierher kommen konnten, aber nicht gekommen sind. Nicht einmal ein einziger Eskimo hat in diesem Sommer den Küstenstrich besucht …
    – Und daraus schließen Sie, Herr Hobson? …
    – Daß man nach Cap Bathurst und Fort-Esperance nicht ›so leicht‹ gelangen könne, Madame, als es mir wünschenswerth wäre.«
    Die Reisende blickte Lieutenant Hobson an, dessen Stirn sehr sorgenvoll erschien, und der das Wort »leicht« so auffallend betont hatte.
    »Nun, Lieutenant Hobson, sagte sie, da Sie weder von Seiten der Thiere, noch von der der Menschen etwas befürchten, muß ich glauben, daß es die Elemente sind …
    – Madame, fiel Lieutenant Hobson ein, ich weiß nicht, ob meine Sinne befangen sind und meine Nerven mich blind machen; mir erscheint aber dieses Land im Grunde sonderbar. Kannte ich es vorher besser, ich glaube nicht, daß ich mich daselbst niedergelassen hätte. Einige Eigenthümlichkeiten, die mir unerklärlich geblieben sind, habe ich Ihnen schon mitgetheilt, wie das vollkommene Fehlen von Steinen auf dem ganzen Gebiete und das so glatt abgeschnittene Küstengebiet. Die Urformation dieses Winkels des Festlandes ist mir nicht ganz klar. Wohl weiß ich, daß die Nachbarschaft eines Vulkanes gewisse Erscheinungen im Gefolge haben kann … Sie erinnern sich z.B., was ich Ihnen in Bezug auf Ebbe und Fluth gesagt habe –
    – Vollkommen, Herr Hobson.
    – Da, wo das Meer nach den Untersuchungen Derjenigen, welche diese Gebiete zuerst durchforscht haben, fünfzehn bis zwanzig Fuß hoch steigen sollte, steigt es in Wirklichkeit kaum einen Fuß!
    – Ja wohl, erwiderte Mrs. Paulina Barnett, das erklärten Sie aber als eine Folge der sonderbaren Configuration des Landes, der Enge der Meerstraßen …
    – Ich versuchte es zu erklären, das ist richtiger, antwortete Lieutenant Hobson; gestern aber habe ich eine noch weit unerklärbarere Erscheinung beobachtet, eine Erscheinung, welche wohl auch die größten Gelehrten nicht zu deuten vermöchten.«
    Mrs. Barnett sah Jasper

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