Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell
Gesicht geschrieben, während er mit dem Gewicht des Hengstes rang, fürchtete sich, das tote Fleisch nur zu berühren, fürchtete jedoch auch, loszulassen. Nur ein Pferd, dachte Dany. Wenn sie Drogos Leben mit dem Tod eines Pferdes erkaufen konnte, wollte sie es tausendmal bezahlen.
Als sie den Hengst fallen ließen, war das Bad dunkelrot und von Drogo nur noch das Gesicht zu sehen. Mirri Maz Duur hatte für den Kadaver keine Verwendung. »Verbrennt ihn«, sagte Dany. So tat man es gewöhnlich, das wusste sie. Wenn ein Mann starb, tötete man sein Pferd und legte es unter ihm auf den Scheiterhaufen, damit es ihn in die Länder der Nacht trug. Die anderen Männer ihres Khas zerrten den Kadaver aus dem Zelt. Alles war voller Blut. Selbst
die seidenen Wände waren rot gefleckt, und die Teppiche schwarz und feucht.
Kohlenpfannen wurden angezündet. Mirri Maz Duur warf rotes Pulver in die Kohlen. Es verlieh dem Rauch einen würzigen Geruch, einen angenehmen Duft, aber Eroeh floh schluchzend, und Dany war von Angst erfüllt. Nur war sie bereits zu weit gegangen, als dass sie noch zurückkonnte. Sie schickte ihre Dienerinnen fort. »Geht mit ihnen, Silberdame«, erklärte Mirri Maz Duur.
»Ich bleibe«, sagte Dany. »Der Mann hat mich unter den Sternen genommen und dem Kind in meinem Leib Leben geschenkt. Ich werde ihn nicht allein lassen.«
»Ihr müsst. Wenn ich zu singen beginne, darf niemand das Zelt betreten. Mein Lied wird alte und neue Mächte wecken. Die Toten werden heute Abend hier tanzen. Kein Lebender darf sie erschauen.«
Dany verneigte sich hilflos. »Niemand wird das Zelt betreten. « Sie beugte sich über die Wanne, über Drogo in seinem Blutbad und küsste ihn zart auf die Stirn. »Bring ihn mir zurück«, flüsterte sie Mirri Maz Duur zu, bevor sie entfloh.
Draußen stand die Sonne tief am Horizont, der Himmel von schmerzlichem Rot. Das Khalasar hatte sein Lager aufgeschlagen. So weit das Auge reichte, verteilten sich Zelte und Schlafmatten. Heißer Wind wehte. Jhogo und Aggo gruben ein Loch, um den toten Hengst zu verbrennen. Eine Menge hatte sich versammelt und starrte Dany mit harten Blicken an, die Gesichter unbewegt wie Masken aus gehämmertem Kupfer. Sie sah Ser Jorah Mormont in Kettenhemd und Leder, mit Schweiß auf seiner breiten, kahlen Stirn. Er schob sich durch die Dothraki an Danys Seite. Als er die roten Fußabdrücke bemerkte, die ihre Stiefel am Boden hinterließen, schien alle Farbe aus seinem Gesicht zu weichen. »Was habt Ihr getan, kleine Närrin?«, fragte er heiser.
»Ich musste ihn retten.«
»Wir hätten fliehen können«, sagte er. »Ich hätte Euch sicher nach Asshai gebracht, Prinzessin. Es gab keinen Grund …«
»Bin ich wirklich Eure Prinzessin?«, fragte sie ihn.
»Ihr wisst, dass Ihr es seid. Mögen uns die Götter beistehen. «
»Dann helft mir jetzt.«
Ser Jorah verzog das Gesicht. »Das würde ich, wenn ich nur wüsste, wie.«
Mirri Maz Duurs Stimme wurde zu einem hohen, wehklagenden Geheul, das Dany einen Schauer über den Rücken schickte. Das Zelt erstrahlte vom Licht der Kohlenpfannen. Durch blutbespritzte Seidenwände erkannte sie Schatten, die sich bewegten.
Mirri Maz Duur tanzte, und das nicht allein.
Dany sah nackte Angst auf den Gesichtern der Dothraki. »Das darf nicht sein«, brüllte Qotho.
Sie hatte nicht gesehen, dass der Blutreiter gekommen war. Haggo und Cohollo waren bei ihm. Sie hatten die haarlosen Männer mitgebracht, Eunuchen, die mit Messer und Nadel und Feuer heilten.
»Es wird sein«, erwiderte Dany.
»Maegi«, knurrte Haggo. Und der alte Cohollo – Cohollo, der sein Leben bei Drogos Geburt an ihn gebunden hatte, Cohollo, der immer gut zu ihr gewesen war – Cohollo spuckte ihr ins Gesicht.
»Du wirst sterben, Maegi«, versprach Qotho, »aber die andere muss vorher sterben.« Er zog sein Arakh und stürmte dem Zelt entgegen.
»Nein«, rief sie, »das dürft Ihr nicht.« Sie hielt ihn an der Schulter fest, doch Qotho stieß sie zur Seite. Dany fiel auf die Knie und umschlang ihren Bauch, um das Kind darin zu schützen. »Haltet ihn auf«, befahl sie ihrem Khas, »tötet ihn.«
Rakharo und Quaro standen neben dem Zelteingang. Quaro trat einen Schritt vor, langte nach dem Griff seiner Peitsche, doch anmutig wie ein Tänzer fuhr Qotho herum, und sein krummes Arakh hob sich. Er traf Quaro tief unter dem Arm, der helle, scharfe Stahl ging durch Leder und Haut, durch Muskeln und Rippenknochen. Blut sprudelte, als der junge Reiter
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