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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Tränen.
    »Ihr solltet nicht dauernd heulen«, erklärte Joffrey. »Ihr seid hübscher, wenn Ihr lacht und lächelt.«
    Sansa zwang sich zum Lächeln, fürchtete, Ser Meryn würde sie wieder schlagen, wenn sie es nicht täte, doch nützte es nichts, der König schüttelte den Kopf. »Wischt Euch das Blut ab, Ihr seid ganz schmutzig.«
    Die äußere Balustrade reichte bis an ihr Kinn, doch an der Innenseite des Ganges war nichts, nur ein langer Weg von siebzig, achtzig Fuß bis in den Hof hinunter. Nur ein kleiner Stoß war nötig, sagte sie sich. Er stand genau da, genau richtig, grinste sie höhnisch mit seinen feisten Wurmlippen an. Du könntest es tun, sagte sie sich. Du könntest es. Tu es gleich jetzt. Es wäre sogar ganz egal, wenn sie mit ihm zusammen hinunterstürzte. Es war ihr vollkommen egal.
    »Hier, Mädchen.« Sandor Clegane kniete vor ihr, zwischen ihr und Joffrey. Mit einem Zartgefühl, das bei einem derart großen Mann nur überraschen konnte, tupfte er das Blut von ihrer aufgeplatzten Lippe.
    Der Augenblick war vorüber. Sansa senkte den Blick. »Danke«, sagte sie, als er fertig war. Sie war ein braves Mädchen und wusste sich stets zu benehmen.

DAENERYS
    Flügel überschatteten ihre Fieberträume.
    »Du willst doch nicht den Drachen wecken, oder?«
    Sie lief einen langen Gang unter hohen Steinbögen entlang. Sie konnte sich nicht umsehen, durfte sich nicht umsehen. Vor ihr befand sich eine Tür, aus der Ferne winzig, aber selbst von weitem sah sie, dass sie rot gestrichen war. Sie ging schneller, und ihre nackten Füße ließen blutige Abdrücke auf dem Stein zurück.
    »Du willst doch nicht den Drachen wecken, oder?«
    Sie sah das Licht der Sonne auf dem Dothrakischen Meer, dieser lebenden Ebene voller Gerüche von Erde und Tod. Wind verwehte die Gräser, und sie wogten wie Wasser. Drogo hielt sie in starken Armen, und seine Hand streichelte ihr Geschlecht und öffnete sie und weckte diese süße Feuchte, die ihm allein gehörte, und die Sterne lächelten auf sie herab, Sterne am Himmel voller Tageslicht. »Heimat«, flüsterte sie, als er in sie eindrang und ihr seinen Samen gab, doch plötzlich waren die Sterne verschwunden, große Schwingen zogen über den blauen Himmel, und die Welt stand in Flammen.
    »… willst doch nicht den Drachen wecken, oder?«
    Ser Jorahs Miene war ausgezehrt und voller Trauer. »Rhaegar war der letzte Drache«, erklärte er ihr. Er wärmte durchscheinende Hände über einer glühenden Kohlenpfanne, in der steinerne Eier, rot wie Kohlen, glühten. Im einen Augenblick war er noch da, im nächsten verblasste er
schon, seine Haut farblos, weniger ein Körper noch als der Wind. »Der letzte Drache«, flüsterte er und war schon nicht mehr da. Sie spürte die Finsternis in ihrem Rücken, und die rote Tür schien weiter fort als je zuvor.
    »… willst doch nicht den Drachen wecken, oder?«
    Viserys stand schreiend vor ihr. »Der Drache bittet nicht, Hure. Man gibt dem Drachen keine Befehle. Ich bin der Drache, und ich werde gekrönt.« Das geschmolzene Gold tropfte wie Wachs an seinem Gesicht herab, brannte tiefe Furchen in seine Haut. »Ich bin der Drache, und ich werde gekrönt!« , kreischte er, und seine Finger schnappten wie Schlangen, bissen nach ihren Brustwarzen, kniffen, drehten, während seine Augen platzten und wie Gelee über schwarze, versengte Wangen liefen.
    »… willst doch nicht den Drachen wecken …«
    Die rote Tür lag so weit vor ihr, und sie konnte spüren, wie der eisige Atem hinter ihr sie einholte. Wenn er sie fing, würde sie eines Todes sterben, der mehr war als der Tod, und auf ewig in der Finsternis heulen. Sie fing an zu rennen.
    »… willst doch nicht den Drachen wecken …«
    Sie konnte die Hitze in sich spüren, ein schreckliches Brennen in ihrem Schoß. Ihr Sohn war groß und stolz, besaß Drogos Kupferhaut und ihr weißgoldenes Haar, die veilchenblauen Augen waren wie Mandeln geformt. Und er lächelte sie an und hob die Hand der ihren entgegen, doch als er den Mund öffnete, schoss Feuer hervor. Sie sah, wie ihm das Herz durch seine Brust brannte, und einen Augenblick später war er verschwunden, versengt wie eine Motte im Kerzenlicht, zu Asche verbrannt. Sie weinte um ihr Kind, um das Versprechen eines süßen Mundes an ihrer Brust, doch ihre Tränen wurden zu Dampf, wenn sie ihre Haut berührten.
    »… willst den Drachen wecken …«

    Geister säumten den Korridor, bekleidet mit verblassten Gewändern von Königen. In ihren

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