Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell
Mal das Bett teilten, rief er mich beim Namen Eurer Schwester. Er war auf mir, in mir, stank nach Wein und flüsterte Lyanna.«
Ned dachte an hellblaue Rosen, und für einen Augenblick hätte er weinen können. »Ich weiß nicht, wen von Euch beiden ich mehr bedauern soll.«
Das schien die Königin zu amüsieren. »Spart Euer Mitleid für Euch selbst, Lord Stark. Davon will ich nichts.«
»Ihr wisst, was ich tun muss.«
»Ihr müsst?« Sie legte ihre Hand auf sein gesundes Bein, kurz über dem Knie. »Ein echter Mann tut, was er will, nicht, was er muss.« Ihre Finger strichen leicht über seinen Oberschenkel – ein zärtliches Versprechen. »Das Reich braucht eine starke Hand. Es wird noch dauern, bis Joff das
rechte Alter erreicht hat. Niemand will den Krieg, ich am allerwenigsten.« Ihre Hand strich über sein Gesicht, sein Haar. »Wenn Freunde zu Feinden werden können, können auch Feinde zu Freunden werden. Deine Frau ist tausend Wegstunden von hier entfernt, und mein Bruder ist geflohen. Sei gut zu mir, Ned. Ich schwöre dir, du wirst es nie bereuen.«
»Habt Ihr Lord Arryn dasselbe Angebot unterbreitet?«
Sie schlug ihm ins Gesicht.
»Ich werde es als Ehrenzeichen tragen«, sagte Ned trocken.
»Ehre«, fuhr sie ihn an. »Wie könnt Ihr es wagen, mir den edlen Lord vorzuspielen! Wofür haltet Ihr mich? Ihr habt selbst einen Bastard, ich habe ihn gesehen. Ich frage mich, wer die Mutter war. Irgendeine dornische Bäuerin, die Ihr vergewaltigt habt, während ihre Festung niederbrannte? Eine Hure? Oder war es die trauernde Schwester, die Lady Ashara? Sie hat sich ins Meer gestürzt, wie man mir sagte. Wieso das? Wegen des Bruders, den Ihr erschlagen habt, oder wegen des Kindes, das Ihr mitnahmt? Verratet mir, mein ehrenhafter Lord Eddard, worin unterscheidet Ihr Euch so sehr von Robert oder mir oder Jaime?«
»Vor allem«, sagte Ned, »töte ich keine Kinder. Ihr tätet gut daran, mir zuzuhören, Mylady. Ich werde es nur einmal sagen. Wenn der König von der Jagd heimkehrt, beabsichtige ich, ihm die Wahrheit zu unterbreiten. Bis dahin müsst Ihr fort sein. Ihr und Eure Kinder, alle drei, und nicht nach Casterlystein. Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich ein Schiff zu den Freien Städten nehmen oder sogar noch weiter zu den Sommerinseln oder zum Hafen von Ibben. So weit Euch der Wind treibt.«
»Verbannung«, sagte sie. »Ein bitterer Trunk.«
»Ein süßerer Trunk als der, den Euer Vater Rhaegars Kinder kosten ließ«, sagte Ned, »und besser, als Ihr verdient
hättet. Euer Vater und Eure Brüder täten gut daran, mit Euch zu gehen. Lord Tywins Gold wird für Eure Bequemlichkeit und für Streiter sorgen, damit Ihr sicher seid. Ihr werdet sie brauchen. Ich verspreche Euch, wohin Ihr auch fliehen mögt, Roberts Rache wird Euch verfolgen bis ans Ende der Welt, wenn es sein muss.«
Die Königin erhob sich. »Und was ist mit meiner Rache, Lord Stark?«, fragte sie sanft. Ihr Blick suchte in seinem Gesicht nach etwas. »Ihr hättet das Reich selbst an Euch reißen sollen. Es stand Euch zur Verfügung. Jaime hat mir erzählt, dass Ihr ihn auf dem Eisernen Thron habt sitzen sehen, an jenem Tag, als Königsmund fiel, und dass Ihr ihn dazu gezwungen habt, ihn aufzugeben. Das war Euer Augenblick. Ihr hättet nur diese Stufen erklimmen und Euch setzen müssen. Welch trauriger Fehler!«
»Ich habe mehr Fehler begangen, als Ihr Euch auch nur im Entferntesten vorstellen könnt«, sagte Ned, »aber das war keiner.«
»O doch, das war es, Mylord«, beharrte Cersei. »Wenn man das Spiel um Throne spielt, gewinnt man, oder man stirbt. Dazwischen gibt es nichts.«
Sie setzte die Kapuze auf, um ihr geschwollenes Gesicht zu verbergen, und ließ ihn in der Dunkelheit unter der Eiche zurück, in der Stille des Götterhains, unter blauschwarzem Himmel. Die Sterne kamen heraus.
DAENERYS
Das Herz dampfte in der kühlen Abendluft, als Khal Drogo es vor ihr ablegte, roh und blutig. Seine Arme waren bis zu den Ellenbogen rot. Hinter ihm knieten seine Blutreiter im Sand neben dem Kadaver eines wilden Hengstes, steinerne Messer in Händen. Im flackernden Orange des Fackelscheins, der die hohen Kreidewände der Grube umgab, wirkte das Blut des Rosses schwarz.
Dany berührte die weiche Wölbung ihres Bauches. Schweiß perlte auf ihrer Haut und tropfte an der Stirn herab. Sie konnte spüren, dass die alten Frauen sie beobachteten, die alten Weiber von Vaes Dothrak, mit Augen, die wie polierter Feuerstein in ihren faltigen
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