Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
Vom Netzwerk:
hatte. Die Stiefel waren ausgetrocknet und brüchig, das silberblonde Haar matt und verfilzt. Ein Langschwert hing in einer ledernen Scheide an seinem Gürtel. Die Dothraki musterten das Schwert, als er an ihnen vorüberging. Dany hörte, dass sich um sie herum Flüche und Drohungen und wütendes Gemurmel erhoben wie ein Sturm. Die Musik erstarb.
    Furcht schloss sich um ihr Herz. »Geht zu ihm«, befahl sie Ser Jorah. »Haltet ihn auf! Bringt ihn her! Sagt ihm, die Dracheneier gehören ihm, wenn er sie unbedingt haben will.« Eilig erhob sich der Ritter.
    »Wo ist meine Schwester?«, rief Viserys, und seine Stimme war belegt vom Wein. »Ich bin zu ihrem Fest gekommen. Wie könnt Ihr Euch erdreisten, ohne mich zu speisen? Niemand isst, solange der König nicht gegessen hat. Wo ist sie? Die Hure kann sich vor dem Drachen nicht verstecken. «
    Er blieb neben der größten der drei Feuerstellen stehen, sah in die Gesichter der umstehenden Dothraki. Fünftausend
Mann hatten sich in der Halle versammelt, davon war nur eine Hand voll der Gemeinen Zunge mächtig. Aber selbst wenn seine Worte unverständlich sein mochten, musste man ihn nur ansehen, um zu wissen, dass er betrunken war.
    Eilig ging Ser Jorah zu ihm, flüsterte ihm etwas ins Ohr und nahm ihn beim Arm, doch Viserys riss sich los. »Nehmt Eure Hände weg! Niemand rührt ohne Erlaubnis den Drachen an.«
    Ängstlich sah Dany zur Hohen Bank auf. Khal Drogo sagte etwas zu den anderen Khals an seiner Seite. Khal Jommo grinste, und Khal Ogo brach in schallendes Gelächter aus.
    Das Lachen ließ Viserys aufmerken. »Khal Drogo«, sagte er mit belegter Stimme, fast höflich. »Ich bin gekommen, um zu feiern.« Er taumelte von Ser Jorah fort und wollte sich zu den drei Khals auf der Hohen Bank gesellen.
    Khal Drogo erhob sich, spie ein Dutzend Worte auf dothrakisch aus, zu schnell, als dass Dany sie verstehen konnte, und zeigte mit dem Finger zur anderen Seite des Raums. »Khal Drogo sagt, Euer Platz wäre nicht auf der Hohen Bank«, übersetzte Ser Jorah für ihren Bruder. »Khal Drogo sagt, Euer Platz ist hier.«
    Viserys sah, wohin der Khal deutete. Zum anderen Ende der langen Halle, in eine Ecke an der Wand, weit im Schatten, damit die besseren Männer ihren Anblick nicht ertragen mussten, saßen die Geringsten der Geringen: grobe, gemischtrassige Jungen, alte Männer mit umnebelten Augen und steifen Gelenken, die Geistesschwachen und Verkrüppelten. Weit vom Fleisch und weiter noch von der Ehre. »Das ist kein Platz für einen König«, erklärte Danys Bruder.
    »Ist Platz«, antwortete Khal Drogo in der Gemeinen Zunge, die Dany ihn gelehrt hatte, »für König Wundfuß.« Er
klatschte in die Hände. »Eine Karre! Bringt Karre für Khal Rhaggat!«
    Fünftausend Dothraki fingen an zu grölen. Ser Jorah stand neben Viserys, schrie ihm ins Ohr, durch das donnernde Gebrüll in der Halle konnte Dany jedoch nicht verstehen, was er sagte. Ihr Bruder schrie zurück, und die beiden Männer wurden handgreiflich, bis Mormont Viserys zu Boden schlug.
    Der Drache zog sein Schwert.
    Gefährlich rot leuchtete der nackte Stahl im Licht der Feuerstellen. »Haltet Euch fern von mir!« , zischte Viserys. Ser Jorah trat einen Schritt zurück, und ihr Bruder kam wankend auf die Beine. Er schwenkte das Schwert über seinem Kopf, die geliehene Klinge, die Magister Illyrio ihm überlassen hatte, damit er königlicher wirkte. Von allen Seiten schrien ihn Dothraki an, stießen böse Flüche aus.
    Dany gab einen wortlosen Entsetzensschrei von sich. Sie wusste, was ein gezücktes Schwert an diesem Ort bedeutete, auch wenn ihr Bruder sich dessen nicht bewusst war.
    Beim Klang ihrer Stimme drehte sich Viserys um und sah sie zum ersten Mal. »Da ist sie ja«, sagte er lächelnd. Er stakste ihr entgegen, hieb durch die Luft, als kämpfte er sich durch eine Mauer aus Feinden, obwohl niemand versuchte, ihm den Weg zu verstellen.
    »Die Klinge … das darfst du nicht«, flehte sie ihn an. »Bitte, Viserys. Es ist verboten. Steck das Schwert weg, und setz dich mit auf meine Kissen. Hier gibt es zu trinken, zu essen … willst du die Dracheneier? Du kannst sie haben, nur wirf das Schwert weg.«
    »Tut, was sie sagt, Dummkopf«, rief Ser Jorah, »bevor es uns alle das Leben kostet.«
    Viserys lachte. »Sie können uns nicht töten. Sie dürfen in der heiligen Stadt kein Blut vergießen … aber ich darf es.« Er setzte die Spitze seines Schwertes zwischen Daenerys’
Brüste und ließ sie herabgleiten,

Weitere Kostenlose Bücher