Das Magische Labyrinth
den Seinen rein zahlenmäßig überlegen war, befand Burton sich jedoch hauptsächlich auf dem Rückzug. Als man sie schließlich in eine große Waffenkammer trieb, stellte er fest, daß seine Truppe seltsamerweise größer war als zu Beginn der Aktion. Obwohl Burtons Gruppe acht Ausfälle zu beklagen hatte, waren so viele andere Kämpfer zu ihnen gestoßen, daß seine Einheit nun auf dreizehn Männer und zehn Frauen angeschwollen war. Nach allem was er wußte, mußten dies die einzigen Überlebenden von der Rex sein.
Weder die Rexiten noch Clemens’ Männer besaßen noch Munition für ihre Schußwaffen. Von nun an mußte man sich also auf den Stahl verlassen.
Der Gegner zog sich zurück, um seine Wunden zu lecken und neue Kräfte zu sammeln. Außerdem mußten Clemens’ Männer sich beraten. Der Eingang der Waffenkammer war nur zweieinhalb Meter breit. Ihn zu stürmen würde nicht einfach sein.
Burton musterte die Waffenständer und beschloß, sein Entermesser gegen ein Epee auszutauschen. Dabei handelte es sich um einen meterlangen Degen mit einer Klinge von dreieckigem Querschnitt. Die Form seines Handschutzes war genial, aus dem leicht abgerundeten Griff ragten zwei hölzerne Stäbe heraus, die der Hand mehr Halt gaben. Um herauszufinden, wie biegbar die Waffe war, preßte Burton die Degenspitze gegen einen Holzbalken und gab ein wenig Druck. Die Degenklinge bog sich zu einem Halbkreis und federte, als er den Druck wegnahm, in eine gerade Linie zurück.
Die Luft in der Waffenkammer roch nach Schweiß und Blut. Es war überraschend heiß. Burton legte seinen Panzer ab, behielt nur den Helm auf dem Kopf und drängte die anderen, es ihm gleichzutun. Befehlen konnte er es ihnen nicht.
»Wenn wir an Deck kommen«, sagte er, »haben wir vielleicht nicht mehr die Zeit dazu, uns das ganze Zeug vom Leib zu streifen. Sobald wir im Freien sind, müssen wir uns sofort ins Wasser stürzen. Es ist besser, wenn wir das Zeug jetzt ausziehen. Im Wasser dürfte das nicht so einfach sein.«
Eine der Frauen war die liebliche Aphra Behn. Jetzt sah sie allerdings weniger lieblich aus. Der Pulverdampf hatte ihr Gesicht verschmiert; Schweiß und Blut hatten sie mit Striemen gezeichnet. Ihre Augen waren vom Pulver gerötet und vor Erschöpfung stumpf. Eins ihrer Lider zuckte. »Das Schiff scheint zu sinken«, sagte sie. »Wenn wir nicht bald von hier verschwinden, werden wir ertrinken.«
Obwohl sie aussah, als sei sie einem hysterischen Anfall nahe, klang ihre Stimme – den Umständen entsprechend – gelassen.
»Jaaa«, sagte Burton schleppend, »das weiß ich.« Er dachte einen Augenblick lang nach. Sie befanden sich hier auf dem B-Deck. Das A-Deck stand vermutlich schon unter Wasser. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis auch hier der große Aufwasch stattfand.
Er näherte sich dem Schott und schaute um die Ecke. Die Korridorbeleuchtung funktionierte immer noch. Da der Batacitor sie mit Strom versorgte, gab es für sie auch keinen Grund, zu erlöschen. Der Apparat würde sogar noch unter Wasser funktionieren.
Draußen auf dem Gang war keine lebende Seele zu erblicken. Anscheinend hatte der Feind sich in den umliegenden Räumen verschanzt und wartete auf einen Ausfall der Rexiten.
»Hier spricht Hauptmann Gwalchgwynn von den Bordtruppen der Rex!« rief Burton laut. »Ich möchte mit eurem Anführer sprechen!«
Niemand antwortete. Burton wiederholte seinen Spruch, dann trat er auf den Korridor hinaus. Er konnte nicht erkennen, ob sich jemand in der Umgebung der Waffenkammer aufhielt.
Hatte der Gegner sich aus den Gängen zurückgezogen? Wollte er den Rexiten eine Falle stellen?
Erst dann sah er das auf ihn zufließende Wasser. Es war nur eine dünne Lache, aber bald würde sie sich verbreitern.
»Sagt den anderen, sie sollen herauskommen!« rief Burton den am Eingang der Waffenkammer stehenden Wächtern zu. »Clemens’ Leute sind abgerückt!«
Er brauchte seiner Truppe nicht zu erklären, was passiert war. Das Wasser war schließlich nicht unsichtbar.
»Rette sich, wer kann!« sagte er. »Versucht das Ufer zu erreichen! Ich werde später wieder zu euch stoßen.«
Er begleitete seine Leute bis an die Reling, verabschiedete sich von ihnen und wünschte ihnen Glück.
»Dick«, sagte Aphra, »warum bleibst du hier?«
»Ich muß Alice suchen.«
»Aber wenn das Schiff von einer Sekunde auf die andere untergeht, sitzt du in der Falle.«
»Ich weiß.«
Burton wartete nicht, bis Aphra über Bord sprang. Er machte sich
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