Das Mönchskraut
sich fast lautlos auf dem Wiesenweg näherten.
Vor der Hüttentür stieg Cadfael ab, und Simon kam aufgeregt aus der Hütte gelaufen, um ihn zu begrüßen - ein dünner, sehniger Mönch mit zerzaustem Haar, etwa vierzig Jahre alt und immer noch unbeholfen wie ein Kind, wenn irgendwelche Probleme auftauchten, die nichts mit seinen Schafen zu tun hatten. Die Schafe kannte er so gut wie Mütter ihre Kinder, aber Bruder Barnabas' Krankheit hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Er umklammerte Cadfaels Hände, schüttelte sie in inniger Dankbarkeit und war unendlich erleichtert, weil er nicht mehr mit seinem Patienten allein war.
»Es hat ihn schlimm erwischt, Cadfael, und bei jedem Atemzug hört man seine Herzklappen rascheln, und das hört sich furchtbar an - genauso, als würde man im Herbst über welkes Laub gehen. Ich habe ihn heftig schwitzen lassen, aber ich krieg's einfach nicht raus aus ihm. Ich habe mein Bestes getan ...«
»Wir werden's noch mal versuchen«, sagte Cadfael besänftigend und trat in die dunkle, nach Holz duftende Hütte.
Drinnen war es angenehm warm und trocken. Holz ist die beste Waffe gegen das Wetter, wenn man keine Feuersbrunst fürchten muß - und dazu bestand in dieser einsamen Gegend kein Grund. Der Raum war spärlich, aber ausreichend eingerichtet. Im Nebenzimmer lag Bruder Barnabas auf seinem Bett, weder schlafend noch wachend, sondern in einem qualvollen Dämmerzustand. Mit jedem Atemzug rang sich ein raschelndes Geräusch aus seiner Brust, so wie es Simon geschildert hatte. Seine Stirn war heiß und trocken, der Blick der halb geöffneten Augen trüb und leer. Der große, muskulöse Mann besaß genügend Kraftreserven, um gegen die Krankheit anzukämpfen - man mußte ihm dabei nur ein wenig helfen.
Cadfael nahm seinen Ranzen von den Schultern und Öffnete ihn am Fuß des Bettes. »Kümmere dich um deine Schafe und überlaß ihn mir, Simon.«
»Soll ich dir irgendwas bringen?« fragte Simon besorgt.
»Heißes Wasser, einen Lappen und einen Becher - das ist alles. Wenn ich sonst noch was brauche, werde ich's schon finden.«
Glücklicherweise wurde er beim Wort genommen. Bruder Simon glaubte in kindlicher Zuversicht an alle Menschen, die geheimnisvolle Fähigkeiten besaßen. Cadfael verarztete Barnabas den ganzen Abend lang, im Schein einer Kerze, die Simon entzündet hatte, nachdem das Tageslicht erloschen war.
Ein heißer Stein, in walisischen Flanell gewickelt, wärmte die Füße des Kranken. Cadfael hatte ihm die Brust und den Hals mit einer Salbe aus Gänseschmalz, Senf und anderen hitzefördernden Kräutern eingerieben und dann den Oberkörper ebenfalls in Flanell gehüllt. Auf der trockenen Stirn lag ein kühler Lappen. Später flößte er Barnabas ein scharf gewürztes, heißes Getränk aus Borretsch und anderen Kräutern ein, die das Fieber steigern sollten. Barnabas' verkrampfter Körper hatte sich entspannt, er konnte leichter atmen, und schluckte die Medizin willig und geduldig. Er schlief unruhig, und mitten in der Nacht brach ihm der Schweiß aus, durchtränkte das Bett wie ein Regenschauer. Als das Schlimmste überstanden war, hoben die beiden fürsorglichen Krankenpfleger den Patienten hoch, zogen das nasse Leintuch unter ihm weg, breiteten ein frisches über das Bett, wickelten ihn in ein zweites und deckten ihn wieder warm zu.
»Geh jetzt schlafen«, sagte Cadfael. »Er ist auf dem Wege der Besserung. Im Morgengrauen wird er mit einem Bärenhunger aufwachen.«
Er irrte sich um ein paar Stunden, denn Bruder Barnabas war in einen tiefen Schlaf gefallen und schlummerte bis mittags.
Als er die Augen aufschlug, war sein Blick klar, sein Atem ging ruhig und gleichmäßig, aber er fühlte sich so schwach wie ein neugeborenes Lamm.
»Das macht nichts«, meinte Cadfael fröhlich. »Selbst wenn du schon aufstehen könntest, würden wir dich in den nächsten Tagen nicht rauslassen. Sieh zu, daß du erst mal ganz gesund wirst, und genieße die Mußestunden. Wir zwei kommen schon zurecht mit deinen Schafen.«
Diesen Rat befolgte Bruder Barnabas nur zu gern. Anfangs aß er nur zögernd, denn das Fieber hatte seinen Geschmackssinn stark beeinträchtigt, aber allmählich fand er wieder Freude an seinen Mahlzeiten, und sein Appetit verwandelte sich in einen wahren Heißhunger.
»Ein gutes Zeichen!« rief Cadfael. »Ein Mann, der herzhaft ißt und auch noch Spaß dran hat, wird sich bald von seinem Krankenlager erheben.« Sie ließen den Patienten wieder schlafen, gingen
Weitere Kostenlose Bücher