Das Mysterium der Zeit
hatte den ganzen Rest Wein getrunken und in den Fluten des Bacchustranks jede Beherrschung über seine Triebe verloren. Mazarins Bibliothekar war wie die Neger in Afrika, die Wein nicht vertragen, aber sehr lieben.
Von der armen Frau war nur ein verzweifelter, leise gewimmerter Hilferuf zu hören. Hoffte der falsche Barbello davonzukommen, ohne dass die anderen erwachten? Natürlich fürchtete sie deine Reaktion, wenn du durch Naudé von ihrer heimlichen Zusammenkunft mit Malagigi hören würdest und vielleicht auch von den anderen, die Naudé offenbar erraten hatte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Natürlich war mir nicht daran gelegen, diesem Weib den sodomitischen Angriff zu ersparen, im Gegenteil, das würde ihr eine Lehre sein, alle aufzureizen und sich allen hinzugeben. Hatte dieses verderbliche Geschöpf |573| nicht ebensolche Gewalt bei mir angewandt? Sie hatte meinen Schlaf genutzt und die Lust genossen, welche ich meiner Gemahlin zu spenden glaubte. Aber was würde geschehen, wenn Barbara am Ende doch um Hilfe schreien würde?
Der Päderast gewann unterdessen die Oberhand über sein Opfer, nachdem er fieberhaft an den Bändern von Barbellos Unterhose genestelt hatte. Ich bebte vor Angst, dass der Bibliothekar Barbellos wahres Geschlecht entdecken würde.
»Und weg mit diesem lächerlichen Sack, den du immer mit dir herumschleppst«, grunzte er, an dem Schulterriemen zerrend.
Der falsche Barbello hob den Kopf, so hoch wie Naudés fester Griff es gestattete, und ließ sich den Sack widerstandslos abnehmen.
»So ein Zeug mit sich herumzutragen, igitt!«, bemerkte der Angreifer und schleuderte den Sack in eine Ecke der Küche.
»Seid vorsichtig!«, flehte die Sängerin, den Flug des Sacks mit ängstlichen Blicken verfolgend.
»Keine Angst, mein schöner Jüngling, ich werde vorsichtig sein. Mit dir!« Lachend beugte er sich über sein Opfer.
Während der folgenden, abstoßenden Verrichtungen dachte ich abermals über Naudés Worte nach. Er hatte den unergründlichen Inhalt des Gepäcks, mit dem Barbara sich gen Frankreich eingeschifft hatte, bissig kommentiert. Was der Sack enthielt, schien Naudés Spott oder Verachtung zu erregen. Naudé wusste also etwas über Barbaras angebliche Mission, schien jedoch andererseits wirklich in Unkenntnis über die weibliche Identität des falschen Kastraten.
Was zum Teufel war noch in diesem Sack außer schäbigen Fetzen ausgetrockneten Leders? Vielleicht war es etwas sehr Kleines und Kostbares, das weder ich noch die Korsaren bemerkt hatten? Dann hätte die venezianische Sängerin klüger daran getan, es an ihrem Körper zu verstecken, statt immer mit diesem Schultersack herumzulaufen, den sie mal über, mal unter den Kleidern trug. Wieder endeten meine Überlegungen in einer Sackgasse.
Unterdessen schritt Naudé mit seiner erotischen Erkundung
a tergo
voran. Zum Glück erwartete er sich Lust von den Hinterbacken eines Kastraten, hatte also noch nichts Ungewöhnliches entdeckt. Doch was würde geschehen, wenn seine Hände sich tiefer in jene dunklen Höhlen vortasteten, in die das leichtfertige Weib mit einem frechen Hüftstoß meine Finger eingeführt hatte? Wie würde der Päderast Naudé es |574| verkraften, wenn er gewahrte, dass er eine Frau erkannte? Vielleicht hätte er gar nichts dagegen, wer weiß.
Doch wenn nicht Barbara, sondern Barbello zum Singen in Paris erwartet wurde, vorausgesetzt wir kamen endlich heil und gesund dort an, wie würde sie sich weiterhin verstellen können, wenn Mazarins Bibliothekar persönlich ihr wahres Geschlecht auf diese unmissverständliche Weise entdeckt hatte? Und welche Folgen würde dies für deine Zukunft haben, mein lieber Atto?
»Machst du nun mit oder muss ich mir selbst einen Weg bahnen?«, kicherte der fluchwürdige Päderast und begann zur Demonstration mit rhythmischen Angriffen auf die nackten Hinterbacken der unglücklichen Frau.
»Na gut«, gab die Arme endlich nach, »aber nimm mich nicht so.« Mit diesen Worten drehte sie sich um, zog ihn zu sich heran und umklammerte ihn mit einem langen Kuss.
Naudé stieß einen betrunkenen, mit lächerlichen Juchzern gewürzten Seufzer aus. Nun ergriffen die Hände des falschen Kastraten flink sein Glied. Ich schrak zusammen: einen Augenblick lang befürchtete ich eine grässliche Rache der verkleideten Frau, doch ich irrte mich. Sie hatte beschlossen, dass es das Klügste war, den Päderasten auf andere Weise zu befriedigen, um sich der entwürdigenden Stellung
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