Das Nazaret-Projekt
seine Spione sind ausgesandt und werden diesen Nathan Brock und seine Ausgeburt der Hölle mit Sicherheit bald aufgespürt haben. Es wurde mir versichert, dass wir unverzüglich davon unterrichtet würden! Warum sollte man uns diese letzte Information auch vorenthalten? Niemand kann uns außerdem daran hindern, selbst noch weitergehende Nachforschungen anzustellen und sofort entschlossen zu handeln! Dieser Nathan Brock lebt nicht im luftleeren Raum, er hat schließlich eine verwundbare Familie und er besitzt ein weltliches, angreifbares Königreich, ein weit verzweigtes Firmenimperium, mit dessen Zerstörung wir unverzüglich beginnen können! Was wollt ihr noch mehr?«
Das anschließende Palaver der Stammesfürsten, Feldherren, Scheichs und Mullahs dauerte dann noch bis weit in die mondhelle Nacht hinein und endete mit einer erstaunlich demokratischen Aktion, einer korrekten Abstimmung, durch die Attabek Zenghi mit überzeugender Mehrheit zum Koordinator und Vollstrecker des von Allah dringlich befohlenen und abgesegneten Rachefeldzuges gegen die neuen Kreuzritter des Abendlandes ernannt wurde.
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Der leitende Direktor der Media-Enterprises-Tochter ›Spirit Media‹ in München hatte etwa zur selben Zeit eine großartige Idee, wie man das anstehende zehnjährige Firmenjubiläum auf eine Weise feiern könnte, die den Rahmen des Üblichen sprengen und nicht nur für die Mitarbeiter ein angenehmes Erlebnis sein würde, sondern auch für die Ehefrau des Konzernchefs und Firmengründers Nathan Brock, die nämlich am gleichen Tag ihren Geburtstag feiern würde und deshalb ihr Kommen zur abendlichen Veranstaltung angekündigt hatte. Besagte Idee hatte ihn ereilt, als er wie jeden Abend im Stau des Berufsverkehrs auf dem Mittleren Ring stecken geblieben war und missmutig aus dem Seitenfenster seines dunkelroten BMW Z 6 ein Plakat am Straßenrand betrachtet hatte. Zunächst einigermaßen unbeteiligt und oberflächlich hatte er da gelesen:
›Versäumen Sie nicht dieses unvergessliche Erlebnis! Nur noch diesen Monat in München zu Gast: Der einmalige Zirkus Belushi aus Tiflis mit seinen sibirischen Königstigern und dem Krieg der Magier!‹
Dabei wäre es wohl auch geblieben, wenn dieses Plakat nicht mehrmals in Abständen von etwa einhundert Metern aufgestellt gewesen wäre, was an einem Werktag gegen achtzehn Uhr auf dieser Straße in etwa der durchschnittlich zurückgelegten Wegstrecke pro Ampelphase entsprach. Aber erst als der BMW zum dritten Mal in Höhe einer solchen Reklametafel zum Halten kam, nahm die Idee im Kopf des Direktors endgültig Gestalt an: Man müsste die Jubiläumsfeier mit dieser Zirkusvorstellung verbinden, und zwar beides unter einem Dach!
»Jawoll, genau das isses!«, hatte der Direktor plötzlich laut zu sich selbst gesagt und vor lauter Begeisterung hätte er um ein Haar das Gaspedal seines rassigen Sportwagens voll durchgetreten, was man im Stau natürlich tunlichst vermeiden sollte!
Gleich am Tag darauf hatte eine renommierte Eventagentur einen entsprechenden Organisationsauftrag erhalten und unverzüglich die Verhandlungen mit dem Zirkusdirektor Adnan Belushi aufgenommen, der sich als aufgeschlossener und experimentierfreudiger Mensch erwiesen hatte, vor allem, nachdem man ihm einen Scheck über eine Summe überreicht hatte, die bedeutend höher ausgefallen war, als die gesamten Einnahmen aus einer restlos ausverkauften Abendvorstellung. Sehr schnell war dann ein kleiner Vertrag abgeschlossen worden und alle Beteiligten hatten sich anschließend riesig gefreut, mit Ausnahme vielleicht der sibirischen Königstiger, die natürlich niemand gefragt hatte.
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Der Abend war bisher glänzend verlaufen und versprach, ein voller Erfolg zu werden. Die wackeren Beleuchter des Zirkusunternehmens hatten allerdings starke Konkurrenz durch die hellen Scheinwerfer der verschiedenen anwesenden Fernsehteams bekommen, denn wenn Medienleute sich selbst feiern, dann sind natürlich vor allem die Medien besonders gut vertreten.
Überall auf den Rängen und am Rande der Manege waren kleine Bistrotischchen aufgestellt, zwischen denen sich die Gäste und Mitarbeiter zwanglos bewegen konnten. Im Eingangsbereich waren die Köche eines berühmten und teuren Cateringunternehmens damit beschäftigt, unentwegt für ausreichenden Nachschub an erlesenen Speisen und Getränken zu sorgen.
Im Augenblick verfolgten die Gäste mit gebannter Aufmerksamkeit das Ende jenes Teils der Vorstellung, der unter dem Namen
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