Das Nazaret-Projekt
›Tanz der Magier‹ angekündigt worden war. Ein phantastisches und verblüffendes Spektakel, das vor allem die weiblichen Zuschauer bezauberte, weil es unter anderem wunderschöne tänzerische Elemente enthielt, die gelegentlich deutlich an das feierliche Drehen der Sufi-Derwische erinnerten. Der Applaus für die beiden Magier, einer schwarz, der andere weiß gekleidet, war dementsprechend laut und begeistert. Die Illusionisten verneigten sich dankbar nach allen Seiten und waren dann von einer Sekunde zur anderen vor den Augen des überraschten Publikums spurlos verschwunden.
Dann schlug wieder die Stunde des lärmenden Clowns, dessen Lieblingsbeschäftigung darin bestand, die vorangegangenen Darbietungen möglichst tollpatschig zu parodieren.
»Aaaaachtung, jäz komm tanz die magische därrwisch, du jäz aufpass!«
Natürlich mussten die Drehungen jämmerlich misslingen, da der Clown ständig über seine riesengroßen Füße stolperte. Ärgerlich vor sich hin brabbelnd schleppte er dann ein kleines rundes Podest herbei und platzierte es in der Mitte der Manege. Er kletterte hinauf, stellte sich auf ein Bein und streckte im Stile eines Eiskunstläufers das andere Bein und beide Arme wie ein fliegender Engel weit von sich. Dann begann er sich wie von Geisterhand bewegt um sich selbst zu drehen und brach dabei in begeisterte Rufe und Schreie des Entzückens aus. Das Publikum zeigte sich von dieser Darbietung aber nur mäßig begeistert. Der Clown verlor offenbar deshalb schnell die Lust am Drehen, sprang vom Podest und verschwand unter zornigen Drohgebärden, um gleich darauf mit einer Apparatur zurückzukehren, die er keuchend zur Drehscheibe schleppte und in ihrer Mitte platzierte. Dann hüpfte er unbeholfen auf das Podest, setze sich hinter den Apparat, der entfernt an einen Granatwerfer erinnerte, zog ein Fernglas aus der Tasche und peilte damit ins Publikum. Wieder begann sich das Podest langsam zu drehen, und mit einem Male schoss eine kräftige Fontäne bunter Konfetti aus dem Rohr zwischen seinen Beinen hervor.
Als der Clown entdeckte, dass die Reichweite dieses Bombardements nicht genügte, um das Publikum zu treffen, bekam er einen Wutanfall, riss sich seine Mütze vom Kopf, stürmte hinaus und kam mit Uniformrock, Stahlhelm und einer Metallkiste unter dem Arm zurück. Unter seiner roten Knubbelnase prangte jetzt ein Bärtchen. Unterbrochen von drohenden Gebärden gegen das undankbare Publikum machte er sich umständlich daran, den Metallbehälter mit der Aufschrift ›Explosiv‹ an der Apparatur zu installieren. Mit grimmigem Gesicht hüpfte er dann auf das Podest, setzte seinen viel zu großen Stahlhelm auf, justierte sein Kanonenrohr in einem flachen Winkel und wartete. Nichts geschah. Händeringend sprang der Clown in den Sand der Manege und versetzte dem Podest einen Tritt, das sich daraufhin schnell zu drehen begann.
Kein noch so ausgefallener Versuch konnte die Scheibe wieder zum Stillstand bringen, also musste er mühsam und unter unmöglichen Verrenkungen die Gesetze der Fliehkraft am eigenen Leib erfahren, ehe er sich wieder hinter seine Kanone kauern konnte.
»Feuer frei, jawoll!«, rief der Clown endlich mit hysterisch überschnappender Stimme, wobei ihm der Helm tief über die Augen rutschte.
Mit einem Geräusch ähnlich dem Stakkato knallender Sektkorken flogen lauter gelbe und weiße Tischtennisbälle durch die Arena und trafen etliche der Zuschauer in den unteren Rängen, die sich natürlich sofort einen Spaß daraus machten, die Bälle in die Mitte der Manege zurückzuwerfen. Der Clown wurde ob dieser Frechheit immer wütender und erhob sich, um die Leute zu beschimpfen. In diesem Augenblick stoppte das kleine Karussell plötzlich und er flog in hohem Bogen samt seinem Schießgerät kopfüber in den Sand des Zirkusrundes.
Fluchend rappelte er sich auf, schüttelte drohend seine Fäuste, hinkte davon und verschwand hinter dem Vorhang. Dann erschollen aus dem ›Off‹ einige erstickte Schreie, gefolgt von sekundenlanger Stille.
Der Vorhang teilte sich und der Clown erschien wieder. Das Publikum lachte ausgelassen, denn diesmal verschwand die obere Hälfte seines Gesichts fast bis an die Pappnase unter einem gewaltigen, schwarzen Turban, während der untere Teil von einem kräftigen Taliban-Vollbart verborgen wurde. Er trug einen viel zu langen, weißen Kaftan und schleppte ein monströses Maschinengewehr samt mehreren Patronengurten auf dem Rücken.
Zielstrebig stapfte er diesmal
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