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Das Nazaret-Projekt

Das Nazaret-Projekt

Titel: Das Nazaret-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Hanf
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stattfinden könnte.
    Valetta wußte nicht nur, dass so ein Kontakt sehr oft höchst verräterisch wirken konnte und deshalb unbedingt zu vermeiden war, sondern er hatte durch Erfahrung hinzugelernt, dass es in einer Situation wie dieser äußerst empfehlenswert ist, möglichst jeden intensiven oder ausführlichen Gedanken an den unter Umständen höchst wachsamen Verfolgten zu unterdrücken. Vor allem Profis wie Jablonsky besaßen meist einen zusätzlichen, hochentwickelten Sinn für versteckte Gefahr oder heimliche Bedrohung.
    Das nächtliche Stockholm präsentierte sich überraschend frühwinterlich mit spärlich angeschneiten Dächern, Matsch und Nässe auf den Straßen und einer ungemütlich feuchtkalten Luft, deren Temperatur schon nahe dem Gefrierpunkt liegen musste. Das war nicht gerade Valettas Lieblingsklima und er war höchst erleichtert, als Jablonskys Taxi, dem er in einer anderen Droschke gefolgt war, nach kurzer Fahrt vor dem hell erleuchteten Eingang des neu erbauten ›Hilton‹-Hotels anhielt.
    Die unerfreulichen Aspekte seiner freiberuflichen Tätigkeit bestanden für Nick nämlich vor allem darin, gegebenenfalls zu nächtlicher Zeit stundenlang mit halb erfrorenen Zehen und Ohren an nasskalten, zugigen Straßenecken fremder Städte herumzustehen oder nervenaufreibende Automobil-Verfolgungsjagden auf unbekannten Straßen mit unbekannten Verkehrsregeln in unzuverlässigen Leihwagen zu veranstalten.
    Er betrat das Foyer des Hotels kurz nach Jablonsky und trödelte solange zwischen Vitrinen und Boutique-Ständen herum, bis dieser im Lift verschwunden war. Dann sprach er die selbe Empfangsdame an, buchte ein komfortables Zimmer und füllte den Anmeldeschein aus. Nick bekam mit einem freundlichen Lächeln den Zimmerschlüssel ausgehändigt und hatte sich schon halb vom Empfangstresen abgewendet, als ihm scheinbar noch etwas Wichtiges einfiel und er das Mädchen noch einmal mit unschuldigen Augen ansprach: »Ahäm … bitte verzeihen Sie einem etwas weltfremden Wissenschaftler, Madam, aber ich habe doch tatsächlich versäumt, meinen verehrten Kollegen Dr. Schmolzky noch nach seiner Zimmernummer zu fragen. Dr. Josef Schmolzky, wären sie eventuell so freundlich …?«
    Das Mädchen war so freundlich.
    »Ich danke Ihnen, mein Fräulein! Ach, sagen Sie, wäre es möglich, mich morgen früh zur selben Zeit zu wecken wie meinen eiligen Kollegen? Tatsächlich? Also fünf Uhr, wunderbar, ich danke Ihnen vielmals. Guten Abend!«
    Später erschien Valetta noch einmal im Foyer, um sich vorsorglich etwas Informationsmaterial zu beschaffen. Er kaufte im Buchladen mehrere Landkarten und Reiseführer von Schweden, Finnland und dem Baltikum, einen ausführlichen Stadtplan von Stockholm und sammelte nebenbei alles an Fahrplänen für Bahn-, Bus- und Fährverbindungen, was er in der Hotelhalle nur auftreiben konnte.
    Zurück in seinem Zimmer brütete er dann vor allem über den Abfahrtszeiten diverser Linienschiffsverbindungen zwischen Stockholm, Tallinn und Riga. Pietro DiSalvo hatte zuletzt den Hinweis bekräftigt, dass Nathan Brock mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Art geheimer Niederlassung oder Organisationszentrum irgendwo im estnischen Raum betreibt und sich seit geraumer Zeit auch persönlich dort aufhält.
    Aufenthalt verifizieren, geographischen Standort aufs Genaueste bestimmen, taktisch wichtige Gegebenheiten fotografieren, alle Ergebnisse sofort per Internet in kodierter Form weiterleiten und so schnell wie möglich wieder verschwinden; genau so hatte DiSalvos letzter Auftrag an Nick Valetta gelautet. Ein relativ einfacher, angenehmer und voraussichtlich ungefährlicher Job, für den er obendrein auch noch geradezu schwindelerregend gut bezahlt wurde!
    Valetta berechnete für gewöhnlich sowieso schon stolze Tagessätze plus sattem Erfolgshonorar, aber für den Mandanten DiSalvos schien diese Aufklärungsarbeit so enorm wichtig und wertvoll zu sein, dass sich Nick ohne Probleme anschließend mindestens zwei Jahre Urlaub samt Segelboot in der Karibik würde leisten können. Oder sollte er vielleicht doch besser endlich einmal an eine vernünftige und solide finanzielle Altersvorsorge denken?

    *

    Pünktlich um fünf Uhr morgens weckte ihn der bestellte automatische Telefonruf. Nick zog sich hastig an, überarbeitete seine Maske, kontrollierte noch einmal den Inhalt seines voluminösen Aktenkoffers und begab sich dann samt Koffer und Mantel hinunter in den Coffee Shop in der Empfangshalle, wo er beinahe zwei

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