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Das Nazaret-Projekt

Das Nazaret-Projekt

Titel: Das Nazaret-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Hanf
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Stunden lang ausharren musste, bis Skip Jablonsky endlich auftauchte, um seine Hotelrechnung zu bezahlen.
    Nicks Geduld wurde dann erneut auf eine harte Probe gestellt, denn Nathan Brocks oberster Söldner begab sich anschließend gemächlich in einen der zahlreichen Restaurationsräume, um dort einem ausgedehnten Frühstück vom Büfett zu frönen. Kurz entschlossen tat es ihm Nick gleich – erstens hatte er Hunger bekommen und zweitens musste er davon ausgehen, vielleicht den ganzen Tag oder sogar länger keine Gelegenheit mehr zum Essen finden zu können. Der große Frühstückssaal war um diese Zeit schon gut besucht, also bestand nur geringe Gefahr, dass Jablonsky in irgendeiner Weise auf ihn aufmerksam werden könnte und sein Argwohn erweckt würde. Gegen acht Uhr machte sich der Söldner endlich auf den Weg.
    Nick Valetta hatte keine allzu große Mühe, seinem Wild in gebührendem Abstand auf den Fersen zu bleiben. Fast wie er vermutet hatte, endete die kurze Verfolgung fürs Erste in beinahe vertrauten Kulissen; zwischen den Kais und Sackgassen einer betriebsamen Hafenanlage an der zu vielen Inselchen zerstückelten Küste der Baltischen See.
    Ein grauer und kalter Morgen war inzwischen unmerklich heraufgezogen. Schiffsmasten und qualmende Schlote, hämmernde Dieselaggregate, mächtige Kranausleger, endlose, bunte Reihen gestapelter Container, vom nächtlichen Fangzug zurückkehrende Fischerboote, emsige Bugsierschlepper, riesige Lastwagen auf den Kais und tief im Wasser liegende Frachtschiffe, die salzige Seeluft gleichermaßen erfüllt mit dem Geruch von Wehmut und Abschied, ungewisser Ferne, wilder Freiheit und Abenteuer, Dieselöl, Fisch, Verwesung und Wiederkehr; sie war erfüllt von einer Kakophonie aus unterschwelligem Hämmern, Knattern, Kreischen und Dröhnen, und über all dem die höhnischen und aggressiven Schreie ewig kreisender und ewig hungriger Seemöwen.
    Es war einfach alles da, was die besondere Atmosphäre eines großen und lebendigen Seehafens ausmachte – Nick Valettas eigentliche Welt.
    Skip Jablonsky verschwand zunächst für kurze Zeit in einem Hafenkontor und marschierte dann auf einem der kleineren Kais zum Liegeplatz eines umgebauten Fischtrawlers mit dem seltsamen Namen ›Archenoah‹, der gerade mit Stückgut beladen wurde, das aus mehreren, aber relativ kleinen Metallcontainern bestand. Skip enterte zielstrebig den Trawler über die Gangway und winkte den Mann zu sich, der an Deck den Ladekran bedient hatte. Nach einer Begrüßung mit Handschlag und einem kurzen Wortwechsel verschwanden die beiden Männer unter Deck.
    Das war eine phantastische und vermutlich einzige Gelegenheit zur Verwirklichung von Nicks Vorhaben, und er packte sie sogleich beim Schopfe. Blitzschnell hastete er aus seinem Versteck und lief in Deckung der großen, mannshohen Poller auf den Stapel der verbliebenen Container zu. Dann zog er einen flachen, unscheinbar und verrostet aussehenden Metallstab aus der Manteltasche und schob ihn so tief als möglich in den Hohlraum eines der viereckigen Metallprofile, die als Stapelhilfen mit den Containerböden und Deckeln verschweißt waren. Nicks Metallstab bestand zum Teil aus magnetischem Material, das für einen sicheren Halt während der Reise dieses blinden Passagiers auch bei extremer Schräglage sorgen würde. Die Luft war immer noch rein, also huschte er zurück in sichere Deckung, wickelte sich fröstelnd in seinen viel zu dünnen Mantel und beobachtete gespannt die kurz darauf fortsetzende Beladung des Schiffes. Skip Jablonsky blieb zu Valettas Erleichterung unter Deck verschwunden.
    Nach einer guten Stunde erwachte mit dumpfem Grollen der Dieselmotor des Trawlers zu kraftvollem Leben. Die Leinen wurden bald darauf losgemacht, das Schiff legte ab und folgte gemächlich der mit Bojen markierten Fahrrinne des Hafengewässers, bis es schließlich die offene See erreichte, wo es dann seine stählerne Nase nach steuerbord in den eisigen Wind drehte und mit voller Kraft voraus Kurs Ost lief.
    Nick Valetta, der trotz seiner jämmerlich kalten Zehen und Finger ein hohes Maß an Befriedigung verspürte, machte sich auf den Weg zurück in die angenehme Wärme seines Hotelzimmers, wo er umgehend seinen Laptop und diverse andere elektronische Zauberkästchen auf den Schreibtisch packte, sie sorgfältig miteinander verkabelte und dann in festgelegter Reihenfolge in Betrieb nahm.
    Auf dem Bildschirm des Computers erschien eine nautische Karte des Baltischen Meeres und

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