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Das Nazaret-Projekt

Das Nazaret-Projekt

Titel: Das Nazaret-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Hanf
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verwechseln, weil dies die noch idiotischere und absolut sinnlose Idee der ständigen Reinkarnation und damit die falsche Vorstellung einer individuellen, also persönlichen Seele mit einschließt. Was für ein Unsinn!
    Also, da haben Sie nun in äußerst knappen Worten das ganze Geheimnis der Telepathie erfahren, wenn Sie das so akzeptieren können! Es gibt nichts Übernatürliches im Kosmos, nur unseren traurigen Mangel an Wissen. Leider ist es so, dass die Gedanken der meisten gewöhnlichen Menschen unkontrolliert und zahlreich wie die Fliegen auf dem Globus herumschwirren und dabei so manches Unheil verursachen!
    Aber um auf mein simples Experiment zurückzukommen; ich habe also aus erwähnten Gründen so lang als möglich die Luft angehalten und Schwupps – was soll ich Ihnen sagen – nach einer Minute hatte ich den Kerl schlichtweg aus der Leitung geschmissen! Ich glaube kaum, dass man bei einem Telefongespräch mit dem Lieben Gott so einfach mittendrin den Hörer auflegen könnte, ohne dass es Ärger gibt, nicht wahr?«
    Reverend Telly Suntide war mehr als fassungslos. »Ein Telepath? Was für ein Wesen ist das, ein menschlicher Mutant? Ein Alien von einer anderen Welt? Oder ist das gar am Ende die wahre Gestalt Satans?«
    Hieronymus rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ich weiß es nicht, tut mir leid! Aber der Satan ist es gewiss nicht, seine Natur ist eine ganz andere, wenn Sie so wollen. Ich persönlich neige zu der Ansicht, dass es sich tatsächlich um eine außerirdische Lebensform handelt, ein symbiotisches Wesen, das nach unseren Begriffen keinen materiellen Körper besitzt, sondern eher einem hoch organisierten Energiefeld gleicht. Der Kosmos ist schließlich voll von Leben in Sphären, die für uns unvorstellbar sind! Dass es einen Wirtskörper benutzt, ist vielleicht sogar nur eine vorübergehende Laune der Natur oder ein Experiment, wer weiß? Ich habe allerdings die dumpfe Ahnung, dass sich ein großer Teil der Menschheit bald in allergrößter Gefahr befinden wird, wenn dieses Wesen nicht rechtzeitig daran gehindert werden kann, seine Absichten zu verwirklichen. Wenn Sie mich nun allerdings fragen, wie das zu verhindern sei, so muss ich Ihnen abermals gestehen, dass ich nicht die geringste Ahnung habe! Auf die Hilfe Gottes zu vertrauen ist zwar wunderbar, aber das schließt auch die Akzeptanz mit ein, dass der Allerhöchste vielleicht kürzlich beschlossen hat, das Experiment des Lebens auf dieser Welt für endgültig beendet zu erklären, weil es gescheitert ist! Der Mensch als Auslaufmodell, vielleicht nur in veränderter Form zu retten durch Assimilation?
    Das Dumme an unserer augenblicklichen Lage ist, dass wir alle praktisch vorerst Gefangene auf dieser Insel sind und sich niemand unbemerkt aus dem Einflussbereich dieses Telepathen entfernen kann, ohne seinen Argwohn und möglicherweise fatale Konsequenzen hervorzurufen. Allerdings ist die Chance größer, ihn wirkungsvoll bekämpfen zu können, wenn man in seiner unmittelbaren Nähe bleibt.«
    »Wir können dieses Wesen eigentlich gar nicht bekämpfen«, sagte Telly tonlos und mit blutleeren Lippen.
    Hieronymus blickte ihn ernst an. »Da haben Sie vermutlich sogar Recht, Bruder Suntide. Alles, was wir vielleicht tun könnten, ist ihn zu überlisten und zu töten; das heißt, töten könnten wir ohnehin nur seinen menschlichen Wirtskörper! Womit wir wieder beim Knackpunkt des biblischen Dramas angelangt wären, nämlich der Frage nach der moralischen Integrität eines Judas und der Notwendigkeit seines Handelns!«
    Telly starrte entsetzt auf den Alten. »Was sehen Sie mich so bedeutungsvoll an? Sie werden doch nicht etwa glauben, dass ich die Rolle des Judas übernehmen werde! Mir scheint Ihre ganze Argumentation immer noch etwas weit hergeholt zu sein, um mich vollständig zu überzeugen. Ihre Alternative erscheint mir auch nicht viel angenehmer zu sein; wie können Sie annehmen, dass ich zu einem Mord überhaupt fähig wäre, egal an wem oder unter welchen Umständen auch immer!«
    »Ich habe nicht gesagt, dass Sie persönlich Jesus Christus hinterrücks ermorden sollen wie einst der böse Ritter Hagen den tapferen Helden Siegfried. Das würden andere bestimmt mit Freuden übernehmen, so wie ich die Menschen kenne, aber natürlich trifft den Verräter in ihren Augen dieselbe moralische Schuld. Vergessen Sie dabei allerdings nicht, dass Moral und Gerechtigkeit nichts weiter als menschliche Ideale sind, das Produkt der sentimentalen

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