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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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ahnen, dass im selben Moment ein Augenpaar das schwache Licht in ihrer Wohnung abtastete, um einen Blick auf sie zu erhaschen, weil das bloße Wissen um ihre Gegenwart zugleich etwas Unbefriedigendes wie Tröstliches hatte. Die Dunkelheit war willkommen, ihre Nähe in diesem Moment hatte ihren eigenen Reiz. Sie würde nie begreifen, dachte er, dass jeder Schritt, den sie unternahm, um sich von ihm zu lösen, ihn nur noch mehr erregte und seine Leidenschaft schürte. Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch und trat noch weiter in den Schatten zurück. Wenn nötig, konnte er sich die ganze Nacht über warm halten und warten.
     
    Hope war erstaunt, als sie bei ihrer Heimkehr am Abend Sally vorfand, die auf sie wartete. Sie hatten die steifsten Umgangsformen miteinander angenommen, die vor allem von ausgedehntem Schweigen gekennzeichnet waren.
    Sie sah ihre langjährige Lebensgefährtin an, und es überkam sie eine Woge der Erschöpfung und des Entsetzens. Es ist also so weit, dachte sie. Wir brauchen nur noch auszusprechen, dass es zu Ende ist. Eine namenlose Traurigkeit stieg in ihr auf, während sie Sally nervös betrachtete.
    »Du bist ein bisschen früher dran«, stellte sie so neutral wie möglich fest. »Hunger? Ich kann was improvisieren, wenn auch nichts Besonderes …«
    Sally rührte sich kaum. Sie hielt den nächsten Scotch in der Hand. »Ich habe keinen Hunger«, erklärte sie mit einer etwas nachlässigen Aussprache. »Aber wir müssen reden. Wir haben ein Problem.«
    »Ja«, sagte Hope, während sie sich langsam die Jacke auszog, »das sehe ich genauso.«
    »Mehr als eins«, fügte Sally hinzu.
    »Ja. Mehr als eins«, bestätigte Hope. »Vielleicht brauche ich auch einen Drink.« Sie ging in die Küche.
    Während Hope sich ein großes Glas Weißwein einschenkte, versuchte Sally, sich darüber klarzuwerden, wo sie am besten anfangen und welches der unzähligen Probleme sie als Erstes zur Sprache bringen sollte. Sie hatte das Gefühl, dass sich in ihrem Kopf alles zu einem einzigen Berg auftürmte – die Plünderung ihres Klientenkontos und die damit verbundene Bedrohung ihrer Karriere zusammen mit der Kälte, die sie gegenüber Hope empfand.
    Wer bin ich?, fragte sich Sally.
    Sie fühlte sich so ähnlich wie in der Zeit, bevor sie sich von Scott trennte. Eine Art dunkelgrauer Schatten, der sich über ihre Gedanken legte. Es kostete sie eine ungeheure Willensanstrengung, sitzen zu bleiben. Sie wollte aufstehen und weglaufen. Für eine Anwältin, die daran gewöhnt ist, heikle Probleme zu lösen, fühlte sie sich plötzlich ziemlich hilflos.
    Als sie aufsah, stand Hope in der Tür.
    »Ich muss dir sagen, was passiert ist«, sagte Sally.
    »Du hast dich in jemand anders verliebt?«
    »Nein, nein …«
    »Einen Mann?«
    »Nein.«
    »Dann in eine andere Frau?«
    »Nein.«
    »Du liebst mich nicht mehr«, fuhr Hope fort.
    »Ich weiß nicht, was ich liebe«, erwiderte Sally. »Ich fühle mich, ich weiß nicht, als ob ich verblasse, wie ein altes Foto.«
    Für Hope klang das nach Selbstmitleid und allzu romantischen Ansprüchen. Es machte sie wütend, und nach all der Spannung, unter der sie gelitten hatte, konnte sie sich nur mühsam beherrschen. »Weißt du, Sally«, sagte sie in einer Kälte, die sie selbst überraschte, »mir ist wirklich nicht danach, das Hin und Her deiner Gemütszustände zu diskutieren. Na schön, es ist nicht alles perfekt. Was hast du vor? Ich hasse es, in diesem Minenfeld zu leben. Ich habe den Eindruck, wir sollten uns entweder trennen oder, ich weiß nicht. Was schlägst du vor? Diese seelische Achterbahnfahrt ist mir jedenfalls ganz und gar zuwider …«
    Sally schüttelte den Kopf. »Habe ich noch nicht drüber nachgedacht.«
    »Offensichtlich nicht, verdammt noch mal«, gab Hope zurück und hatte ein schlechtes Gewissen, als sie feststellte, wie gut es ihr tat, die Wut herauszulassen.
    Sally wollte etwas sagen, überlegte es sich aber anders. »Da ist noch ein Problem«, erklärte sie, »das uns beide und unser Zusammenleben tangiert.«
    Sally berichtete ihr von dem Beschwerdebrief der Anwaltskammer und der harten Realität, dass ein Gutteil ihrer Ersparnisse zumindest vorerst verloren war und dass sie wahrscheinlich einige Zeit brauchen würde, das Geld aufzutreiben und die nötigen Dokumente zusammenzubekommen, um es zurückzuholen.
    Hope hörte ihr entsetzt zu. »Du machst Witze, oder?«
    »Schön wär’s.«
    »Aber das war nicht dein Geld, es war unser Geld. Du hättest mich

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