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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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finanziellen Situation, nur am Rande etwas an.
    »Jeder trifft ab und zu die falsche Wahl. Und bereut sie später. Der Unterschied ist nur, dass wir einen Schlussstrich ziehen können. Dieser Typ aber will Ashley nicht loslassen.« Sie warf einen Blick in Scotts Richtung, bevor sie sich wieder Sally zuwandte. »Vielleicht war Scott dein Fehler. Vielleicht war ich es. Vielleicht hat es auch jemanden gegeben, von dem wir beidenichts wissen und den du uns beiden jahrelang vorenthalten hast. Wie auch immer, das Leben ist für dich weitergegangen. Dieser Typ dagegen scheint vollkommen anders zu ticken.«
    »Na schön«, sagte Sally vorsichtig, nachdem einen Moment lang betretenes Schweigen geherrscht hatte. »Wie soll es weitergehen?«
    »Als Erstes einmal sollten wir zusehen, dass wir Ashley schleunigst da wegholen«, schlug Scott vor.
    »Aber sie studiert nun mal in Boston. Da ist sie zu Hause. Sollen wir sie vielleicht wie ein Kind, das im Ferienlager an Heimweh leidet, nach Hause holen?«
    »Ja, genau das.«
    »Glaubst du, sie würde kommen?«, warf Hope ein.
    »Haben wir überhaupt das Recht dazu?«, fragte Sally hastig. »Sie ist erwachsen. Sie ist kein kleines Mädchen mehr.«
    »Das weiß ich auch«, erwiderte Scott gereizt. »Aber wenn wir die Sache vernünftig betrachten …«
    »Ist irgendetwas von alledem überhaupt
vernünftig?
«, fragte Hope schroff. »Ich meine, ist es vielleicht fair, dass Ashley bei den ersten Anzeichen von Ärger zu Hause unterkriechen soll? Sie hat das Recht zu leben, wo sie will, und sie hat das Anrecht auf ihr eigenes Leben. Und dieser Typ, dieser O’Connell, hat nicht das Recht, sie in die Flucht zu schlagen.«
    »Richtig, aber hier geht es nicht um Rechte, hier geht es darum, den Tatsachen ins Auge zu sehen.«
    »Also«, stellte Sally fest, »Tatsache ist, dass wir tun müssen, was Ashley will, und wir wissen noch nicht, was das ist.«
    »Sie ist meine Tochter. Ich denke, wenn ich sie um etwas bitte, dann wird sie es verdammt noch mal auch tun«, erwiderte Scott steif und mit einem verärgerten Unterton.
    »Du bist ihr Vater, aber sie ist nicht dein Eigentum«, wies ihn Sally zurecht.
    Es herrschte betretenes Schweigen im Raum, das erst gebrochen wurde, als jeder von ihnen erkannte, wie unbehaglich ihnen zumute war.
    »Wir sollten herausfinden, was Ashley will.«
    »Das mag ja politisch korrekt sein, aber in meinen Augen wäre das nur lasch und unentschieden«, meinte Scott. »Ich denke, wir müssen aggressiver vorgehen. Zumindest, bis wir uns ein besseres Bild davon machen können, womit wir es zu tun haben.«
    Wieder herrschte Schweigen.
    »Ich stimme Scott zu«, erklärte Hope unvermittelt. Sally fuhr zu ihr herum und sah sie erstaunt an.
    »Ich denke, wir sollten, ja, ich weiß nicht, die Initiative ergreifen«, fuhr Hope fort. »Zumindest bis zu einem gewissen Grad.«
    »Und was schlagt ihr beide dann vor?«
    »Wir sollten«, sagte Scott langsam, »ein bisschen mehr über Michael O’Connell in Erfahrung bringen, während wir Ashley seinem unmittelbaren Zugriff entziehen. Wir sollten tun, was in unserer Macht steht, jeder von uns. Vielleicht sollte einer von uns den Mann unter die Lupe nehmen …«
    Sally hob die Hand. »Wir sollten einen Profi hinzuziehen. Ich kenne ein, zwei Privatdetektive, die sich ständig mit solchen Ermittlungen befassen. Sind außerdem nicht teuer.«
    »Gut«, stimmte Scott zu. »Engagiere du einen, und dann sehen wir, womit er aufwarten kann. In der Zwischenzeit müssen wir Ashley aus O’Connells physischer Reichweite schaffen …«
    »Sie nach Hause holen? Das erscheint mir kindisch und feige«, wandte Sally ein.
    »Aber es scheint dennoch sinnvoll. Vielleicht braucht sie im Moment jemanden, der ein bisschen auf sie aufpasst.«
    Scott und Sally funkelten sich an, als erlebten sie diese Situation nicht zum ersten Mal.
    »Meine Mutter«, schlug Hope vor.
    »Deine Mutter?«
    »Ja, Ashley hat sich immer gut mit ihr verstanden, und sie lebt in einer Kleinstadt, in der ein Fremder, der seltsame Fragen stellt, nicht unbemerkt bleibt. Es wäre nicht leicht für O’Connell, ihr dahin nachzufolgen. Es ist weit genug weg, aber nicht zu weit. Und ich bezweifle, dass er herausfindet, wo sie ist.«
    »Aber ihr Studium …«, zögerte Sally.
    »Von einem verpassten Semester geht die Welt nicht unter«, erklärte Hope kurz angebunden.
    »Das sehe ich genauso«, stimmte Scott ein. »Also gut, wir haben einen Plan. Jetzt müssen wir nur noch Ashley dafür

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