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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Hufgetrappel.
    »Reitet!«, schnappte Fiedler.
    Crokus sprang mit einem Satz auf den Rücken seines Pferdes. Apsalar steckte ihre Dolche ein und nickte dem Sappeur zu, als sie nach den Zügeln griff.
    »Reitet einfach immer weiter – zum Südtor!«
    Fiedler sah den beiden kurz nach, wie sie davongaloppierten, dann ließ er sich vom Rücken des Wallachs gleiten und trat zu den beiden Männern, die Apsalar verwundet hatte. »Ah«, keuchte er, als er nahe genug heran war und die Wunden im Schritt erkennen konnte, »genau so kenne ich unser Schätzchen.«
    Ein Reitertrupp erschien auf der Bildfläche. Die Männer trugen ockergelbe Schärpen über ihren Kettenhemden. Ihr Anführer öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Fiedler kam ihm zuvor.
    »Ist denn in dieser siebenmal verfluchten Stadt keines Mannes Tochter mehr sicher? Sie war keine Mezla, bei meinen Vorfahren! Soll das eure Apokalypse sein? Dann bete ich, dass euch in den Sieben Höllen die Schlangengrube erwartet!«
    Der Anführer runzelte die Stirn. »Willst du damit sagen, dass diese Männer Vergewaltiger waren, Gral?«
    »Die Mezla-Schlampen sollen bekommen, was sie verdienen, aber dieses Mädchen war keine Mezla.«
    »Und deshalb hast du diese Männer getötet – alle sechs?«
    »Stimmt.«
    »Wer waren die anderen beiden Reiter, die an deiner Seite waren?«
    »Pilger. Ich habe geschworen, sie zu beschützen.«
    »Und doch reiten sie jetzt ohne dich an ihrer Seite ins Innere der Stadt.«
    Fiedler starrte ihn finster an.
    Der Anführer ließ seine Blicke über die Opfer schweifen. »Zwei leben noch.«
    »Sollen sie dazu verflucht sein, noch hunderttausend Atemzüge zu tun, bis der Vermummte sie endlich holt.«
    Der Anführer lehnte sich nach vorn und stützte sich auf sein Sattelhorn. Er schwieg einen Moment. »Geh wieder zu deinen Pilgern, Gral. Sie brauchen deine Dienste.«
    Vor sich hin grummelnd stieg Fiedler wieder in den Sattel. »Wer herrscht jetzt in G'danisban?«
    »Niemand. Die Armee der Apokalypse hält nur zwei Stadtviertel. Aber die anderen werden uns ebenfalls gehören, wenn der neue Tag anbricht.«
    Fiedler zog das Pferd herum und gab ihm die Fersen, trieb es zum Galopp. Die Berittenen folgten ihm nicht. Der Sappeur fluchte lautlos vor sich hin – der Anführer hatte Recht gehabt, er hätte Crokus und Apsalar nicht allein losschicken sollen. Er wusste, er hatte Glück gehabt; dass er bei den Vergewaltigern zurückgeblieben war, konnte zwar als typisches Verhalten eines Gral interpretiert werden – die Gelegenheit, den auftauchenden Reitern gegenüber zu prahlen, die Chance, Flüche auszustoßen sowie die unangreifbare Arroganz der Stammeskrieger zur Schau zu stellen –, doch dieses Verhalten barg auch das Risiko, dass es den Eindruck erweckte, als würde er seinen Schwur, seine Schützlinge zu beschützen, gering schätzen. Er hatte den Anflug von Abscheu in den Augen des Anführers gesehen. Alles in allem war er ein bisschen zu sehr in seiner Rolle als Gral-Stammeskrieger aufgegangen. Ohne Apsalars Furcht einflößende Fähigkeiten könnten die beiden jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten sein.
    Er ritt, so schnell er konnte, um die beiden einzuholen, und bemerkte mit einiger Verspätung, dass der Wallach auf jede seiner Berührungen reagierte. Das Pferd wusste, dass er kein Gral war, doch es war anscheinend zu dem Schluss gekommen, das er sich vernünftig genug verhielt, um ihm zumindest etwas Respekt zu zollen. Wenn er es genau überdachte, war das der einzige Sieg, den er an diesem Tag errungen hatte.
     
    Der Platz im Zentrum von G'danisban trug noch die Spuren eines vorangegangenen Gemetzels. Fiedler holte seine beiden Gefährten ein, als sie gerade begannen, ihre Pferde durch die entsetzliche Szenerie zu lenken. Beide drehten sich um, als sie ihn hörten, und Fiedler konnte ihnen nur mit einem Nicken auf die Erleichterung antworten, die sich in ihren Gesichtern abzeichnete, als sie ihn erkannten.
    Selbst der Gral-Wallach blieb einen Augenblick am Rand des Platzes stehen. Es mussten gut und gerne einige Hundert Leichen sein, die das Pflaster bedeckten, zum größten Teil alte Männer, alte Frauen und Kinder. Sie alle waren förmlich in Stücke gehackt, in einigen Fällen auch bei lebendigem Leibe verbrannt worden. Der Gestank nach Blut, Galle und versengtem Fleisch hing wie eine schwere Wolke über dem Platz.
    Fiedler würgte seinen Abscheu hinunter und räusperte sich. »Jenseits dieses Platzes«, sagte er, »werden wir nicht mehr

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